Mittelstandsförderung?

Ein Beispiel.


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In Frankfurt am Main, der Kapitale des deutschen Kapitalismus, ist die Gentrifizierung voll im Gang. In der FR wurde kürzlich behauptet, dass teure Stadtteile wie das Westend, das Nordend oder Bockenheim von Rechtsanwälten, Ärzten und Architekten, die sich die Grundstückspreise leisten könnten, übernommen würden. Prompt reagierte eine Architektin auf dieses alt-linke Vorurteil per Leserbrief. Davon, schrieb sie, könne überhaupt nicht die Rede sein. Gerade der freiberufliche Mittelstand sei nicht mehr in der Lage, Quadratmeterpreise zwischen 5000 und 10.000 Euro zu bezahlen und müsse in die Peripherie wegziehen. Die einzigen, die diese horrenden Preise, dann aber locker, bezahlen könnten, sind Banker. 

Makler berichten davon, dass die Barzahlung von einer Million Euro keine Seltenheit sei. Dieses, wohlgemerkt, kurz nach einer Finanzkrise, die angeblich die Banken so schwer erschüttert hat, dass sie teilweise auf Staatsgelder angewiesen waren. In Frankfurt war von Krise allerdings nie etwas zu spüren. Die Boni sind mittlerweile weiter angestiegen. In den Restaurants der erwähnten Stadtteile sieht man immer mehr von den großmäulig schreienden, polternden Anzugträgern, die leicht an ihrem einzigen Gesprächsthema, dem Geld, erkennbar sind: Es sind Banker. Die attraktiven Wohngegenden der Innenstadt werden von ihnen komplett aufgekauft. Stinklangweilige Monokultur.

Jedenfalls in Frankfurt ist deutlich erkennbar, dass der klassische Mittelstand zu den Verlierern der ökonomischen Entwicklung gehört, und Frankfurt dürfte so etwas wie ein Lackmustest für eine generelle Entwicklung sein. Die FDP, angeblich die Partei des freiberuflichen Mittelstandes, hat niemals irgendetwas gegen diese Entwicklung unternommen. Ihre diesbezüglichen Beteuerungen sind bestenfalls Folklore, in Wahrheit verlogen. Sie ist die Partei des Neoliberalismus. Viele Angehörige dieser Schicht sind darum mittlerweile zu den Grünen gewechselt. Möglicherweise ein Mißverständnis. In Baden-Württemberg wird sich zeigen, ob dem dort noch gesunden Mittelstand auch da, aber diesmal von links, die Grundlagen seiner Existenz ruiniert werden.

 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Nominallohn-Erhöhung

Das ist richtig. Für die Banken sind es ja sogar reale Gewinne, wenn die Nominalgewinne sozusagen über der Inflationsrate liegen. Wenn diese Inflation dann im Rest der Wirtschaft ankommt, ist es für die anderen Teilnehmer (heutzutage alle, die nicht als Aussteiger leben) schlecht. Besonders für die, die nicht in Sachwerte flüchten können. Für diejenigen Haushalte, die wirklich große Anteile ihres Einkommens in Basiskonsum (Lebensmittel, Versicherungen, Obdach) und sozialen Standardkonsum (kulturelle und modische Ausstattung) stecken müssen, ist es meist nicht möglich, Kapital in verschiedenen Anlageformen anzusparen.
Der ALGII-Empfänger verliert auch durch die Inflation. Auch wenn er eventuell irgendwann mal wieder eine inflationsrelativierende Transfererhöhung erleben darf.

Vielleicht: An der Entwicklung/Situation eines Systems stimmt etwas nicht, wenn zu viele Menschen etwas verlieren, auch wenn sich an den restlichen Daten nicht so viel geändert hat.

Gravatar: Adorján F. Kovács

"An der Leistungs- und Innovationsfähigkeit der Wirtschaftsstruktur ändert eine Großteils beim Bankensektor verbleibende Geldmengeninflation nichts."
Ihr Wort in Gottes Ohr. Aber nicht jedem gehört ein "Unternehmen, das belastbares Eigentum besitzt", und mit "nominalen Gewinnen" lässt sich eben doch eine Menge kaufen. Der Mittelständler aber schaut in die Röhre.

Gravatar: Nominallohn-Erhöhung

O je. Neoliberalismus. Ein Wort, keine Definition, aber für jeden ein passendes Feindbild.
Die Banken verdienen deshalb wieder so gut, weil die Zentralbanken die Wirtschaft mit Geld fluten wollen, aber davon nur ein winziger Teil beim wirtschaftsaktiven Sektor ankommt. Der Großteil bleibt im Banksektor und muss dort - sonst macht es der Konkurrent - angelegt werden. Folge: Neue Blasen und neue nominale Gewinne bei den Banken. Aktivwirtschaftliche Wirkung: Gering. Unternehmen, die belastbares Eigentum besitzen, die Innovationen liefern können, etc. wären auch ohne Geldmengenaufblähung in der Lage, Kredite zu bekommen. An der Leistungs- und Innovationsfähigkeit der Wirtschaftsstruktur ändert eine Großteils beim Bankensektor verbleibende Geldmengeninflation nichts.

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