Ruhe

Der Karsamstag ist der Tag der Grabesruhe. Ein stiller Tag, viel stiller noch als der Karfreitag, an dem einem das Geschrei σταύρωσον σταύρωσον (Kreuzige ihn, kreuzige ihn) noch in den Ohren klingt, an dem der Herr am Kreuz stirbt und begraben wird.

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Am Karsamstag ist Ruhe. Es ist für uns Christen die Stille der Erwartung auf das Licht und das Gloria, auf das Halleluja und der Freudenruf “Er ist auferstanden!” Wir wissen ja, daß der Ostermorgen kommt. Aber sich die Stille der Erwartung in jedem Jahr wieder neu zu “gönnen” ist ein wichtiger Aspekt des Festes.

Sicher, es ist Samstag vor einem großen Fest. Da sind Einkäufe zu erledigen, es sich Vorbereitungen zu treffen und der gute Anzug / das gute Kleid für die Osternachtsfeier muß bereitet werden. Es ist ein Alltag zwischen dem Gedenktag und dem Festtag. Aber gerade diese Normalität kann einen auch in die Gedanken an die Grabesruhe heranführen.

Was haben eigentlich die Apostel, Maria, Maria von Magdala und die anderen an dem Tag gemacht? Es war Sabbat, da war das Sabbatgebot zu halten. Sie werden sich im Abendmahlssaal verkrochen haben. In der Normalität eines solchen Tages unserer Tage darf dann auch der Gedanke an die völlige Ausnahmesituation damals gehen. Verzweifelung, Enttäuschung, Hoffnungslosigkeit … Er hat doch gesagt, daß er der Messias ist. Petrus! Du warst Dir doch ganz sicher. Was jetzt? Jetzt sind wir Anhänger eines gescheiterten Rebellen. Wann werden sie uns kreuzigen? Noch eben den Sabbat abwarten und dann besser nach Galiläa zurück, wo man uns kennt und wo wir sicher sind. Jerusalem wird ein zu heißes Pflaster für uns. Warten auf den nächsten Morgen. Aber erst wollen die Frauen den Leichnam noch salben. Das sind wir ihm schuldig. Ja, aber dann nichts wie weg hier.

Stille und abwarten. Die Jünger wußten nicht, was passieren würde. Sie hätten es wissen können, hätten sie auf die Worte des Herrn gehört. Oder wußten, ahnten, hofften sie im Stillen doch schon etwas? Auferstehung! Wer wagt denn so etwas nur zu denken?

Wer schon mal einen geliebten Menschen zu Grabe getragen hat, weiß, daß der Tag danach unbarmherzig normal ist. Obwohl man selber vielleicht noch wie in Watte gepackt ist, die Welt nur durch einen Filter ganz gedämpft wahrnimmt, tritt der Alltag ohne Wenn und Aber auf den Plan. So kommt auch der Karsamstag mit seiner erschreckenden Normalität daher. Wochenmarkt, Metzger, Bäcker … darf es noch etwas sein?

Die Stille des Karsamstags ist vielleicht nur in der Wohnung und in unserem Herzen. Der Rest der Welt kümmert sich nicht darum. Der Tag verliert dadurch nicht an Wert. Gönnen wir uns die Stille.

 

Beitrag zuerst erschienen auf katholon.

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