Doch der Dichter und Übersetzer Rudolf Alexander Schröder habe in seinem Vortrag "Die Komposition der Ilias" (1930 in Heidelberg) darauf hingewiesen, dass der Begriff der Menis im Proömium der Ilias nicht nur das Verhältnis zu Agamemnon bezeichne, sondern eine wesentliche Charaktereigenschaft des Achilleus: "Sagt es denn überhaupt, daß der Zorn, die Menis, in irgendeinem Sinne gleichbedeutend sei mit dem Zwist der Könige? Sagt es nicht vielmehr deutlich, dieser Zwist sei lediglich Anfang und Anlaß seines Ausbruchs gewesen? ... Der Zwist ist Ausgangspunkt, aber die Menis, die Raserei, die unbändige Zornwut des Helden, vor der schon sein greiser Vater gebangt, tobt sich erst in dem Katarakt jener Gesänge, in denen man vorgegeben hat, sie zu vermissen, tobt sich in voller Entsetzlichkeit erst aus, nachdem der Liebhaber der Briseïs, der Hinterbliebene des Patroklos, aus dem Orlando inamorato zum Orlando furioso geworden ist."
Auf den zweiten, geweiteten Blick sei dann 'Zorn' doch die treffendere Übersetzung, schreibt H. Bereit zu sein für den gewaltigen Zorn ist aus dieser Sicht sozusagen der normale Ausnahmezustand des Pelidengemüts, der Groll auf Agamemnon setzt diese Zornesbereitschaft nur temporär außer Kraft. Diese Argumention hat viel für sich. Und da Achilleus jung sterben wird und bis dahin viel zu kämpfen bekommt, könnte er solch permanente Entflammbarkeit sogar ein Heldenleben lang durchhalten.
Beitrag erschien auch auf: michael-klonovsky.de
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