Pietätlose Politaktivisten: Das öffentlich-rechtliche Nachtreten

Am Freitag entschied das Bundesverwaltungsgericht, die Haushaltsabgabe für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sei rechtens. Das Urteil kam wenig überraschend, wird es doch kein Gericht in Deutschland wagen, dem Staatsfunk seine Nahrungsgrundlage zu entziehen.

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 Just am selben Tag lieferten zwei öffentlich-rechtliche Sender den Klägern jedoch einmal mehr die besten Argumente für eine Abschaffung der Zwangsfinanzierung des medialen Staatsapparates. Zum Tod des früheren Bundesaußenministers Guido Westerwelle brachte das ZDF am Abend eine Sondersendung, in der man vor allem Genugtuung zu empfinden schien. Es kamen viele Gegner Westerwelles zu Wort, auch parteiinterne. Fürsprecher, wie Australiens Außenminister, wurden der Lächerlichkeit preisgegeben. Während die Reportage die Rückschläge in der politischen Karriere Guido Westerwelles in den Mittelpunkt stellte, wurden seine Arbeit als Außenminister und seine Verdienste für die Partei kleingeredet. Fast schien es, als sei dem ZDF das Comeback der FDP ein solcher Dorn im Auge, dass man noch einmal unterstreichen wollte, der Kampf gegen die Neoliberalen könne mit Westerwelles Tod nicht zu Ende sein. War der wenig schmeichelhafte Nachruf des ZDF schon völlig unangemessen, so hatte selbst den neutralen Zuhörer am Nachmittag ob der Pietätlosigkeit des NDR das blanke Entsetzen gepackt.

In seinen Radionachrichten spielte NDR2 einen Kommentar der ARD-Hauptstadtkorrespondentin Katja Strippel ein, in dem die studierte Theaterwissenschaftlerin und Germanistin sich über den Tod des „Sozialdarwinisten, Spaß-Politikers und Besserwissers“ Guido Westerwelle ausließ. Strippels teilweise jovial vorgetragene Herabwürdigung eines Verstorbenen ist an Niederträchtigkeit kaum zu überbieten. Zwar stellen die öffentlich-rechtlichen Sender Millionen von Zuschauern und Zuhörern täglich auf eine harte Probe, doch lässt sich das immer neue Überschreiten sämtlicher Grenzen mit dem ideologischen Kampf für das eigene sozialistische Weltbild längst nicht mehr rechtfertigen. Man ist wirklich einiges gewohnt, sei es die unverhohlene Diffamierung aller politischen Ansichten, die nicht im links-grünen Milieu beheimatet sind, oder die vielen Talk- und Comedy-Formate, in denen linke Positionen in einer Art und Weise zelebriert werden, dass man sich an das DDR-Staatsfernsehen erinnert fühlt. All das könnte im Alltag unter Agitation und Propaganda verbucht und kopfschüttelnd zur Kenntnis genommen werden – wäre da nicht der Rundfunkbeitrag, mit dem wir die Politaktivisten bezahlen müssen. Doch Strippels Ausfall überschattet alles. Dabei ist es keineswegs das erste Mal, dass im linken Lager die klammheimliche Freude über das persönliche Leid eines verhassten politischen Gegners durchklingt.

Respektvoll kommentierten immerhin die Spitzen aller politischen Parteien den plötzlichen Tod einer Persönlichkeit, die zu Lebzeiten wohl so ungerecht behandelt worden ist, wie kein zweiter Politiker in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Nicht nur außerhalb der FDP wurde Westerwelle nie der Respekt zuteil, den er bei allen Fehlern verdiente. Er führte die Partei zu ihrem größten Höhenflug und gab den Menschen in Deutschland für einen Moment die freilich unerfüllbare Hoffnung, sie könnten mehr sein als nur Stimmvieh und Geldmaschine für einen außer Kontrolle geratenen Parteienstaat, der als selbstreferentielles Perpetuum Mobile nur darum kreist, wie er seine Macht absichern und das Wahlvolk auf Distanz halten kann. Guido Westerwelle war ein glaubwürdiger Kämpfer gegen sozialistische Umverteilungsphantasien, und wir sehen nicht erst heute, wie sehr diese Stimme in Europa und in Deutschland fehlt. Wer sein Wirken und sein Vermächtnis aus ideologischen Gründen in den Schmutz zieht, ist nicht nur für den Beruf des Journalisten ungeeignet, sondern lässt es vor allem an Charakter fehlen. Guido Westerwelle hätte wenigstens nach seinem Tod mehr verdient als die Häme linker Aktivisten, die es wegen ihrer bei den Sendern populären Ideologien in den Journalismus gespült hat. Ein besonderer Mensch und liberaler Vordenker ist tot. Ich werde ihn schmerzlich vermissen.

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Beitrag zuerst erschienen auf peymani.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: egon samu

Ich habe Westerwelle nicht gemocht.
Aber Merkel und ihre kriminellen Komplizen hasse ich.
Diese Schande haben die fleißigen und grenzenlos gutmütigen Deutsche nicht verdient.

Gravatar: qed

De mortuis nil nisi bene scheint so etwas Ihre Devise zu sein, Herr Peymani. Ich bin damit nicht einverstanden, denn das Kasperhafte an Westerwelle wird doch etwas arg beschönigt, das Elend des deutschen Liberalismus verkörperte sich in ihm, wenn auch wohl etwas zu Unrecht: Gegen die grünrote Undercover-Bolschewikin der CDU hatte er einfach nichts mehr zu melden. Ein Wunder noch, daß er Schland beim Totschlag Gaddhafis verstand herauszuhalten und daß er seine sexuelle Orientierung nicht wie eine Monstranz vor sich hertrug zur Entschuldigung jeder Fehlleistung wie der kotig-dreiste Rotkretin zu Berlin, ist ihm anzurechnen.
Etwas mehr Demut hätte ich mir dennoch gewünscht und das Lohnschreiberbuch, das der Selbstverliebte im Angesicht seiner schweren Erkrankung noch unter sich ließ, erinnert posthum an Wilhelm Busch und die Hühner seiner Witwe Bolte: Jedes legt noch schnell ein Ei, und dann eilt der Tod herbei- man sehe sich die Illustration dazu gut an.
Er hätte sich dieses Erbauungstraktätlein verkneifen sollen. Es ist nämlich ein Trost für uns Normalsterbliche, daß die Pech-gehabt-Statistik auch einen Westerwelle als VIP nicht aussparte. Hoffen wir dies auch für die Kreatur Angela Woldemort, deren Name in unerfreulichen Zusammenhängen nicht mehr genannt werden darf.

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