Menschenrechtsbildung (Teil 3)

Die Erziehung junger Menschen zu Bürgern, die ihre Rechte kennen und die Rechte anderer achten, steht im Zentrum jeder Pädagogik. Ganz besonders gilt dies für die elementaren Menschenrechte. Menschenrechtsbildung gehört auf den Stundenplan.

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Teil 3 – Deutschlands Defizit, oder: Menschenrechtsbildung ist Aufgabe von Staat und Gesellschaft

Zahlreiche Studien der letzten Jahre weisen hierzulande gravierende Defizite in bezug auf das Thema Menschenrechtsbildung auf. Nach dem PISA-Schock scheint nun – in gewisser Weise konsequent – die bittere Erkenntnis zu stehen, dass das „Land der Dichter und Denker“ auch in der Menschenrechtsbildung nur noch zweitklassig ist. In ihrer empirischen Studie zur Menschenrechtsbildung kommen Claudia Lohrenscheit und Nils Rosemann zu dem erschreckenden Ergebnis, dass Deutschland diesbezüglich „etwa zehn Jahre hinter der internationalen Entwicklung zurück“ liegt (Claudia Lohrenscheit / Nils Rosemann: Perspektiven entwickeln. Menschenrechtsbildung in Deutschland. 2003, S. 17). Erhebliche Defizite wurden hinsichtlich der Lehrmittel festgestellt. Eine Schulbuchanalyse in Baden-Württemberg, durchgeführt von Volker Druba, offenbart zahlreiche Mängel. So komme die Menschenrechtsthematik, wenn überhaupt, überwiegend als fakultativer, nicht als verpflichtender Lerninhalt vor (Volker Druba: Menschenrechte in Schulbüchern. Frankfurt 2006). Anja Mihrs Analyse der „Dekade für Menschenrechtsbildung“ (eine UN-Initiative für die Jahre 1995 bis 2004) zeigt, dass diese im Grunde spurlos an Deutschland vorbeiging, da es keinen Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der Initiative gegeben habe. Wenn es überhaupt Bildungsmaßnahmen zu Menschenrechten gebe, so Mihr, dann werden diese in der Regel nicht staatlicherseits organisiert, sondern von Nichtregierungsorganisationen (Anja Mihr: Die UN-Dekade für Menschenrechtsbildung. Eine Bilanz. In: Siegfried Frech / Michael Haspel [Hrsg.]: Menschenrechte. Schwalbach/Taunus 2005, S. 189-209). Es wird klar, dass die Bundesrepublik das Klassenziel der „Dekade“ nicht erreicht hat. So verwundert es nicht, dass die Marburger Psychologen Gert Sommer und Jost Stellmacher zusammen mit ihrem Leipziger Kollegen Elmar Brähler zu dem Ergebnis kommen, dass Menschenrechte in Deutschland zwar als sehr wichtig angesehen werden, dass aber das Wissen über Menschenrechte und die Bereitschaft zum Engagement für Menschenrechte in der deutschen Bevölkerung gering sind (Gert Sommer / Jost Stellmacher / Elmar Brähler: Menschenrechte in Deutschland: Wissen, Einstellungen und Handlungsbereitschaft. In: Siegfried Frech / Michael Haspel [Hrsg.]: Menschenrechte. Schwalbach/Taunus 2005, S. 211-230).

Ohne Zweifel: Diese Resultate sind alarmierend, weil „mangelnde Menschenrechtsbildung die Gefahr erhöht, dass Menschenrechtsverletzungen hingenommen und Menschenrechte für bestimmte Interessen instrumentalisiert und missbraucht werden“ (Gert Sommer / Jost Stellmacher: Menschenrechtsbildung – eine gesellschaftspolitische Aufgabe. In: Wissenschaft und Frieden, Jg. 25 [2007], Nr. 2, S. 34-37, hier: S. 37). Menschenrechtsbildung, bei der Wissensvermittlung, gezielte Unterstützung von menschenrechtsfokussierten Einstellungen und Bewertungen sowie die Erhöhung der Handlungskompetenzen untrennbar zusammen gehören, ist ein zentraler Aspekt des Menschenrechtsschutzes, eine wichtige Aufgabe, die nicht einige Nichtregierungsorganisationen alleine bewältigen können, ganz nebenbei und mit geringen Finanzmitteln. Es wird deutlich, dass Menschenrechtsbildung eine „zentrale gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist“ und nicht nur „für die Persönlichkeitsentwicklung des Einzelnen“ Bedeutung hat, sondern auch „für die Stärkung von Demokratie und Frieden“ (ebd.). In diesem Sinne ist der Menschenrechtsbildung zukünftig mehr Beachtung zu schenken. Nicht nur im Klassenzimmer.


Die Texte des Dreiteilers „Menschenrechtsbildung“ basieren auf:
Josef Bordat, „Menschenrechtskrieg und Menschenrechtserziehung“, in: Bildungsforschung 3 (2006), 1.
www.bildungsforschung.org/Archiv/2006-01/menschenrechte

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60 Jahre zu spät und mit aller Wahrscheinlichkeit auch nicht mehr umkehrbar. Das System "Drittes Reich" hat nach der Kapitulation am 08.05.1945 nicht aufgehört zu funktionieren, es wurde nur nicht mehr geschossen. Der auf Gewalt und Terror ausgerichtete Staats- und Verwaltungsapparat war in jeder Hinsicht weiter voll handlungs- und weiter funktionsfähig. Dann hatte man noch einmal 4 Jahre Zeit, um sich auf die Zukunft einzustellen. Aus Angst vor dem "Strick der Alliierten" haben die Täter ein bis heute praktiziertes "Wir-Gefühl" entwickelt, wenn wir zusammenhalten, dann kann uns keiner.

Die Grundrechte und oder Menschenrechte sind in den entsprechenden völkerrechtlichen und nationalen Bestimmungen bis hin zum Grundgesetz der BRD feinsäuberlich auf Büttenpapier fixiert, doch nur wenige kennen sie und noch weniger wissen, wie man mit ihnen im täglichen Leben umzugehen hat.

Normenhierarchie, für die allermeisten in Deutschland ein Fremdwort, selbst wenn man es im Einzelgespräch erklärt, bleibt nichts haften.

Der Befehl an die drei Gewalten, dass die Grundrechte sie als unmittelbar geltendes Recht bindet, die Grundrechte faktisch Gesetzeskraft haben, den allermeisten unbekannt. Reaktion: na und ...

Das die Grundrechte unverletzlich und unveräußerlich sind gemäß Artikel 1.2 GG, Reaktion: na und....

Das Verfassungsbeschwerden des Bürgers jedermann in einem seit 1956 bis heute verfassungswidrigen Annahmeverfahren ausgebremst werden, wen interessiert das...

Das bis heute eine Vielzahl Gesetz ungültig sind, weil sie dem Zitiergebot gemäß Artikel 19 Abs. 1 GG nicht genügen, wen interessiert das...

Das Menschen aufgrund ungültiger Gesetze in Deutschland trotzdem strafrechtlich belangt werden obwohl im § 1 StGB sowie im Artikel 103 Abs. 2 GG und im Artikel 7 der europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte ausdrücklich geschrieben steht, keine Strafe ohne "gültiges" Gesetz, wen interessiert es...

Das gerade in den Bundesländern sogar die Schulgesetze wegen deren Verstoßes gegen das Zitiergebot gemäß Artikel 19 Abs. 1 GG ungültig sind, nicht einmal dieses interessiert...

Das Polizeigesetze der Länder wegen eben des Verstoßes gegen das Zitiergebot gemäß Artikel 19 Abs. 1 GG ebenfalls ungültig sind, die Polizei in den Ländern Nds, NRW, Hessen, usw. derzeit auf Menschen schießen dürfen, ohne dass das dazu notwenige einfache Gesetz wegen dessen unheilbaren Verstoßes gegen das Zitiergebot gemäß Artikel 19 Abs. 1 GG ungültig ist, interessiert scheinbar auch niemanden, nicht einmal die Polizei selbst, obwohl sie noch in der Ausbildung die Normenhierarchie und den Vorrang des GG den Polizeibeamten halbwegs richtig beibringt...

Völlig anders da die Ausbildung der Finanzbeamten, die lernen, dass die Verfassung irgendwo im Gesetzeswirrwarr angesiedelt ist und keinerlei Beachtung im Steuerrecht bedarf...

Richter werden konditioniert, dass sie ungültige Gesetze, die wegen Verstoßes gegen das Zitiergebot nie Gesetzeskraft erlangt haben, nicht dem BverfG zwecks deklaratorischer Erklärung der Nichtigkeit vorlegen sollen dürfen, damit wird seit 60 Jahren Verfassungsunrecht produziert, das ein Ausmaß angenommen hat, das unvorstellbar ist.

In der deutschen Richterschaft gehört es zum guten Ton das Recht systematisch zu beugen, wer dazu nicht bereit ist, wird nicht Richter auf Lebenszeit. Bisher waren die Opfer unfähig, sich zu äußern, doch das ändert sich mehr und mehr...

Wer kennt die Mechanismen des Justizgewährleistungsanspruchs gemäß Artikel 19.4 GG, niemand...

Wer weiß, dass gerade die deutschen Richter nicht unabhängig sind, obwohl es Artikel 97 GG ausdrücklich vorschreibt...

Stattdessen haben sich diese Kreise zu regelrechten Wirtschaftsunternehmen zusammengeschlossen, die ihr Zweiteinkommen mit dem Kommentieren ihrer eigenen Urteile und die der anderen verdienen, ihre Kommentare als Grundlage ihres eigenen Rechts machen, damit das GG und die einfachen Gesetze einfach aushebeln...

Rolf Bossi ha dafür in seinem Buch "Halbgötter in schwarz" folgendes Zitat übrig:

"Das deutsche Justizsy...

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