Ramelow: Das späte deutsche Revival des Postkommunismus

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Die anstehende, von einem Mitgliederentscheid ausgerechnet der SPD befürwortete Wahl eines postkommunistischen Ministerpräsidenten in Thüringen ist tatsächlich, wie Wolf Biermann meint, ein "kleiner Fußtritt des hegelschen Weltgeistes". Man könnte auch sagen, der Weltgeist habe Humor.

Wie haben sich die westlichen Politiker und Journalisten über die unbelehrbaren Völker Mitteleuropas lustig gemacht, die nicht aus der Geschichte lernen und Wendehälse in die Regierung wählen würden! Es sei nur an die Herren Ion Iliescu in Rumänien und Ferenc Gyurcsány in Ungarn erinnert; auf Leute wie Lukaschenka (Weissrussland) will ich hier nicht hinweisen, weil Osteuropa vielleicht nicht vergleichbar ist.

Deutschlands Vorteil war ja, dass der große Bruder BRD alles platt gemacht hat, was in der DDR Rang und Namen hatte - nicht zum Nachteil Gesamtdeutschlands, wie ich am 19. Juli 2010 im Beitrag "Ungarn: Die Bewältigung des Kommunismus" ausführlich dargestellt habe.

Natürlich ist Herr Ramelow ein weichgespülter Westdeutscher und Thüringen ist nicht Deutschland. Insofern besteht noch keine Gefahr. Ramelow hat aber ausgerechnet bei der Linken seine politische Chance gewittert, was nicht unbedingt auf charakterliche Vorzüge deutet. Und die Linke ist unstrittig die Nachfolgepartei der SED.

Jedenfalls ist es ein Witz der Geschichte, dass Deutschland, wohl wegen der teilweise recht unsensiblen Übernahme der DDR durch die BRD, von der Vergangenheit eingeholt wird. Da zeigt sich wieder einmal, dass man die Vergangenheit nicht mit Treuhand und anderen Instrumenten, auch nicht mit schönen Reden und Geld ausradieren kann.

Warum sollten die Deutschen auch klüger sein als die Rumänen und Ungarn? Doch stimmt bedenklich, dass diese Völker sich mittlerweile stark desillusioniert von den Postkommunisten abgewandt haben, während die Deutschen sich ihnen heute erst zuwenden. Es würde mich bei der Lebensmüdigkeit des deutschen Volkes nicht überraschen, wenn auch im Bund eine Rot-Rot-Grüne Koalition demnächst die Macht ergreifen würde.

 

 

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