Gibt es Antworten? Es sieht nicht danach aus. Beim diesjährigen Schriftstellerkongress hat der Landesverband Berlin/Brandenburg vorgeschlagen, den „VS Verband deutscher Schriftsteller“ in „VSS Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller“ umzubenennen.
Warum? Warum nicht?
Schwer zu sagen. Sie konnten sich nicht einigen. Nun wollen sie eine Umfrage durchführen. Ich finde, sie sollten es lassen. Es ist blamabel genug! Wenn die Schriftsteller heute nicht mehr wissen, wie sie sich nennen sollen, schlage ich den Namen ‚Club der toten Dichter’ vor. Oder wenn ihnen das lieber ist: ‚Club der toten Dichterinnen und Dichter’.
Wenn die Schriftsteller aufgrund ihres besonderen Umgangs mit der Sprache, den man eigentlich von ihnen erwartet, nicht in der Lage sind, selbst eine passende Bezeichnung zu finden, dann müssen sie eben eine Werbeagentur beauftragen oder eine Expertin wie der/die/das Profx Hornscheidt von der Humboldt-Universität um Rat bitten, die vermutlich „Schriftstellx“ vorschlagen würde oder aber bei den Abgeordneten der Grünen, der Linken, der SPD oder der CDU/CSU nachfragen, welche Bezeichnung man ihnen entsprechend der aktuellen Gesinnungslage zubilligt.
Warum konnten sie sich nicht einigen? Dagegen sprach unter anderem, dass die Namensänderung mit nicht unbeträchtlichen Verwaltungskosten verbunden ist und dass der Name inzwischen eine gewisse Tradition hat (als wenn es keine wirklich gewichtigen Gründe gäbe, die dagegen sprechen), dafür sprach nur ein einziges Argument: der Gleichstellungsaspekt.
Das sehe ich ganz anders. Der Gleichstellungsaspekt ist kein Argument dafür, sondern dagegen. Gleichstellung und Schriftsteller: das geht gar nicht!
Es ist nicht die Aufgabe der Schriftsteller, Gleichstellungspolitik zu betreiben, sondern vielmehr, sich ihr entgegenzustellen. Schriftsteller sollten die Falschheiten dieser Politik nicht besinnungslos übernehmen, sie sollten sie vielmehr aufdecken. Schriftsteller hätten dazu auch die geeigneten Werkzeuge: ihren Sinn für Sprache.
Menschen sind nicht gleich. Gruppen sind es auch nicht.
Was bedeutet Gleichstellung? Gleichstellung geht von Gruppen aus und geht über Individuen hinweg. Das Zauberwort der Gleichstellung heißt: gruppenbezogen. Das heißt, dass Gleichstellung stets auf „Gruppen bezogen“ erreicht werden soll. Dazu wird zunächst die Existenz einer Gruppe behauptet, die an die Stelle des mündigen Bürgers tritt, der gerade krank geschrieben ist. Er wird von nun an von einem fiktiven Kollektiv vertreten, das über seinen Kopf hinweg gebildet wurde.
Da darf man sich schon fragen, ob es diese Gruppe überhaupt gibt und – falls nicht – ob es sie denn geben sollte. Gibt es diese gigantische Großgruppe „der“ Frauen wirklich oder wird sie nur beschworen? Sollte es sie etwa in Zukunft geben? Und gibt es entsprechend dazu – im Schatten dieser Frauengruppe – die gleichgeschaltete Gruppe „der“ Männer?
Wenn man einen Sinn für Geschichte hat, fragt man sich außerdem: Seit wann gibt es diese Gruppen? Warum gab es sie nicht schon vorher? Worin liegt das Versäumnis der bisherigen Sichtweise, die eine solche Gruppenbildung nicht vorgenommen hat? Ist es überhaupt ein Versäumnis?
Ich will nicht länger um den kalten Brei herum reden: Ich halte die pauschale Unterteilung in Männer und Frauen für grundfalsch. Damit wird nachhaltig Schaden angerichtet. Einen Nutzen sehe ich nicht. Derjenige, der diese Unterteilung durchsetzen und sprachlich deutlich machen will – bzw. diejenige, die das will – ist jetzt gefragt; er – bzw. sie – ist in Beweisnot; er ¬– bzw. sie – soll erklären, warum er ¬– bzw. sie – das sinnvoll findet. Ich finde es nicht sinnvoll.
Falsch finde ich die Unterteilung, weil die Unterschiede innerhalb so einer Pseudo-Gruppe, wie man sie korrekterweise nennen sollte, dermaßen groß sind, dass es sich von selbst verbietet, die vielen verschiedenen Einzelpersonen zu einer Einheit zusammenzufassen, die in Wirklichkeit keine ist. Da wird ein einzelnes Merkmal einer Person (womöglich eins, das dem Betreffenden gar nicht so wichtig ist) rausgepickt und, nur weil sich dieses Merkmal auch bei anderen findet, wird er mit denen in eine Schublade getan, obwohl er mit ihnen so gut wie nichts gemeinsam hat.
Erich Kästner hat einmal ein Gedicht geschrieben, in dem er die Müller-Partei vorstellte – eine neue Partei, bei der jeder Mitglied werden konnte, der zufälligerweise Müller hieß. Ansonsten hatte die Partei kein Programm, keinen gemeinsamen Nenner. Wer sowieso schon Müller hieß und natürlich von dem Projekt begeistert war oder wer in Zukunft den Namen Müller annehmen würde, um auch mit dabei zu sein, gehörte automatisch zur Partei von Max Müller:
Müller liebte alle Klassen.
Politische Meinungen hatte er keine.
Wichtig war ihm nur das eine:
Sämtliche Müllers zusammenzufassen.
Kästner hatte die Machenschaften durchschaut. Er hat sich Fragen gestellt, die wir uns auch stellen sollten: Welche Interessen stehen hinter so einer Gruppenbildung? Wir ahnten es schon. Die Müllers verschafften sich Vorteile. Das war alles. Der faule Zauber beruhte allein auf der willkürlichen Gruppenbildung, bei der das windige, aber zugleich ausschlaggebende Kriterium allein der Nachname „Müller“ war.
Sexismus geht uns alle an. Aber was ist eigentlich Sexismus?
Bei der Gleichstellungspolitik ist das Geschlecht das ausschlaggebende Kriterium. Genau gesagt: das biologische Geschlecht, auch wenn ständig von „gender“ die Rede ist, womit das soziale – neuerdings spricht man auch vom „kulturellen“ – Geschlecht gemeint sein soll. Es kommt jedoch in keiner Statistik vor. Auch bei keiner Quotenregelung.
Das kann es auch nicht; denn ein soziales oder kulturelles Geschlecht ist nicht eindeutig feststellbar. Damit kann man keine Politik machen. Damit kann man keine Gruppen bilden. Das geht nur mit einem klaren Entweder-oder-Kriterium. Es geht also doch immer nur um das biologische Geschlecht, oder volkstümlich gesagt: um das, was man in der Unterhose hat. Während es zur Zeit der Müller-Partei genügte, den Ausweis vorzuzeigen, um das entscheidende Erkennungszeichen zu präsentieren, heißt es heute: Hose runter!
Aber ist die Geschlechtszugehörigkeit wirklich ein brauchbares Kriterium, um Schriftsteller, die bekanntlich mit Sprache arbeiten und nicht etwa im horizontalen Gewerbe tätig sind oder eine Sauna betreiben, in Gruppen einzuteilen und angemessen zu etikettieren? Für Sexisten schon. Für die geht es immer nur um das eine. Sowieso. Für andere wiederum ist es kein geeignetes Kriterium.
Damit drängt sich die Frage auf: Was sind Sexisten? Das sind Leute, für die ihre Zugehörigkeit zu einem der beiden Geschlechter das entscheidende Kriterium ist, hinter dem alle anderen Aspekte – und zwar alle anderen – zurücktreten. Sehen wir uns so einen Sexisten näher an. Viele halten ihn für einen unangenehmen Zeitgenossen, der von einem übermäßig starken Begehren befallen ist. Er ist in etwa das, was man früher einen Erotomanen nannte. So jemand erzählt womöglich zweifelhafte Witze. So jemand ist sexbesessen, vielleicht sogar sexsüchtig. Das lässt – hoffentlich – irgendwann nach.
Das ist auch nicht weiter schlimm. So jemand hat gewisse Probleme mit seinem Sexleben – und das wird wiederum für Leute, die damit belästigt werden, zum Problem. Doch solche Kleinkriege verbleiben in einem überschaubaren Personenkreis. Solange man so jemanden relativ problemlos meiden und leicht abwimmeln kann, stellt er keine Gefahr dar. Er wird schon merken, wo er Freunde findet und wo nicht.
Schlimmer sind Leute, die vermutlich auch Probleme mit ihrem Sexleben haben, sich aber hauptsächlich um die Intimitäten anderer kümmern, speziell um Leute, die sie gar nicht kennen, deren Leben sie aber regulieren möchten. Es geht ihnen um alle. Und um alles. Sie treten mit dem Anspruch auf, am besten zu wissen, wie Menschen heutzutage ihr Privatleben gestalten müssen und sie versuchen, ihre aktuellen Vorstellungen mit ständig neuen Vorschriften durchzudrücken, wobei sie sich selbst als Gutmenschen und alle anderen als Schlechtmenschen darstellen.
Bei dieser Sorte von Sexisten geht es um Politik. Es geht um einen umfassenden Macht- und Geltungsanspruch. So ein Sexist beansprucht allein schon aufgrund der Zugehörigkeit zu einem der beiden Geschlechter eine grundsätzliche Überlegenheit, ganz unabhängig davon, ob er selber ein abwechslungsreiches Nachtleben hat oder nicht. Er sieht sich als Mensch erster Klasse, weil bei ihm Sex ganz oben auf der Liste seiner Wertmaßstäbe steht. Danach kommt lange nichts. So sind sie. Sexisten haben alle dieselbe Brille, durch die sie die Welt betrachten.
Es ist doppelt schlimm. Erstens fühlt sich ein Sexist allen des jeweils anderen Geschlechts überlegen. Ohne guten Grund. Auch ohne schlechten Grund. Er fühlt sich grundsätzlich allen vom anderen Ufer überlegen, nur weil er sich zum „besseren“ Geschlecht rechnet („besser“ natürlich in Anführungszeichen, weil es ein besseres Geschlecht nicht gibt). Zweitens fühlt sich so einer auch den eigenen Geschlechtsgenossen überlegen, sofern sie nicht ebenfalls Sexisten sind und – so wie er es tut – die Geschlechtszugehörigkeit als das alles entscheidende Kriterium ansehen. Sexisten sind so etwas wie die Neuen Herrenmenschen.
Der offensichtliche Sexismus der Frauen, den niemand sehen soll
Viele halten Sexismus für eine reine Männerkrankheit. Den Eindruck kann man leicht haben; denn Sexismus begegnet einem zumeist als Vorwurf, der von Frauen gegen Männer erhoben wird. Doch hinter dem Schleier der Empörung verbergen Frauen ihren eigenen, sehr speziellen Sexismus. Frauen sind auch sexistisch. Besser gesagt: Feministen sind es. Sie sind es grundsätzlich. Sie haben damit angefangen.
Wir sollten an dieser Stelle nicht abwinken und uns auf ein voreiliges Unentschieden einlassen, als gäbe es halt auf beiden Seiten Sexisten, und die Sache wäre irgendwie ausgeglichen. Das ist sie nicht. Feministen haben inzwischen die politische Macht und sie haben auch die öffentliche Meinung – und die so genannte Defma (Definitionsmacht) – auf ihrer Seite. Es gibt in dieser Sache keine Gleichverteilung. Wenn wir das auf die politische Ebene übertragen wollen, müssen wir uns zwei Nachbarländer vorstellen, von denen eines von beiden Vernichtungswaffen besitzt das andere aber nicht.
Feministen haben „Sexismus“ zu ihrem Kampfbegriff gemacht und sind nun die Nutznießer in einem abgekarteten Spiel, in dem Männer nicht etwa Täter, sondern ausschließlich Opfer sind. Eine Bemerkung, die als sexistisch verstanden wird, kann die Karriere eines Mannes gründlich ruinieren.Aktuelles Beispiel ist der Nobelpreisträger Tim Hunt, der wegen angeblichen sexistischen Äußerungen* seine Stelle am University College London aufgeben musste. Dabei hat er keiner einzigen Frau etwas angetan, nur der imaginären Gruppe „der“ Frauen. Deshalb konnte es auch keine Entschuldigung oder Richtigstellung geben. Keine Verwarnung. Keine Möglichkeit, Einspruch zu erheben.
Gleichstellungspolitik ist sexistisch. Feministen, die sich per Definition als Sexisten sehen, sind die treibende Kraft hinter der Gleichstellungspolitik, so wie Max Müller die treibende Kraft hinter dem Erfolg der Müller-Partei war. Die Feministen haben Erfolg, sie haben es tatsächlich geschafft, die beiden Pseudo-Gruppen „die“ Männer und „die“ Frauen in die Welt zu setzen und daraus ihre Vorteile zu ziehen.
Am Anfang dieser Entwicklung stand die Einrichtung des Ministeriums für „Frauen“. Damit wurde ein neuer Zuständigkeitsbereich geschaffen, eine neue falsche Verallgemeinerung wurde in Beton gegossen. Sie hatte fortan Gesetzeskraft. Sie ist total, sie ist gnadenlos, sie kennt keine Ausnahmen: Frau oder Nicht-Frau – das ist die Frage. So wurde nach und nach eine Politik etabliert und ausgebaut, die man, wenn man es freundlich formulieren will, als Müllerismus bezeichnen kann – weniger freundlich als neu eingekleideten Rassismus.
Wie soll man sensible mit der großen Axt umgehen?
Natürlich wird ständig betont, dass es „die“ Frauen in Wirklichkeit nicht gibt und dass man keinesfalls verallgemeinern dürfe – und dann wird genau das getan. Gleichstellung geht mit dem Charme einer Planierraupe grundsätzlich gruppenbezogen vor und sorgt dafür, dass die beiden Pseudo-Gruppen überall da, wo man sie beobachtet, gleich groß sind. Wenn nicht, dann sollen sie künstlich angeglichen werden.
Um diesen Prozess voranzutreiben, soll die Gruppe „der“ Frauen bei jeder Gelegenheit erwähnt werden. Daher gibt es Sprachvorschriften für „geschlechtersensible“ Sprache, die eine Doppelnennung wie „Schriftstellerinnen und Schriftsteller“ verpflichtend macht. Es gibt bereits Hochschulen, die Arbeiten von Studenten ablehnen, wenn sie dieser Pflicht nicht nachkommen.
Oder sie drohen mit Punktabzug. „Du kannst das Ganze natürlich ignorieren“, schrieb eine Tutorin im Auftrag ihrer Dozentin an der TU Berlin einem Studenten des Studiengangs Verkehrswesen; sollten ihm dann allerdings die entscheidenden Punkte fehlen, dann „ ... wirst du dich ärgern“, schrieb sie weiter, „denn da hilft dann auch alles diskutieren nichts.”
Der Student war irritiert, als er die Richtlinien zum Abfassen wissenschaftlicher Arbeiten gelesen hatte, da stand nämlich: „Auch die korrekte Verwendung von männlichen und weiblichen Ausdrucksformen und somit einer gendersensiblen Sprache wird in einer wissenschaftlichen Arbeit erwartet. Allgemein bedeutet Gender Mainstreaming ‚bei allen gesellschaftlichen Vorhaben die unterschiedlichen Lebenssituationen und Interessen von Frauen und Männern von vornherein und regelmäßig zu berücksichtigen, da es keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit gibt.’ BMFSFJ 2012“
Aha. Das steckte also dahinter: das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, kurz BMFSFJ, das Zentrum der weiblichen Sexisten, die Kommandozentrale der gruppenbezogenen Gleichstellungspolitik. In deren Welt gibt es nur zwei große Gruppen, die Gruppe der Müller und die der Nicht-Müller – sorry: die der Frauen, die der Männer. Das Ministerium sieht die Welt als Scheibe. Zweidimensional. Deshalb glauben sie, dass es in der Sprache ausschließlich „männliche und weibliche Ausdrucksformen“ gibt. Nur diese beiden. Mehr nicht. Mehr braucht ein Sexist nicht. Denn er sieht erstens bis zehntens sein eigenes – gutes – Geschlecht und sieht unter ferner liefen das – weniger gute – andere. So einfach.
Doch die Sprache ist nicht so einfach wie die Weltsicht der Sexisten. Die Sprache kennt grammatische Formen, die wir „männlich“ oder „weiblich“ nennen (was nichts mit Menschen zu tun hat, die wir so nennen) und die obendrein übergeschlechtlich sein können. Außerdem kennt die Sprache das Neutrum. Das Ministerium nicht. Das Ministerium verkündet, dass es keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit gibt. Gibt es nicht. Hamwer nicht. Kriegen wir auch nicht wieder rein. Basta.
Was einen Sexisten nicht interessiert, gibt es nicht. Wenn das Ministerium „korrekt“ sagt, meint es nicht „korrekt“ im Sinne eines korrekten Gebrauchs der Grammatik oder „korrekt“ im Sinne einer richtigen Darstellung eines Sachverhalts, sondern „korrekt“ im Sinne der Gleichstellungspolitik. Die Politik versucht, die vielfältigen Möglichkeiten der Sprache so zu reduzieren, dass damit bloß noch ihre primitive Weltsicht ausgedrückt werden kann.
Also muss unser armer am Verkehrswesen interessierter Student (gemeint ist der Straßenverkehr, nicht der Geschlechtsverkehr), die „Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmern“ separat aufführen, auch wenn er es gar nicht will, weil er dafür keinen Grund sieht und er auch keine unterschiedliche Interessen von Frauen und Männer erkennen kann (aber so tun muss, als gäbe es welche und als wären die ganz, ganz wichtig). Er will auch die Verkehrsteilnehmer nicht als zwei von einander Gruppen darstellen, sondern als eine einzige mit einem gemeinsamen Interesse in einer konkreten Lebenssituation, in der es keine Rolle spielt, ob jemand männlich oder weiblich ist. Das darf er nicht. Das gibt Minuspunkte.
Wieso fühlt sich eigentlich das Ministerium mit der Buchstabenkombination BMFSJSF zuständig für den Sprachgebrauch an der TU Berlin? Noch eine Frage: Warum orientiert sich eine Dozentin, die eigentlich die Freiheit der Wissenschaft schätzen müsste, an den Marotten der aktuellen Frauenpolitik, die sie, wenn sie – was wir annehmen dürfen – intelligent ist, leicht als falsch zumindest als fragwürdig erkennen könnte? Warum hat sie ihren kritischen Geist, den sie sicher hat, kurzzeitig ausgeschaltet? Ganz einfach. Weil es eine übergreifende Seilschaft der Sexisten gibt. Da treffen sich Schwestern im Geiste. Für Sexisten ist nun mal die Geschlechtszugehörigkeit das aller- allerwichtigste.
Die Tutorin und die Dozentin sehen die Welt durch die neue 2-D-Sexisten-Brille, die im Ministerium mit den vielen Buchstaben Pflicht ist. Sie teilen dieselbe Weltanschauung. Das richtige Geschlecht hat bei ihnen grundsätzlich Vorfahrt. Glücklicherweise gehören sie selbst dazu. Alles, was sonst noch von Bedeutung sein könnte, ist zweit- oder drittrangig. Zum Beispiel das wissenschaftliche Arbeiten an einer Hochschule. Oder die sprachlich und sachlich korrekte Darstellung in der Hausarbeit eines Studenten (der übrigens nicht zum richtigen Geschlecht gehört). Oder die Wahrheit.
Die Tutorin hat den Studenten angelogen. Sie hat ihm geschrieben: „Bei der gendersensiblen Sprache handelt es sich nicht um eine Empfehlung, sondern um Vorgaben seitens der TU Berlin ... Dies hat einfach damit zu tun, dass sich die Gleichstellung von Frau und Mann inzwischen als gesellschaftlicher Konsens auch in wissenschaftlichen Ausarbeitungen niedergeschlagen hat. Und dafür gibt es tatsächlich (im weiteren Sinne) auch rechtliche Vorgaben in verschiedenen Bereichen ...“
Stimmt das? Gibt es wirklich einen „gesellschaftlichen Konsens“, der sich auch in wissenschaftlichen Ausarbeitungen „niederschlägt“? Wir wissen es nicht. Aber eines wissen wir: Die „rechtlichen Vorgaben“, von denen die Tutorin schreibt, gibt es nicht. Das schrieb sie zwar. Doch es stimmt nicht. Der irritierte Student wandte sich an die Rechtsabteilung und erhielt die Auskunft, dass es eine Vorgabe, die so genannte geschlechtergerechte Sprache zu verwenden, nicht gibt.
Hatte ihn die Tutorin fahrlässig oder vorsätzlich angelogen? Egal. Sie gehört zum richtigen Geschlecht. Wer tatsächlich glaubt, dass sich so jemand irgendwann einmal entschuldigen oder sich auf eine ernsthafte Diskussion über die gendersensible Sprache einlassen würde, der kennt Sexisten nicht.
Sie sind an der Macht. Sie lügen, weil sie es können. Niemand hindert sie. Das trifft sich gut. Denn sie könnten ihre Vorstellungen gar nicht anders – womöglich mit überzeugenden Argumenten – durchsetzen. Es geht nur mit Lügen. Es geht nur ohne Begründungen. Sie haben Erfolg damit. Sie haben inzwischen die Sprache der Bürokratie erobert. Auch die Sprache der Politik. Auch die Sprache im öffentlichen Raum. Nun greifen sie nach der Sprache der Wissenschaft, von der man eigentlich annehmen sollte, dass sie resistent ist. Ist sie das?
Als nächstes ist die Sprache der Schriftsteller dran. Was werden die Schriftsteller tun? Werden sie klein beigeben?
Fußnote*
Tim Hunt hatte überlegt, ob es für die Wissenschaft besser wäre, wenn Männer und Frauen getrennt in Labors arbeiten, weil sie sich ansonsten ineinander verlieben. Das war eine launige Überlegung – ohne Anspruch, das auch umzusetzen. Es war ein Scherz. Warum gilt das als sexistisch? Es ist nicht nur eine Position, die man durchaus vertreten darf, es ist sogar eine, die bei anderer Gelegenheit von Feministen selber vertreten wird. Denn sie sind es, die ernsthaft eine Geschlechter-Apartheid wollen. An jedem Girls’ Day wird eine strenge Geschlechtertrennung vorgenommen.
Und nun?
Beitrag erschien zuerst auf: achgut.com
Kommentare zum Artikel
Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.
Sprachlicher Plattenbau
.
Der zweiteilige Beitrag macht mit einer fast schon überbordenden Vielzahl von Beispielen, Überlegungen, Argumenten, Sarkasmen klar, daß der ‚Verband deutscher Schriftsteller‘ (VS), wo er sich neuerdings um die Anpassung an die Sprache des Gender-Zeitgeists und dessen unsägliche Manierismen müht, offenbar in die Phase eingetreten ist, sein Kostbarstes, die Sprache selbst, zu verlieren – wie ein Weinkenner und -liebhaber, der sich zuletzt mit immer billigerem Fusel zu Tode säuft. Das ist zutiefst bedauerlich. Sind es doch eigentlich die Schriftsteller, die uns mit ihren Wörtern und Bildern alte Welten erschließen und neue erschaffen. Die uns ein wenig vom Zauber und den Abgründen des Menschenlebens ahnen lassen. Ja, gute Schriftsteller können sogar Seelen heilen. Und nun das: Vernagelung der Fenster, Mehrfachsicherung der Türen, Stromkappung, Abdunklung, Rückzug, Fusel, Aufstellung der Totenbetten und letztes Absingen der ‚Internationale‘. Draußen sprüht da jeder Kaninchenzüchter-Verein vor Kraft und Feuer.
.
Die Sprache ist, um es bildhaft auszudrücken, das Haus des Denkens. Wenn man Lassahn glauben darf, und ich tue das, ist der VS offenbar bemüht, sein Haus, eigentlich eine Prachtvilla mit vielen Etagen und noch mehr geheimnisvollen Räumen, auch Geistern und Gespenstern, in eine veritable Bruchbude zu verwandeln, wo am Ende nur noch feministisches oder anderswie fanatisiertes Gesindel im gleichgestellten und gleichgeschalteten Elend beieinander hockt. Was ist nur in den linken Zeitgeist gefahren, was aus dem ‚Prinzip Hoffnung‘ geworden, geistige Favellas allerorten nicht in wohnliche Stadtviertel um-, sondern diese in Favellas rückzubauen? --- Trost: Große und erhabene Augenblicke der Geschichte sind immer solche, in denen die Robespierres und Berijas unter den von ihnen geschaffenen und skrupellos benutzten Tugendapparaten auch selber um Atem und Sprache kommen. Bauen wir ihnen die Gerüste auf!
Danke Herr Lassahn, natürlich schön geschrieben und so wahr!
Der sprachliche Terror fing mit "Emma" Schwarze(r!) an: Aus einem Vorzug der deutschen Sprache, der Nachsilbe -in, die alles verweiblichen konnte, wurde mit Geschäftssinn, System und Fanatismus eine Pflicht gemacht, in allem und jedem an DIE FRAU zu denken, ob es zum Thema passte oder nicht.
Nun kann eine InteressInnengemeinschaft-in von Berufsfrauen natürlich ihrem Hobby frönen wie sie will, jedem Jeck sing Pappnas - o pardon, es muss natürlich heißen: jede/r/m Jeck_in sing / ihr Pappnas / Pappnäsje oder wie jetzt?
(Geistes-)terroristisch wurde es dann, als jede/r, die/der wie bisher sprach, als Matscho (Matschine?) angegriffen wurde, weil sie/er dem Patriarchat(-in?) die Stange (ist schon fem.) hielt: Pascha des Monats, gibt's den noch? Bin ich-in schon auf dem Weg dahin? Oh Göttin!
In der heutigen politischen Korrektheit kann es sich kaum ein Politiker noch leisten, nicht von den-bürgerinnenunnbürgern-den-arbeitnehmerinnenunnarbeitnehmern-den- sozialhilfeempfängerinnenunnsozialhilfeempfängern zu reden bzw. rede-rade-brechen, will er nicht den feministischen Knüppel riskieren oder gar WählerinnenstimmenInnen.
Natürlich gibt es den Wahn auch in anderen Ländern, Schilda ist überall, da kupfert die eine Schild-ist-in von der andern ab-in.
Von MörderINNEN, SteuerhinterzieherINNEN oder TerroristINNEN hört mann / frau freilich weniger.
Kaum vorstellbar aber erscheint dem zurückgebliebenen BeobachtEr, dass auch Schriftsteller-x-en sich den sprachverhunzenden LemmingInnen anschließenInnen!
Jede/r sprachbewusste Mensch_in spürt doch in Bauch und Busen ein GrimmInnen oder Grummeln, wenn SprachIn Gewalt-in angetan, zwangsverwaltet oder gar vergewaltigt wird, sobald es um Ver-(ge)-walt-(ig)-ungs-akte geht wie es heute versucht wird, wo sich die DamenInnen allmächtigInnen zu fühlen-inn-en scheinInnen.
Leute lasst den Krampf, bitte! Sagt zur Begrüßung "Meine Damen und Herren", auch "Liebe Bürgerinnen und Bürger", wenn ihr wollt, aber dann redet normal weiter, wie euch der Schnabel gewachsen ist, nicht wie irgendwelche Krampfhexen euch konditioniert haben wollen!
Es gibt eine Ökonomie der Sprache und ein Feingefühl, Grammatik und Stilistik und einen guten Ton, der die Musik macht.
Dschendergewollte Sprache: Mann - und hoffentlich Frau, verehrte Damen! - merkt die Absicht - "und ist verstimmt".
Stimmen aber muss Sprache und Rede, dazu ist sie da.
Diskriminierung und Benachteiligung kann man nicht abbauen, indem man sie anderswo wieder aufbaut: Frauen fördern, indem Männer benachteiligt werden? Verstößt nicht gerade DAS gegen unser Grundgesetz?
Nichts anderes ist heute die Frauenquote, morgen die Ausländerquote - und übermorgen die Quote für Schwachköpfe in allen Berufen? Setzen sich diese aber nicht sowieso immer durch? Fragen über Fragen...
Frauen sind jedenfalls wirklich dabei, sich überall durchzusetzen, sind schon in der Schule besser, machen die Hausaufgaben mit Herz + Sternchen, studieren fleißiger und finden sich an allen Schaltstellen der Gesellschaft. Braucht da noch jemand staatliche Nachhilfe? Okay, vielleicht beim Rückwärts-einparken.
Wir wollen gleiches Recht für alle. Wenn aber nur Neger Neger sagen dürfen, nur Zigeuner Zigeuner, nur ICH mich einen Idioten nennen darf gelle? - und nur Frauen vernünftig und in hergebrachter Ökonomie und Schönheit sprechen dürfen, sollten sich vielleicht die Vernünftigen unter den einstmals benachteiligten Gruppen, die sich aber heute ziemlich gleichberechtigt fühlen, dazu durchringen, von der ideologischen Sprechart abzugehen und wieder GUT und SCHÖN zu reden - die dürfen das und können uns zur guten Sprache zurückführen.
Wenn heute von "praktisch Bildbaren" gesprochen wird und von Behinderten statt Krüppeln, so ist diese Form politischer Korrektheit menschlich und begrüßenswert.
Aber ethnische Minderheiten sollten ihre Namen nicht ändern, weil irgendwelche Dummköpfe den Namen verächtlich finden, und Frauen sind heute selbstgewiss genug, nicht immer und überall Sonder-Erwähnung finden zu müssen.
Oder ist das nur eine männliche Sicht? Dann halte ich jetzt die Klappe, in gespannter Erwartung, was wohl die bürgerliche Damenwelt von heute dazu meint. Dat neue staake Geschlecht? Daaf dat dat? Dat daaf dat! Dat dat dat daaf --- ?