Polidings: Der dessen Name nicht genannt werden darf

Die schlechteste aller Möglichkeiten ist aber, dem Staat über gesetzliche Regelungen das Ruder zu überlassen, der dafür verantwortlich ist, dass ein solcher Lohn nicht zum Leben reicht.

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Im Normalfall bereite ich mich auf Nachrichten in sogenannten Mainstreammedien ausreichend vor: tiefes Durchatmen, persönliche Rückversicherung, mich nicht von irgendeinem Journalisten- oder Politikerunsinn aus dem Konzept bringen zu lassen, Tagesrückblick auf Themen, die mich erwarten dürften inkl. Vorwegnahme der bescheuertsten Positionen, die man dazu einnehmen kann und die man dann in den Nachrichten auch erwarten darf – so gewappnet kann man Nachrichten mit dem festen Vorsatz ansehen, nur den reinen Informationsgehalt aufzunehmen und alles in Frage zu stellen, was allzu stromlinienförmig daher kommt.

Gestern allerdings wurde ich auf dem falschen Fuß erwischt: nach einer Folge „Harry Potter“ (die Serie hat meine Frau zum Geburtstag bekommen und wir schauen das jetzt sukzessive, meist in mehreren Etappen, gestern war der Abschluss von „Der Orden des Phönix“), die kurz vor zehn zu Ende ging, wollten wir nur noch mal schnell „durchzappen“. Hängengeblieben sind wir dann aber leider beim „heutejournal“, in dem gerade berichtet wurde, einige CDU-Abgeordnete forderten, ein Mindestlohn dürfe in einem potenziellen Koalitionsvertrag nur dann vereinbart werden, wenn dieser keine Arbeitsplätze gefährde. Gut, dass ich die letzten Chips gerade runtergeschluckt und auch kein Getränk mehr im Mund hatte: der Inhalt meines Munds wäre unweigerlich sprühförmig im Wohnzimmer verteilt gewesen!

Also schauen wir mal: Ich nehme an, die Mehrheit meiner Leser wird regelmäßig zum Friseur gehen. Da werden dann Menschen dabei sein, die mehr als 20 € für einen Haarschnitt ausgeben (also Männer jetzt, Frauen sowieso), ich nehme an der mehrheitliche Block wird zwischen 10 und 20 € ausgeben, dann gibt es welche, die unter 10 € zu bleiben versuchen. Einen geringeren Preis zahlen zu wollen, auch auf Kosten der Qualität kann mit einem schmalen Geldbeutel oder mit Sparsamkeit zu tun haben, es wird aber deutlich, dass jedem Menschen ein Haarschnitt unterschiedlich viel wert ist. Damit wären wir bei einem wesentlichen Punkt der Preis- und Kostenfindung gelandet: entgegen der landläufigen Meinung bestimmen nämlich nicht die Kosten den Preis (also im Sinne von Kosten plus Gewinnerwartung ergibt Preis) sondern der Preis bestimmt die Kosten (Preiserwartung der Kunden minus Gewinnerwartung gibt die Kosten vor). Oder würden Sie (nehmen wir an, Sie gehörten zu denen, für die ein Haarschnitt maximal 20 € kosten darf) auch 50 € bezahlen, weil der Salonbetreiber exorbitante Mieten zu zahlen hat? Natürlich ist man da ein bisschen flexibel, aber in der Tendenz ist richtig: je höher ein Anbieter über einen akzeptierten Preis geht, umso weniger sind Menschen bereit, sein Produkt zu kaufen.

Und was passiert also, wenn ich als Anbieter meine Kosten nicht mehr selbst kalkulieren kann sondern einzelne Kostenpositionen vorgeschrieben bekomme? Kommt drauf an: liegen die vorgeschriebenen (Mindest-) Kosten unter denen, die ich eigentlich zu meiner Leistungserstellung bekomme, macht das eigentlich nichts aus. Anders bei Anbietern, die bislang mit geringeren Kosten kalkuliert haben: entweder müssen sie den Preis anheben (was wie oben beschrieben nur in einem geringen Maße geht), an anderer Stelle sparen (was im Fall von Dienstleistungen, deren Kosten sich im Wesentlichen durch den Lohn bestimmen, ebenfalls nur in geringem Umfang möglich ist) oder sie scheiden über kurz oder lang aus dem Markt aus. Fällt diese „Billigkonkurrenz“ weg, bin ich als der erste Anbieter in der glücklichen Lage, meine Preise in der Tendenz sogar noch ein bisschen nach oben zu schrauben. Resultat: Preise steigen mangels Wettbewerb, Mitarbeiter werden umgekehrt entlassen.

Und was machen Sie, wenn Sie auf einen Preis pro Haarschnitt von unter 10 € angewiesen oder einfach nicht bereit sind, mehr zu zahlen? Sie probieren es vermutlich wieder mal in der Familie: vielleicht kriegt die Ehefrau das auch hin, oder eine Tante, die das mal gelernt hat. (Viel) Mehr zahlen werden Sie jedenfalls nicht, und ihr Anbieter, vielleicht immer noch unter dem Preis eines teuren Anbieters, verliert Sie und viele andere als Kunden. Pleite!

Andersrum und allgemein ausgedrückt: Mindestlöhne, die den Namen rechtfertigen und über dem marktüblichen Lohn liegen, führen automatisch zum Verlust von Arbeitsplätzen (und auch noch höheren Preisen) – da kann ein Politiker lange darüber fabulieren, dass das nicht passieren dürfe – genau so könnte er auch ein Verbot für auf den Kopf fallende Äpfel erlassen, den Apfel und die Schwerkraft interessiert das überhaupt nicht.

Andererseits kann ich sogar als Libertärer einem Mindestlohn (dann aber richtig und in die Vollen) was abgewinnen. Denn eine Handlungsalternative habe ich oben gar nicht aufgeführt: Wie wäre es denn, wenn der Billigfriseur seine Kunst nun gar nicht mehr in seinem Salon anbietet sondern zu Ihnen nach Hause kommt oder sie zu ihm? Und sie handeln einen Preis aus, im voraus, vielleicht gibt es bei gutem Ergebnis auch noch ein Trinkgeld? Wieso sollte das funktionieren? Weil dieser Friseur Ihnen dafür keine Rechnung ausstellt! Er zahlt keine Steuern für seine Leistung! Ist das nicht illegal? Ja sicher, aber das ist auch ein Markt! Schwarzmarkt nennt man so was, wenn der Staat Leistungen in einer Weise reglementiert, dass die Erstellung unter normalen Umständen keinen ausreichenden Ertrag abwirft, die Leistung sonst nicht mehr erstellt würde und sich Dienstleister und Kunde auf anderem Wege – unter Umgehung des Staates – einig werden. Dem würde sich über kurz oder lang auch der teure Friseur anschließen, denn seine überteuerten Preise wird irgendwann auch niemand mehr bezahlen wollen.

Mit einem anständigen Mindestlohn, jenseits von Gut und Böse, am besten orientiert man sich an den Forderungen ausgewiesener Sozialisten, die wissen schon, was Unternehmen, Mittelständler und Selbständige in die Pleite treiben wird, verhilft man also einer anständigen Marktwirtschaft wieder auf die Füße. Für den Staat ist das natürlich misslich, es fehlen Steuereinnahmen zum Bau von Hauptstadtflughäfen, es fehlen Gelder zur Bezahlung von Beamten, die prüfen, ob Sie Ihren Müll auch richtig trennen – kurz: der Staat wird Ihnen das übel nehmen. Darum ist es auch so wichtig, dass ein Mindestlohn wirklich hoch liegt, damit am Ende die Masse der (Schwarz-) Marktteilnehmer so groß wird, dass es dem Staat nicht mehr gelingt, dagegen vorzugehen. Ist das dann nicht eine Art von „Anarchie“? Nein, es drängt den Staat nur in seine Rolle zurück, die ihm (maximal) gebührt: Äußere Sicherheit und Schutz der Freiheitsrechte seiner Bürger.

Ich möchte nicht missverstanden werden: jeder sollte von seiner eigenen Hände Arbeit leben können, und wer unter heutigen Bedingungen unter 8 € pro Stunde verdient, der kann das kaum für sich und seine Familie sicherstellen. Die schlechteste aller Möglichkeiten ist aber, dem Staat über gesetzliche Regelungen das Ruder zu überlassen, der durch Steuer- und Abgabenlast für Unternehmen und Dienstleister, durch Zwangsversicherungssystem und Regulierungswut dafür verantwortlich ist, dass ein solcher Lohn nicht zum Leben reicht. Es ist hier wie an den meisten Stellen: ein Markteingriff des Staates verschlechtert die Situation für alle in der Art, dass er am Ende – „alternativlos“ – weiter eingreifen muss. Er ist dabei nebenbei der einzige Anbieter, der es sich tatsächlich herausnimmt, seinen „Preis“ (in Form von Steuern) über seine (unwirtschaftlichen) Kosten zu definieren. Noch Fragen, warum das nicht funktioniert?

Oder um auf unseren gestrigen Familienabend zurück zu kommen: der Staat gaukelt vor, mit einem kleinen Zaubertrick „Mindestlohn“ in der Manier von Harry Potter, unsere Probleme zu lösen … in Wahrheit ist der Staat aber der, dessen Name nicht genannt werden darf!

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Günter Gartenschläger

Dieser Artikel beinhaltet eine bessere Analyse der Wirklichkeit ,als die der teuren Wirschafts-
institute. Die folgende Kalkulation soll nur Ihre Ausführungen unterstreichen.
Der Staat schreibt tatsächlich für die Friseur-Branche den Lohn und alle lohngebundenen
Kosten vor; das sind 50 % der Gesamtkosten. Zusätzlich wird noch die Mehrwertsteuer mit
einem Preisanteil von 16 % verlangt; also insgesamt 66 %. Der Preis wird aber durch Angebot
und Nachfrage bestimmt und kann nicht nach Belieben infolge Lohnerhöhungen erhöht
werden. Eine vollzeitbeschäftigte Friseurin muß für ihren Lohn von 1100 € brutto ( 6,50 €/h)
bzw. 850 € netto einen Umsatz von ca. 4.500 € erarbeiten (Lohn-/Umsatzfaktor= 1 : 3,8....4,5),
welcher dann ca. 750 € Mehrwertsteuer beinhaltet. Wenn der Mindestlohn auf 8,50 €/h steigt, dann wird der vorgeschriebene Kostenanteil sogar 81 %. Selbst wenn man den Preis
erhöhen würde, wird der Umsatz nicht höher, weil Kunden, wie von Ihnen beschrieben,
abwandern. Für diese Branche gibt es nur eine Lösung: Mehrwertsteuersenkung und Sozial-
kostenreduzierung.

Gravatar: FDominicus

Sehr nette so etwas noch lesen zu dürfen?. Mal schauen wie lange das noch geht. Zersetzung der Untertanmentalität oder so. Dafür gab es bestimmt mal sittliches Volksempfinden oder so...

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