Nie war er so wertvoll wie heute

Am 18. Mai 1891 veröffentlichte Papst Leo XIII. seine Sozialenzyklika “Rerum novarum”.

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Vor allem setzt sich der Papst in diesem Schreiben mit der Arbeiterfrage auseinander. Die sozialen Verhältnisse der Menschen waren durch die industrielle Revolution nachhaltig erschüttert. Armut, Verwahrlosung, Entwurzelung auf der einen Seite, ein nie gekannter Reichtum und Dekadenz auf der anderen Seite. Politisch erstarkten die Kommunisten langsam nach und nach. Auch gemäßigtge Arbeitervereine und -parteien wußten sich der Ideologie von Marx und Engels verpflichtet.

Immer dann, wenn wirtschaftliche, politische oder (wie gerade jetzt) demographische Umbrüche den politischen und gesellschaftlichen Diskurs dominieren, gerät eine Einrichtung immer ins Visier der Ideologen und natürlich auch der Wirtschaft: Die Familie.

Unter dem Eindruck des Arbeiterelendes und der Verwahrlosung von Arbeiterkindern kamen die Kommunisten sehr schnell auf die Idee, alle Kinder unter gesellschaftliche Betreuung zu stellen. Der positive Nebeneffekt, wer nie etwas anderes als Rotlicht sieht, wird ein treuer Parteisoldat.

Auch die Wirtschaft hat inzwischen die Vorteile der Fremdbetreuung von Kindern verstanden. Mami und Papi arbeiten 24/7 in wechselnden Schichten, der Nachwuchs wird in staatlich finanzierten Krippen erzogen. (N.B.: Ordoliberale müßten Zeter und Mordio schreien, denn es handelt sich um Externalisierung interner Kosten.)

Merkt eigentlich bei all dem Geschwafel um gut ausgebildete Frauen, die sich selbst verwirklichen wollen, noch irgendjemand, daß die meisten Leute, die für ihre Kinder eine Intensivkrippenbetreuung brauchen, Arbeiter im Niedriglohnsektor sind, die bis zum Umfallen arbeiten müssen, gerade so über die Runden kommen und nicht einmal Zeit für ihre Kinder haben?

Ja, es gibt die gut ausgebildete Karrieremami im Buisinesskostüm, die ihr Ding macht. Diese finden allerdings, da sie auch sonst lösungsorientiert arbeiten, in den meisten Fällen andere Wege als eine 24/7- Kita in einem Arbeiterstadteil.

Man muß sich wirklich den beißenden Zynismus und die Verblendung von orwellschen Ausmaßen klar machen, wenn man die immer neuen, immer weiter gehenden Forderungen nach Kitas, neuen Kitas, noch mehr neuen Kitas hört. Die Menschen im Land ächzen unter Steuer- und Abgabenlasten, immer neue Steuern werden erfunden, der befristete Solizuschlag soll entfristet werden. Eltern in niedrigen Einkommenssegmenten müssen den Zweit- und Drittjob erwägen, um noch die Miete zahlen zu können, von den Kosten für die Kita, die bei aller staatlichen Finanzierung immer noch bestehen, ganz zu schweigen.

Es gäbe eine einfache Lösung: Man gebe den Familien das Geld, das für den Ausbau und Betrieb der Kitas aufgewandt werden muß und lasse die Familien ihre Dinge regeln.

Papst Leo XIII. schrieb schon 1891 dazu:

Ein großer und gefährlicher Irrtum liegt also in dem Ansinnen an den Staat, als müsse er nach seinem Gutdünken in das Innere der Familie, des Hauses eindringen. Allerdings, wenn sich eine Familie in äußerster Not und in so verzweifelter Lage befindet, daß sie sich in keiner Weise helfen kann, so ist es der Ordnung entsprechend, daß staatliche Hilfeleistung für die äußerst Bedrängten eintrete; die Familien sind eben Teile des Staates. Ebenso hat die öffentliche Gewalt zum Rechtsschutz einzugreifen, wenn innerhalb der häuslichen Mauern erhebliche Verletzungen des gegenseitigen Rechtes geschehen: Übergriffe in Schranken weisen und die Ordnung herstellen heißt dann offenbar nicht Befugnisse der Familie und der Individuen an sich reißen: der Staat befestigt in diesem Falle die Befugnisse der einzelnen, er zerstört sie nicht. Allein an diesem Punkt muß er haltmachen, über obige Grenzen darf er nicht hinaus, sonst handelt er dem natürlichen Recht entgegen. Die väterliche Gewalt ist von Natur so beschaffen, daß sie nicht zerstört, auch nicht vom Staate an sich gezogen werden kann; sie weist eine gleich ehrwürdige Herkunft auf wie das Leben des Menschen selbst. “Die Kinder sind”, um mit dem hl. Thomas zu sprechen, “gewissermaßen ein Teil des Vaters”; sie sind gleichsam eine Entfaltung seiner Person. Auch treten sie in die staatliche Gemeinschaft als deren Teilnehmer, wenn man im eigentlichen Sinne reden will, nicht selbständig, nicht als Individuen ein, sondern vermittels der Familiengemeinschaft, in welcher sie das Leben empfangen haben. Aus eben diesem Grunde, weil nämlich die Kinder “von Natur einen Teil des Vaters bilden, stehen sie”, nach den Worten des heiligen Lehrers, “unter der Sorge der Eltern, ehe sie den Gebrauch des freien Willens haben”. Das sozialistische System also, welches die elterliche Fürsorge beiseite setzt, um eine allgemeine Staatsfürsorge einzuführen, versündigt sich an der natürlichen Gerechtigkeit und zerreißt gewaltsam die Fugen des Familienhauses.

Rerum Novarum, Nr. 11

Damit das auch wirklich funktioniert hatte der Papst gefordert, daß der Lohn eines Arbeiters ausreichen müsse, um seine Familie zu ernähren.

Das Modell des Papstes ist denkbar einfach:

Eine Familie ->Ein Verdiener und einer kümmert sich um die Kinder.

Wir können das heute sicher flexibler. Das Heimchen am Herd mit gestärkter weißer Schürze war immer nur kurze Zeit ein etwas überromantiesiertes Ideal. Biedermeier und 50er Jahre reichen sich die Hand. Das Prinzip eine Familie ein Verdiener jedoch ist Grundlage für das Funktionieren einer zivilisierten Gesellschaft. Und ja, meine Urgroßmutter hatte Hühner und nicht selten – besonders kurz vor der Ernte – war das Eiergeld das einzige Bargeld im Haus. Doch ja, meine Großmutter hatte einen Getränkeverkauf, und das “Biergeld” ermöglichte ihr so manches kleine Extra. Prinzip war aber immer die Eigenverantwortung der Menschen für ihre Familie und die stabile Präsenz eines Menschen (meist der Mutter) so lange es die Kinder brauchen.

Dagegen steht heute die Gier der Wirtschaft nach der Arbeitskraft der Frauen. Der demografische Wandel generiert – so will man uns glauben machen – einen Fachkräftemangel. Ironischerweise muß dann doch eine Frauenquote her, angeblich damit die Frauen auch in Führungspositionen kommen.

Der Familiensynode im kommenden Jahr sei ans Herz gelegt, eine Relecture von Rerum novarum auf die heutige Zeit und die heutigen Bedingungen der Familien in den westlichen Nationen. Es bedarf eines päpstlichen Wortes von der Schärfe und Klarheit der Worte Leo XIII. auch in unseren Tagen und unter den Bedingungen ein postindustriellen Gesellschaft, deren Umbruch nicht weniger Arbeiterelend zu produzieren das Potential hat, wie die industrielle Revolution.

Es ist hoch an der  Zeit, die Familien und ihre Kinder aus der Knechtschaft des postindustriellen neosozialistischen Staates und seiner Wirtschaftsverbände zu befreien.

Beitrag erschien auch auf: katholon.de

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