Rechtskatholizismus: Um was es mir nicht geht!

Wenn auf einen eigentlich gemütlichen Blog ein Run einsetzt, ist leider meistens ein Missverständnis die Ursache.

Veröffentlicht:
von

Ende vergangener Woche hatte ich einen Beitrag zum Thema Rechtskatholizismus geschrieben. Ich fand ihn eigentlich ganz gelungen, habe ihn daher auf Facebook verteilt, andere Freunde haben ihn weiter verteilt, ich habe ihn auch kath.net angeboten, die ihn ebenfalls veröffentlicht haben. Eine solche kleine Aktion, die über meine persönlichen Online- und Offline-Kontakte hinausgeht, lässt im Normalfall die Besucherzahl auf dem Blog ein wenig ansteigen. Durchschnittlich habe ich hier laut Google-Analytics so rund 150 bis 200 Besucher (User) am Tag, bei interessanten Beiträgen, die auch bei kath.net oder anderswo veröffentlicht werden, kann das auch schon mal auf knapp 300 ansteigen. Soweit so gemütlich!

Wenn ich dann aber abends auf der Couch solche Zugriffsstatistiken sehe, werde ich ein bisschen unruhig:

GA_14Tage GA_20150511

Da muss was passiert sein! Und richtig, bei näherem Hinsehen entspringen die Zahlen dem Zugriff auf den oben verlinkten Beitrag (fast 1.000 Zugriffe) und sie stammen fast vollstängig von einer Seite, nämlich pi-news.net (knapp 900 Zugriffe von da aus). Unter dem Titel ‘Neuer Kampfbegriff: “Rechtskatholik!”‘ hat pi-news meinen Beitrag mit einem kleinen Teaser verlinkt. Und offenbar hat diese Seite nicht gerade wenig Zuspruch, wenn man mal davon ausgeht, dass ein “Kirchenthema” nicht unbedingt jeden verleitet, auf den zugehörigen Link zu meinem Beitrag zu klicken.

Nun gehört pi-news nicht zu meinen bevorzugten Nachrichtenkanälen. Ich möchte nicht direkt mit Schubladenbegriffen argumentieren, aber vielleicht reicht es festzustellen, dass eine Seite wie diese in vielen Fällen nicht nur meinen christlichen sondern auch meinen libertären Überzeugungen widerspricht. Die Seite bringt Berichte über Missstände, wie man sie sonst in den Medien kaum findet, diese aber in einer Ballung, die den Eindruck erweckt, wir stünden in Deutschland vor einer vollständigen Übernahme entweder von linker, von muslimischer oder von Seiten von Migranten. Dass alles versehen mit einer recht freizügigen Kommentarmoderation hat mich schon vor langem dazu gebracht, die Seite nicht mehr zu lesen, die kurzzeitig auf meiner Leseliste stand. Seiten wie pi-news haben ihre Berechtigung, meine Sache sind sie aber nicht.

Was aber schwerer wiegt ist die Tatsache, dass man dort in den Kommentaren fast vollständig auf den Aspekt der Angriffe von der politisch linken Seite gegen die Kirche bzw. den konservativen christlichen Glauben abhebt. Natürlich war das auch mein Einstieg: Der Begriff des “Rechtskatholizismus” (manche Leser haben schnell bemerkt, woher ich den habe, andere haben immerhin gesehen, dass er es noch nicht zu einer massenhaften Verbreitung gebracht hat) hat das Potenzial zum Schlagwort für alles zu werden, was nicht dem linken oder kirchlich-progessiven Mainstream entspricht, und es hat das Potenzial, konservative kirchliche Positionen direkt mit dem Makel des “Rechten” oder “Rechtsextremen” zu versehen.

Wirklich aufmerksame Leser haben aber vermutlich auch bemerkt, dass ich die Klassifizierung als “Rechtskatholiken” (manche fragen sich – wie ich – ob dieser Blog dieses “Prädikat” überhaupt verdient) in der Frage der Zusammenarbeit mit vermeintlich “rechten” oder “neurechten” Medien für unerheblich halte. Ob mich jemand als Rechtskatholik sieht, weil meine Beiträge bei der “eigentümlich frei” erscheinen, ob jemand Birgit Kelle als Rechtskatholikin sieht, weil sie schon mal für die “Junge Freiheit” geschrieben hat, ob jemand Gabriele Kuby als Rechtskatholikin sieht, weil sie auf einem – nennen wir es mal so – etwas eigenartigen Familienkongress in Moskau gesprochen hat, das ist erstens für die Positionen unwesentlich und macht zweitens für denjenigen, der Ähnlichkeiten aber auch Unterschiede in den Positionen zur Kenntnis nimmt, diese Begriffsbezeichnung nur umso diffuser und ungerechtfertigt. Offenbar will man mit dem Adjektiv “rechtskatholisch” nicht die Zusammenarbeit mit bestimmten Medien kritisieren sondern die Positionen als Ganzes. Da wird eben auch mal mit harten Bandagen gekämpft, was soll’s!

Der Kern meines Beitrags war aber ein anderer, und ich erlaube mir einfach, mich noch mal selbst zu zitieren:

Was die gesamte Entwicklung aber zeitigt ist ein Risiko, dass nicht zu unterschätzen ist, nur weil mit ihm von linkskatholischer Seite gerne als Fakt (statt Risiko) gegen Konservative argumentiert wird. Dieses Risiko lässt sich wohl am besten mit dem Begriff der “Selbstreferentialität” bezeichnen: Durch die oben beschriebene Trennung der unterschiedlichen katholischen Milieus kommt es – auf beiden Seiten – zu Verhärtungen und gegenseitigen Bestärkungen, die eine selbstkritische Reflektion der eigenen Positionen zunehmend verhindert. Dem jeweils anderen wird wahlweise mangelnder katholischer Glaube, mangelnde Liebe und Barmherzigkeit oder mangelnde theologische bzw. Bibelkenntnisse vorgeworfen, man bezichtigt sich entweder des Fundamentalismus oder der Preisgabe katholischen Glaubensgutes. […]

Das allerdings scheint mir für die katholische Kirche, das Christentum insgesamt – jedenfalls in unseren Breiten – eine der hervorstechendsten internen Herausforderungen zu sein: Die Kommunikation mit anderen Milieus aufrecht zu erhalten, den Kontakt zu “den Anderen” nicht zu verlieren, den Spagat zu wagen, den eigenen Glauben, die eigenen Überzeugungen nicht aufzugeben, aber an anderen Überzeugungen zu verproben. Auch die Mission, vereinfacht das Werben für die eigene Position ohne einen unethischen Proselytismus zu betreiben, will in einem solchen Umfeld erst mal gelernt sein.

Darum geht es: Es geht um “Schubladisierungen” auf beiden (!) Seiten, es geht um einen – so ähnlich hat es ein Kommentator auf kath.net treffend genannt – “Facebook-Effekt”, bei dem nur noch wahr- und als wahr angenommen wird, was aus der eigenen “peer-group” stammt, es geht um den Effekt des “Group-thinking”, der sogenannten “Rechtskatholiken” wie ich finde zu Unrecht angeheftet wird, was das Risiko, in diese Falle zu tappen – wiederum auf beiden Seiten – aber nicht eliminiert.

Gefahr erkannt, Gefahr – zumindest mal ein bisschen – gebannt? Mein Beitrag handelt – schon in der Einleitung – von “schädlichen linken und rechten Schubladen” … und wenn ich ehrlich bin, bestätigen mich manche Kommentare in der Einschätzung, dass die Gefahr virulent ist. Schubladen, Heerlager, Wagenburgen … egal auf welcher Seite: So schnell wird mich niemand davon überzeugen, dass sie ein Weg zur gottgewollten Einheit der Kirche sind, selbst wenn man manchmal den Eindruck haben könnte, die anderen zwängen einen dazu.

Beitrag erschien auch auf: papsttreuerblog.de

Für die Inhalte der Blogs und Kolumnen sind die jeweiligen Blogger verantwortlich. Die Beiträge der Blogger und Gastautoren geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Keine Kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang