Neujahr

Nach der Abrechnung ist vor dem Aufbruch. Papst Benedikt zwischen den Jahren.

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Das Jahresende ist die Zeit der Abrechnung. Da werden die Tops und Flops verkündet, die „Ins“ und „Outs“ gekürt und lauter launige Listen erstellt mit den 10, 50, 100 peinlichsten, schönsten und/oder teuersten Menschen, Ereignissen und/oder Artefakten, die das vergangene Jahr prägten. Die US-amerikanische Monatszeitschrift „Foreign Policy“ möchte da nicht nachstehen und präsentiert in ihrer Dezember-Ausgabe die „100 global thinkers of 2009“.

Benedikt der 17.

Zwischen all den Naturwissenschaftlern und Ökonomen, die ihre Thesen zur Evolution (Darwinjahr) oder Wirtschaftsordnung (Finanzkrisenjahr) medienwirksam platzierten und natürlich den Publizisten, die das muntere Treiben kritisch begleiteten, taucht unter den 100 bedeutendsten Intellektuellen des Jahres auf Platz 17 Papst Benedikt XVI. auf. Begründet wird dies zum einen mit der 2009 erschienenen Enzyklika „Caritas in veritate“, zum anderen damit, dass der Heilige Vater ein schwieriges Jahr mit großen Herausforderungen hinter sich habe, deren Bewältigung Klugheit und Weitsicht erforderten. Wie ein Fels in der Brandung markiert er den Beitrag der Kirche, des ältesten „global thinkers“ überhaupt.

Frieden fördern, Schöpfung bewahren

Der Jahresbeginn ist die Zeit der Aufbrüche. Papst Benedikt wagt diesen mit seiner Botschaft zum Neujahrstag, dem Weltfriedenstag 2010, die den Titel trägt: „Willst du den Frieden fördern, so bewahre die Schöpfung“. Darin begründet er den Zusammenhang von christlicher Friedensethik mit schöpfungstheologischen Vorstellungen, da die „zahlreichen Gefährdungen, die den Frieden und die authentische ganzheitliche Entwicklung des Menschen bedrohen“ nicht nur in unmittelbarer „Grausamkeit des Menschen gegen den Menschen“, also in  „Kriegen, internationalen und regionalen Konflikten, Terrorakten und Menschenrechtsverletzungen“ bestehen, sondern zunehmend in unserem Umgang mit der Schöpfung ihre Ursache haben: „Nicht weniger besorgniserregend sind jedoch jene Gefahren, die vom nachlässigen – wenn nicht sogar mißbräuchlichen – Umgang mit der Erde und den Gütern der Natur herrühren, die uns Gott geschenkt hat.“ Benedikt wiederholt daher seinen Aufruf vom Weltfriedenstag 2008, „jenen Bund zwischen Mensch und Umwelt zu erneuern und zu stärken, der ein Spiegel der Schöpferliebe Gottes sein soll – des Gottes, in dem wir unseren Ursprung haben und zu dem wir unterwegs sind“.

Gute Fragen

Der Papst fragt: „Wie könnte man gleichgültig bleiben angesichts von Phänomenen wie dem globalen Klimawandel, der Desertifikation, der Abnahme und dem Verlust der Produktivität von großen landwirtschaftlichen Gebieten, der Verschmutzung von Flüssen und Grundwasser, dem Verlust der Biodiversität, der Zunahme von außergewöhnlichen Naturereignissen und der Abholzung in tropischen Gebieten. Wie könnte man das wachsende Phänomen der sogenannten ,Umweltflüchtlinge’ übergehen: Menschen, die aufgrund der Umweltschäden ihre Wohngebiete – oft auch ihr Hab und Gut – verlassen müssen und danach den Gefahren und der ungewissen Zukunft einer zwangsmäßigen Umsiedlung ausgesetzt sind? Wie könnte man untätig bleiben angesichts der schon bestehenden und der drohenden Konflikte um den Zugang zu den natürlichen Ressourcen?“ Ja: Wie?

Kleiner Tipp

Zurück zu den „100 global thinkers“. Ich möchte den Tipp wagen, dass von den 100 Namen auf der Liste im kommenden Ranking 90 nicht mehr zu finden sein werden. Für Benedikt stehen die Chancen auf Wiederaufnahme in den Elite-Club der Denker indes gut – an intellektuellen Herausforderungen wird es ihm auch 2010 nicht mangeln. Und mit seiner Botschaft zum Weltfriedenstag hat er gleich eine gute Grundlage gelegt, als „globaler Denker“ unserer Zeit über die Kirche hinaus Beachtung und Anerkennung zu finden. Wichtiger indes ist die Tatsache, dass Benedikt nachdrücklich dazu einlädt, Natur- und Umweltschutz auf der Basis der Schöpfungstheologie und als Beitrag einer holistischen Friedensethik zur Sache der Kirche zu machen.

 

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