Regionale Klimapolitik ist möglich

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Wer Rationalität und Pragmatismus in den klimapolitischen Entwürfen wissenschaftlicher Politikberater sucht, muss sich derzeit auf eine große Enttäuschung gefasst machen. Was hierzulande, aber auch in anderen Ländern, an Empfehlungen der Politik übermittelt wird, ist zumeist wissenschaftlich verbrämte Weltanschauung. Dirigismus, eine eklatante Verletzung  ökonomischer Effizienz und eine maßlose Überschätzung des vorhandenen Wissens über die Vorgänge in der Atmosphäre und der menschlichen Gesellschaft kennzeichnen die abertausenden von  Seiten bedruckten Papieres von Think Tanks, Universitäten und wissenschaftlichen Beiräten, adressiert an Politiker, die diese als ergiebige Steinbrüche für die Festigung ihrer eigenen Agenda nutzen. Was fehlt sind Vorschläge, die Wissenslücken zugeben und Irrtum zulassen, aber dennoch nicht das umweltpolitische Äquivalent zum Kopf im Sand sind.

Der kanadische Umweltökonom und Wirtschaftsstatistiker Ross McKitrick, den Lesern sicher als Autor von Energy, Pollution Control and Economic Growthund Koautor des Buches Realitätscheck für den Klimaschutz bekannt, hat im Auftrag der Global Warming Policy Foundation seinen Vorschlag einer temperaturgekoppelten Emissionsabgabe noch einmal zur Diskussion gestellt. Anders als die üblichen Konzepte basiert diese Abgabe konsequent auf den Erkenntnissen der umweltökonomischen Forschung und dem Stand des Wissens im Bereich der Klimaforschung. Umweltabgaben zeichnen sich im Vergleich zu den wesentlich häufiger praktizierten Auflagen und der von vielen Protagonisten der Klimapolitik vorgeschlagenen Mengensteuerung von Emissionen durch eine wesentlich höhere Effizienz und geringere Unsicherheiten aus. Ihr Ertrag kann zu Gegenfinanzierung der Reduzierung von Steuern mit hohen volkswirtschaftlichen Zusatzkosten verwendet werden, so dass im Idealfall die zusätzliche Last ihrer Implementierung sehr gering ausfällt. Eine geringe Steuer auf potentiell schädliche Treibhausgasemissionen ist daher prinzipiell allen anderen Instrumenten vorzuziehen und kann diese mit großem Gewinn ersetzen.

Schwierig gestaltet sich jedoch die Frage nach der richtigen Höhe des Abgabensatzes. Ökonomen haben immer wieder versucht dieses Problem mit umfangreichen und komplizierten Modellsimulationen zu beantworten, doch allein die Debatte um die Modellprämissen, ganz zu schweigen von der unzureichenden Datenbasis und den bei der Interpretation der Modellergebnisse zu berücksichtigenden Unsicherheiten der Zukunft, setzt diesem Vorhaben klare Grenzen und lässt keine Einigung auf eine von allen Beteiligten akzeptierten Höhe und Entwicklung der Abgabe erwarten. Ross McKitrick verzichtet daher auf eine derartige akademische Fingerübung und lässt seine Abgabe mit der Temperatur der tropischen Troposphäre variieren, die in der Klimaforschung als Leitindikator einer globalen Erwärmung gilt. Das hat den Vorteil, dass die Abgabe nach derzeitigem Erkenntnisstand auf Veränderungen des Ernstes der Lage variiert, sich also bei steigenden Temperaturen erhöht, um dafür auf sinkende Temperaturen mit einem Rückgang zu reagieren.

Für die Wirtschaft bedeutet dies jedoch nicht zwangsläufig steigende Unsicherheit, wenn der Markt mit langfristigen Terminmärkten reagiert, auf denen sich die betroffenen Unternehmen gegen eine veränderliche Abgabenlast absichern können. Da auf solchen Zukunftsmärkten möglichst genaue Prognosen der Entwicklung Gold wert sind, haben die Marktakteure ein großes Interesse mit leistungsfähigen Modellen die zukünftige Temperaturentwicklung zu prognostizieren, ohne der Versuchung zu erliegen das Ergebnis aus ideologischen oder wirtschaftlichen Gründen gegenüber der Politik zu manipulieren. Auch die öffentlich finanzierte Klimaforschung gerät so unter den Konkurrenzdruck kommerziell operierender Prognoseinstitute. Eine solche Abgabe würde also auch mehr Wettbewerb in die Klimaforschung bringen. Ein weiterer Vorteil einer derartigen Abgabe wäre ihre Implementierbarkeit ohne ein internationales Klimaschutzabkommen, da die Einnahmen auch ausschließlich national zur Gegenfinanzierung von Steuersenkungen verwendbar wäre, das Geschäft mit der Zukunftsabsicherung gegen Abgabenschwankungen auch internationale Signale setzen und der Nationalstaat sich schon vor den anderen auf dem korrekten Pfad der wirtschaftlichen Anpassung an die Erfordernisse der Klimapolitik befinden würde.

Es ist jedoch dennoch unwahrscheinlich, dass dieser Vorschlag in der klimapolitischen Debatte auf große Gegenliebe stößt. Klimapolitische Hardliner zweifeln selten an ihren alarmistischen Prognosen und werden sich nicht auf eine moderate Abgabe einlassen, die den wirtschaftlichen Akteuren möglichst großen Anpassungsspielraum erlaubt. Umweltpolitiker werden sich nicht mit der Idee anfreunden können, dass die Höhe der Abgabe von der Temperatur und nicht von einem bürokratischen Apparat bestimmt wird, wobei auch die aufkommensneutrale Mittelverwendung nicht nach dem Geschmack budgetmaximierender Bürokraten ist. Umweltaktivisten und linke Interessengruppen dürfte die Abgabe schon allein deshalb suspekt sein, weil sie keinem klimapolitischen Masterplan folgt und völlig auf eine Feinsteuerung der Wirtschaft verzichtet. Schließlich werden sich auch ausgemachte Skeptiker der Theorie des menschenverursachten Klimawandels kaum mit dieser Abgabe anfreunden können, da sie Klimapolitik grundsätzlich ablehnen. Dennoch ist dieser Vorschlag sehr zu begrüßen, denn er zeigt, dass Augenmaß, Realitätssinn und Kompromissbereitschaft in der klimapolitischen Diskussion noch möglich sind.

Beitrag erschien zuerst auf: liberalesinstitut.wordpress.com

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Steffen Hentrich

Lieber Herr Krause, Ihnen dürfte nicht entgangen sein, dass Ross McKitrick Aufkommensneutralität als Bedingung einer solchen sehr moderaten Steuer anführt. Wenn es gelingt eine Reduzierung beispielsweise der Einkommenssteuer mittels der Steuereinnahmen gegenzufinanzieren, dann reduzieren sich die negativen Effekte einer solchen Steuer erheblich. Dieser Vorschlag ist letztlich ein Test der Kompromissfähigkeit von Umweltpolitikern und -aktivisten. Fundamentale Ablehnung jeglicher Klimapolitik führt derzeit in das politische Abseits und kann beim Stand des Wissens m. E. ebenso wenig wissenschaftlich begründet werden wie alarmistischer Aktionismus.

Gravatar: Klaus Peter Krause

@Steffen Hentig: Sie beschreiben und „begrüßen“ den Vorschlag von Ross McKitrick für eine Emissionsabgabe, die an die Erdtemperatur gekoppelt ist. Dass Sie ihn beschreiben, dient der Information und ist daher in Ordnung. Dass sie ihn begrüßen, ist absurd. Wohl ist McKitricks Vorschlag vernünftiger als die gegenwärtige CO2-Emissionsrechtevergabe und der Handel mit diesen Rechten, aber auch McKitrick will mit seinem Vorschlag das „Klima retten“ – Klima hierbei immer nur als globale „Erwärmung“ verstanden. Das aber kann der Mensch auch mit diesem Vorschlag nicht. Dass „global warming“ und global cooling“ andere Ursachen als anthropogenes CO2 haben, ist nun schon so häufig und von so vielen widerlegt worden, dass auch McKitrick mit seinem Vorschlag weder eine Erderwärmung noch eine Erdabkühlung in irgendeiner Weise beeinflussen kann. Seit über zehn Jahren hat sich die globale Temperatur nicht erhöht, obwohl der CO2’’-Gehalt der Atmosphäre gestiegen ist, sie ist sogar leicht zurückgegangen. Umso mehr wundere ich mich, dass Sie McKitricks Vorschlagen „begrüßen“. Sollte es allerdings auch bei diesem Vorschlag letztlich nur darum gehen, den staatlichen Fiskus noch mehr zu füttern, dann kann man natürlich auch die Temperatur besteuern. Doch ohne den Betrug mit dem „CO2-Treibhausgas“ und „Klimaschutz“ würden sich die Menschen das dann wohl nicht mehr gefallen lassen. Klaus Peter Krause

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