Offener Brief an die Mitarbeiter des Focus

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Liebe Focus-Mitarbeiter,

Es ist immer ein bisschen misslich, wenn man für Dinge um Entschuldigung bittet, die man weiterhin zu tun gedenkt. In der katholischen Kirche gilt für die Wirksamkeit der Beichte der echte Vorsatz, eine gebeichtete Sünde nicht wieder zu begehen. Wenn ich also zur Beichte gehe und – nur mal angenommen – vor den Herrn trage, dass ich wiederholt gestohlen habe, gleichzeitig aber nicht beabsichtige, von diesen Diebstählen zu lassen, dann wird mich der Priester, wenn ich ihm das nicht sage, womöglich lossprechen, ich lade aber gleichzeitig eine neue, möglicherweise sogar schwerere Sünde auf mich.

Nun ist das mit Entschuldigungen so eine Sache: Sich selbst entschuldigen geht sowieso nicht, um Entschuldigung bitten setzt in der Regel eben voraus, dass man sich bessern will, und man erhofft dabei natürlich, dass der Adressat diese (Bitte um) Entschuldigung auch akzeptiert. Bei meiner jetzt folgenden Entschuldigung handelt es sich um eine andere Art von Entschuldigung.

Ich beabsichtige zukünftig das Nachrichtenmagazin, für das Ihr arbeitet als „Sudelblatt“ zu bezeichnen. Vielleicht ist das den meisten von Euch sowieso egal, weil der Blog, in dem ich diesen offenen Brief schreibe, eine im Vergleich zu Eurem Magazin nur verschwindend kleine Reichweite hat. Anderen ist es vielleicht auch egal, weil sie schon wissen, dass ihr Arbeitgeber ein Sudelblatt herausgibt und sie in dieser Weise mit Überzeugung mitarbeiten. Wieder andere mögen sich davon aber beleidigt fühlen, weil sie ehrliche und hart arbeitende Journalisten sind, Redakteure, Volontaire, Grafikdesigner, was weiß ich, was es heute alles für eine Zeitung vom Bildreporter bis zum Schriftsetzer braucht. Euch alle, und das ist der Grund meiner Entschuldigung, meine ich nicht persönlich, wenn ich von einem Sudelblatt spreche. Und für Euch schreibe ich auch meine Begründung nieder:

Ich lese – muss ich zugeben – die Papierfassung Eures Magazins nur sehr selten, umso öfter verfolge ich aber die Online-Version, habe auch ein Focus-App, die mir regelmäßig wichtige Themen auf den Handy-Desktop spült. Das meiste davon sind hart erarbeitete Informationen, sauber recherchiert, manchmal auch nur als Information weiter gegeben, aber auch das ist Arbeit, die getan werden muss. Ich lese die Ergebnisse Eurer Arbeit also im Wesentlichen kostenfrei. Trotzdem verärgert es mich kolossal, wen ich tagein, tagaus in den vergangenen Wochen mit Headlines über den „Prunk-Bischof“ oder den „Protz-Bischof“ belauert werde. Den unten abgebildeten „Snapshot“ habe ich heute von Eurer Homepage gemacht. Dort wird wieder mit dem Limburger Bischof Tebartz-van-Elst aufgemacht, dem man, nur der Vollständigkeit halber, noch keinerlei rechtlich zu beanstandendes Verhalten nachgewiesen hat. Und man liest auf diesem kleinen Abschnitt nicht weniger als fünf mal den Begriff Prunk oder Protz:

Sudel-Focus

Ich möchte dabei, als tiefgläubiger Katholik, nicht den Eindruck vermitteln, als ob ich meinte, der Bischof habe alles richtig gemacht. Was er aber gemacht hat, jedenfalls alles hinsichtlich des Bischofssitzes, ist eine rein innerkirchliche Angelegenheit. Der Papst selbst hat den Bischof daher weder seines Amtes enthoben noch ihm den Rücktritt nahegelegt, sondern ihm eine Auszeit gegönnt, die er nun in einem Kloster der Benediktiner antreten wird. Zwischenzeitlich hat sich auch herausgestellt, dass die anderen Beteiligten in diesem – ja, auch ich nenne das so, wenn auch vielleicht aus anderen Gründen – Skandal alles andere als eine weiße Weste hatten. Die Gegenspieler des Bischofs in seinem Bistum überschlagen sich geradezu in ihrer Hybris, wenn sie postulieren, der Papst habe falsch entschieden und definieren wollen, wie ein möglicher Nachfolger des ungeliebten Bischofs – als ob es schon ausgemachte Sache sei, dass er nicht zurückkehren könne – auszusehen habe. Das Limburger Domkapitel könnte eigentlich froh sein, wenn Tebartz-van-Elst aus Gehorsam zum Papst wieder an seine Wirkungsstätte zurück kehrte um einen Neuanfang zu wagen. Denn der Frankfurter Stadtdekan, nur als Beispiel, glaubt doch nicht ernsthaft, dass ein zukünftiger Bischof etwas anderes in ihm sehen wird als einen sprichwörtlichen „pain in the ass“?

Tebartz-van-Elst hat Fehler gemacht, und wenn er sie auch noch nicht eingesehen oder zugegeben haben sollte, so ist doch die Auszeit und der zeitweise Rückzug in die Stille eines Klosters der Hinweis für den Willen zur Bewusstwerdung. Man könnte dem Bischof also jetzt diese Auszeit gönnen und anschließend sehen, wie es weitergeht.

Das aber scheint einigen Bluthunden in Eurer Redaktion nicht genug zu sein – sie wollen den Bischof abgeschossen sehen. Und auch wenn gilt, dass man mit Worten nur eingeschränkt verletzen kann, man kann mit ihnen ein mediales Bild erzeugen; als Mitarbeiter eines Nachrichtenmagazins werdet Ihr nicht naiv genug sein, das nicht zu wissen. Wenn man also nur immer wieder Kübel voll Dreck über jemanden auskippt, dann darf man annehmen, dass schon was hängen bleibt. Und eine kleine Spitze, nur ein Detail, mit dem Euer Sudelblatt arbeitet ist die andauernde Verunglimpfung des Bischofs als Prunk- oder Protzbischof.

Mittlerweile ist klar, dass der neue Bischofssitz nicht ein Prunkgebäude ist sondern eines, bei dem man auf Werthaltigkeit, Nachhaltigkeit Wert gelegt hat. So wie jemand der weiß, dass er mit teuren Schuhen auf Dauer günstiger fährt als mit vielen aufeinanderfolgenden billigen, so wurde auch hier Wert geschaffen. Natürlich, die Kostenentwicklung kann man nicht unkommentiert lassen, und es ist Euer Recht als Journalisten, auch darauf hinzuweisen. Am Ende muss man aber das Urteil darüber denen überlassen, die dafür tatsächlich verantwortlich sind. Die Aufgabe eines Journalisten ist nicht, ein Urteil zu sprechen, es ist auch nicht Aufgabe eines Journalisten, so lange im Dreck zu wühlen, bis ein Opfer endlich aufgibt. Ich habe den Beruf des Journalisten immer so verstanden – und für diese Art von Journalisten habe ich höchsten Respekt, weshalb ich auf diese Bitte um Entschuldigung überhaupt solchen Wert lege -, dass er der Wahrheit, in all ihrer Neutralität verpflichtet ist. Wer also glaubt Beweise zu haben, dass ein Bischof für seine private Badewanne 15.000 Euro ausgegeben hat, der darf das auch verbreiten; wenn sich dann herausstellt, dass es sich zwar um ein teures aber für Generationen haltbares Badezimmer handelt, dann hätte man auch die Pflicht, das wieder klarzustellen und nicht so zu tun, als sei diese Korrektur unwesentlich.

Ganz sicher aber ist ein persönliches Urteil wie es im Begriff des Prunk-Bischofs zum Ausdruck kommt, nicht das Tätigkeitsfeld eines Journalisten, nicht das Themenfeld einer Zeitung – es sei denn, sie will ein Sudelblatt sein. Und da sind wir nun an der Stelle, an der ich mit meinem Urteil wieder ins Spiel komme: ich bin kein Journalist, ich sehe mich auch nicht dem Bischof von Limburg verpflichtet. Ich sehe mich aber – in meiner klitzekleinen Rolle als Blogger – verpflichtet, auf Ehrabschneidungen hinzuweisen, wo sie auftreten. Das könnte auch Eure Aufgabe als Mitarbeiter sein, sodass Ihr vielleicht auch darauf hinwirken könntet, dass besagte Schlagzeilen zukünftig vielleicht weniger hetzerisch, wohl auch weniger auflagenträchtig, aber dafür mit mehr Wahrhaftigkeit formuliert werden.

Ich fordere niemanden dazu auf, den „Fall Limburg“ einfach auf sich beruhen zu lassen, das würde Eurem Beruf nicht gerecht, aber ich fordere zu Fairness auf, auch denen gegenüber, deren Positionen Ihr nicht teilt, die Ihr bekämpft und die Euch vielleicht sogar auch bekämpfen. Was hier – nach Feststellung aller bislang bekannten Fakten – offenbar passieren soll, ist die Vernichtung einer Persönlichkeit, dessen Wert man nicht einfach auf den Preis eines Bistumszentrums oder eines 1.-Klasse-Fluges nach Indien reduzieren kann.

Sobald ich einen Gesinnungswechsel bei Eurem Arbeitgeber feststellen sollte, werde ich natürlich auch wieder von der Bezeichnung Sudelblatt abrücken; bis dahin hoffe ich in denen von Euch, die sich dadurch beleidigt fühlen, weil sie die Linie ihres Arbeitgebers gar nicht so vertreten, Mitstreiter zu finden. Es ist nicht schön, so beschimpft zu werden (auch wenn ich wie beschrieben Euch damit gar nicht meine), das bemerkt im Moment niemand mehr als der Limburger Bischof. Vielleicht können wir gemeinsam daran arbeiten, dass sich der Stil Eures Arbeitgebers wieder zu einem seriösen Nachrichtenmagazin entwickelt. Bis dahin bitte ich Euch um Vergebung darum, Euch mit den wirklich Verantwortlichen Eures Magazins in einen Topf zu werfen – eine Differenzierung wird mir aber nicht immer gelingen, und so kann ich nur um Euer Verständnis und um Eure Mitarbeit bitten!

Herzliche Grüße und Gottes reichen Segen

Felix Honekamp

(Der Papsttreue)

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