Nuhr gegen Salafisten – oder mehr?

Für einen wesentlichen Spruch des erfolgreichen kommunikativen Miteinanders halte ich den Satz „No jokes with names! – Keine Witze über Namen!“ Irgendeines Menschen „spaßigen“ Namen, ob von den Eltern unglücklich gewählt oder aus der geschichtlichen Namensentwicklung gepurzelt, als Anlass für Spott zu begreifen, zeugt von einer eher niedrigen Gesinnung, ist Stammtischniveau.

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Einzige Ausnahme: Der Betroffene macht sich selbst über seinen Namen lustig oder nutzt ihn in humoristischer Weise. Da Dieter Nuhr das mit seinen Namen regelmäßig macht, habe ich mir erlaubt, diese Herangehensweise auch für den Titel dieses Beitrags zu nutzen.

Es ging durch die Presse: Irgendein dauerbeleidigter Moslem, mutmaßlicher Islamist und Salafist, hat Dieter Nuhr wegen der „Beschimpfung von Bekenntnissen und Religionsgemeinschaften“ angezeigt. Auslöser waren offenbar solche Sätze wie „Während auf islamische Märtyrer 72 Jungfrauen im Himmel warten, wartet auf die Frauen nur der eigene Ehemann. Wenn man nicht wüsste, dass der Koran Gottes Wort ist, könnte man meinen, ein Mann hätte ihn geschrieben.“ oder „Im Islam ist die Frau zwar frei, aber in erster Linie frei davon, alles entscheiden zu müssen.“

Ehrlich gesagt kenne ich mich mit dem Koran und der islamischen Lehre nicht richtig gut aus. Der Islam ist aber die einzige Religion, von der zumindest wahrgenommen wird, dass Selbstmordattentäter in ihr einen Freifahrtschein ins Paradies gewinnen und zu deren kulturellen Gepflogenheiten es offenbar gehört, Frauen aufzuhängen, die einen Vergewaltiger mit einem Messer tödlich verletzt haben. Der Islam ist die einzige mir bekannte Religion, bei deren politischer Machtübernahme weltweit jeder Andersdenkende um seine Freiheit und sein Leben fürchten muss. So gesehen ist die Thematisierung durch Dieter Nuhr vielleicht in der Tat weder Satire noch Comdey sondern eine ziemlich schonungslose Darstellung der Realität.

Nun sind es andererseits – ich habe das schon mehrfach geschrieben – nicht die Muslime aus der Gemeinde um die Ecke, die so was vom Zaun brechen, es ist mithin nicht legitim, alle in einen Topf zu werfen. An dieser Stelle greift dann aber etwas, was ich mal als die künstlerische Freiheit des Kabarettisten nennen würde. Auch wenn Verallgemeinerungen in diesem Sinne nicht legitim sind, so kann man doch erkennen, woher der Ansatz stammt. Der selbstkritische muslimische Gläubige sollte zumindest in der Lage sein zu erkennen, woher die in humoristische Formulierungen eingekleidete Vorwürfe kommen. Wenn er selbst humorvoll ist, dann kann er vielleicht auch darüber lachen – zumindest wird er sich aber nur in Maßen aufregen.

Anders gesagt: Man muss schon eine Menge radikalen Gedankengutes in sich tragen, wenn man der Ansicht ist, Sätze wie die oben zitierten sollten verboten, ihr Aussprechen bestraft werden. Ist nicht so ganz weit von den Fatwas der Mullahs entfernt, die Kritik am Islam und an Mohammed geahndet sehen wollen. Dieter Nuhr kann man nur danken, dass er sich von solchen islamistischen Dumpfbacken nicht beeindrucken lässt, wie es viele seiner Comedy-Kollegen leider tun und sich aus Angst vor den Reaktionen, zu deren kleinsten gehören kann, als „islamophob“ gebrandmarkt zu werden, Witze über den Islam lieber verkneifen.

Dass Nuhr jetzt aber von vielen als der Retter der Ehre des christlichen Abendlandes hochstilisiert wird, entbehrt allerdings auch nicht einer gewissen Ironie. Ich verfolge Sendungen von Dieter Nuhr am TV an sich ganz gerne, sein Jahresrückblick gehört zu den besten, die das Fernsehen zu bieten hat, muss mir aber bei seiner Kritik an der Kirche, meist geht es dabei gegen die katholische, auf die Zunge beißen. Da kriegt auch unsere Kirche ihr Fett weg, es wird hinsichtlich Kindesmissbrauch, Piusbruderschaft und Umgang mit Homosexuellen pauschaliert was das Zeug hält und man ist geneigt, ihm zuzurufen, er solle sich doch mal mit ganz normalen Katholiken unterhalten, die ihren Glauben leben, die Sünde hassen und den Sünder lieben … Nein, Dieter Nuhr ist, auch wenn er den Islam kritisiert, kein Freund der Kirche – ob er sich überhaupt als ein Freund des christlichen Glaubens sieht, würde ich zumindest auch bezweifeln, kann ich aber nicht sicher sagen.

Aber ich gebe zu, wenn es mir zu viel wird und ich bei Nuhrschen Kirchenthemen doch wegschalte, weil ich insbesondere den Umgang mit einem Thema wie Kindesmissbrauch oder seine damalige Kritik an Papst Benedikt für nicht sachgerecht halte, tue ich das mit ein klein wenig schlechtem Gewissen, einfach weil ich der Meinung bin, so eine Kritik, die auf wahren, wenn auch über- oder missinterpretierten Begebenheiten basiert, auch aushalten können zu müssen. Das fällt mir bei politischen Themen mehr, bei Glaubensthemen weniger leicht – was zu einer anderen „Barkeeperweisheit“ führt, dass Diskussionen über den Glauben im Zweifel zur Eskalation neigen.

Wo ist dann aber der Unterschied zwischen denen, die jemanden wie Dieter Nuhr und seine Art der Satire zumindest schweigend ertragen und denen, die nun meinen, so etwas gehöre bestraft?

Lassen wir den Künstler doch noch mal zu Wort kommen in einem transkribierten Beitrag, den ich aus dem Programm Dieter Nuhrs aus 2009 gefunden habe (siehe hier):

Und das sind die allerschlimmsten: die keinen Zweifel kennen. Die Menschen, die Welten in Schutt und Asche gelegt haben, haben immer zu wenig gezweifelt. Ich sag immer: Zweifelt! Detoniert nicht! Zumindest nicht aus eigenem Antrieb. Aber wer glaubt, er hätt’ die Wahrheit gepachtet, das sind die ganz schlimmen, die wollen ja nur was besseres sein, darum geht‘s im Grunde: besser zu sein als der andere, was Besseres zu sein!

Dieser Zweifel, so wie ich ihn verstehe, ist weit entfernt von jedem Relativismus, ganz im Gegenteil: aus christlicher Sicht setzt mein Zweifel Gott absolut, und ich kann nur versuchen, ihn mehr und mehr zu verstehen. Kardinal Ratzinger hat dazu mal einen Satz geschrieben, der sich mir ebenfalls eingeprägt hat: Im Zweifel begegnen sich Atheist und Gläubiger! Der Zweifel, ob ich als Mensch vielleicht auf dem Holzweg sein könnte, er ist es, der Gott absolut setzt!

Und so hoffe ich, dass das Stillhalten vieler Christen, wenn ihre Religion mal wieder in den Dreck gezogen oder Ziel übertriebener Satire wird, nicht einer Lethargie entspringt sondern dem Wissen, dass man selbst auch nicht alles weiß und dem Wunsch, mehr zu verstehen von Gott und dem, wie er uns sieht. Keine Ahnung, ob das auch die Gedanken sind, die einen Dieter Nuhr umtreiben, aber wenn ich so denke, dann bin ich auch dankbar, dass er seine Kritik, egal an wem und welcher Religion, in Deutschland aussprechen darf. Ein Land, in dem Kritik wie seine nicht mehr ausgesprochen werden darf, kann im Grunde kein christliches Land sein, in einem solchen Land würde ich nicht leben wollen!

Beitrage erschien auch auf: papsttreuer.blog.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Klartexter

Herr Honekamp, was sie nicht schreiben ist, dass sich das Christentum nicht zuletzt durch die Reformation hin zu einer offneren Religion entwickelt hat. Eine Reformation hat im Islam nie stattgefunden und die strenggläubigen Islamisten sind in ihrem Denken über das 7. und 8. Jahrhu8ndert nach Christi nie hinausgekommen. Sie schreiben, dass es "nicht die Muslime aus der Gemeinde um die Ecke, die so was vom Zaun brechen". Das ist nur sehr bedingt richtig, denn auch gerade Die können von heute auf morgen zu radikalen Islamisten werden, was sich ja gerade in jüngster Vergangenheit und Gegenwart täglich vollzieht. Eine Frau aufhängen, wel sie ihren Vergewaltiger ersticht, ist in unseren Augen schändlich, aber nach der Scharia rechtens, genau so wie die noch unmenschlichere Steinigung. Die Scharia wurde bei ihnen ausgeblendet, obwohl sie die Rechtsprechungsgrundlage für die Muslime ist, also so etwas wie das Grundgesetz mit allen Ausführungsbestimmungen des Strafrechts etc.. Das der Islam mit Spaß und den meisten kulturellen Dingen des täglichen Lebens, wie Tanz, Theater, Oper, Operette, Balett, klassische Musik, Kleidungsfreiheit, Mischehen, Tolleranz etc., überhaupt nichts im Sinn hat, beweisen die Fatwas gegen Karikaturisten, Schriftsteller und ausgeführte Morde. Was Dieter Nuhr tut, dass ist, er lebt in seinen Satiresendungen unsere Kultur, unsere absolut richtige Tolleranz gegenüber kritischen Beiträgen jeder Art und Weise. Wenn es gegen die katholische Kirche gerichtet ist, dann bin ich mir sicher, machen sich katholische Gestliche darüber Gedanken, wenn es gegen den Islam ist, wenn auch noch so harmlos, dann ist das Geschrei, die Empörung und die Drohgebärden die Standartreaktion. Nun behaupte noch jemand, der Islam gehöre zu Deutschland. Er ist da, was uns noch fatal auf die stillgehaltenen Füße fallen wird, aber er wird sich, wenn er sich nicht ändert, niemals zu Deutschland gehören. Welches Rezept hat die deutsche Politik zur Assimilation und Integration des Islam in Deutschland, ohne Schaden für die freie deutsche Zivilgesellschaft. Sie hat kein Rezept, weil es dafür keine Medizin und keine Therapie gibt, sondern nur die Unterordnung unter einen islamisch geführten Staat. Der kommt, denn ich glaube was Sarrazin geschrieben hat und niemand konnte bisher das Gegenteil beweisen.

Gravatar: Rüdiger Braun

Zitat:
Nun sind es andererseits – ich habe das schon mehrfach geschrieben – nicht die Muslime aus der Gemeinde um die Ecke, die so was vom Zaun brechen...
:tatiZ

Und das wissen Sie woher genau?
Das regelmässig in diesen "Gemeinden um die Ecke" ebensolche Hassprediger eingeladen werden um die Gläubigen auf Spur zu halten ist Ihnen wohl vollständig entgangen.

Ziata:
Der selbstkritische muslimische Gläubige sollte zumindest in der Lage sein zu erkennen, woher die in humoristische Formulierungen eingekleidete Vorwürfe kommen. Wenn er selbst humorvoll ist, dann kann er vielleicht auch darüber lachen – zumindest wird er sich aber nur in Maßen aufregen.
:tatiZ
Entschuldigen Sie bitte, kennen Sie die Reaktion von Mayzek auf die Frage nach dem Humor im Islam? Das war recht armselig.
Bitte was ist oder wo ist dieser "selbstkritischer Moslem" von Ihnen als "muslimischer Gläubiger" verbrämt. Es gibt keinen! Nirgends weder in den Zeitungen noch im TV hat sich dieser selbstkritischer Mohammedaner je gemeldet.
Wenn es das tatsächlich irgendwo geben würde, müsste man doch Spuren davon irgendwo finden. Aber da ist nichts, rein gar nichts, kein Spürchen einer Spur...

Christliche Nächstenliebe sollte vor allem nicht blind sein, Sie sind es aber...

Gravatar: Andreas Sommer

Prima. Dankbar sein wenn sich Hassprediger an die Gesetze halten.

Gravatar: Waldgänger aus Schwaben

"Irgendein dauerbeleidigter Moslem, mutmaßlicher Islamist und Salafist" hat einen Namen: Erhat Toka. Diese Herabsetzung hätte nicht sein müssen. Christen sind auch nicht immer perfekt.

Auch wenn Herr Toka kein ganz unbeschriebenes Blatt zu sein scheint:

http://www.tagesspiegel.de/politik/unter-dem-deckmantel-der-demokratie-verfassungsschutz-warnt-vor-muslimischer-partei/7065948.html


Positiv zu werten ist, dass Herr Toka den Rechtsstaat bemüht und nicht zur Fatwa greift. Insofern schon ein gewisser Fortschritt erkennbar.

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