Meine Frau meint: “Muttertag …”

Jeder Tag sollte in Deutschland ein Muttertag sein. Zahlt ihnen ein vernünftiges Gehalt! Sorgt dafür, dass sie im Alter keine Sorgen haben müssen! Und wenn euch irgendwo auf dem Gehweg eine Frau mit Kinderwagen entgegenkommt, bleibt stehen und klatscht Beifall.

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Wenn man die Gespräche verfolgt scheint eines der schlimmsten Vergehen zu sein, am Muttertag den Besuch oder wenigstens den Anruf bei der eigenen Mutter und auch der Großmutter zu vergessen. In einer säkularen Welt scheint das eines der letzten verbliebenen persönlichen (öffentlich-politische gibt es noch mehr) Sakrilege zu sein. Muttertag vergessen, das geht gar nicht. Und ich will jetzt auch gar nicht gegen diesen Tag mit den immer gleichen Vorbehalten (Festtag der Floristeninnung, NS-Vergangenheit etc.pp.) kommen, die wohl auch nicht selten als Ausrede herhalten müssen, auch an diesem Tag nicht an die Mutter zu denken. Es ist zunächst mal nur eine Feststellung.

Und trotzdem kann einen schon ein ungutes Gefühl überkommen bei diesem speziellen Tag. Denn gerade der Begriff “Mutter” ist zumindest politisch nicht mehr besonders positiv besetzt. Entgegen anderlautenden Beteuerungen und Sonntagsreden ist die Mutter, technischer die “Mutterschaft” ein Störfall des Regelbetriebs “Wirtschaft und Soziales”. Natürlich stellt sich niemand ernsthaft hin und wettert dagegen, dass Frauen Mütter werden, so viel Weitblick haben selbst linke Politiker. Aber den Regulierungen, den Sprachregelungen und den Grabenkämpfen in der Familienpolitik merkt man an: Wenn man könnte, würde man lieber ohne “die Mutter” Politik betreiben.

Das gilt einerseits für die biologische Mutterschaft, die der 68er Generation von Frauenrechtlerinnen immer noch einen Ekelschauer über den Rücken laufen lassen. Das gilt aber insbesondere dann, wenn eine Mutter ihre Rolle auch auszufüllen gedenkt, sich zu Hause um die Kinder – und damit einhergehend Haushalt und, ach du Schreck, Küche – kümmern will. “Brachliegende Potenziale” ist noch das Netteste, was man über sie sagt, der Begriff “Herdprämie” für das an Lächerlichkeit in Höhe und politischer Diskussion nicht zu übertreffende Betreuungsgeld hat auch wieder die Bezeichnung “Heimchen am Herd” zu neuen zweifelhaften Ehren verholfen.

Kein Wunder also, wenn Frauen heute den Spagat zwischen Kindern und Karriere, den Spagat zwischen den Ansprüchen der Kleinen und den Ansprüchen der Gesellschaft (teilweise bishin zu den Vätern) lieber nicht eingehen und auf Kinder ganz verzichten. Wer weiß, wie viele Frauen den Muttertag nicht begehen können, weil sie sich dieser Zerrissenheit nicht gewachsen gefühlt haben und sich entweder direkt gegen Kinder oder bei einer Schwangerschaft für eine Abtreibung entschieden haben? Und sollten sie sich tatsächlich für Kinder entscheiden, kann es nicht schnell genug gehen, die Kinder in “Fremdbetreuung” zu geben. U3 ist das Zauberwort, Kinder unter 3 Jahren, die bereits fast flächendeckend nicht mehr zu Hause durch die Mutter liebevoll erzogen sondern in erheblichem Umfang, teils bis 45 Stunden die Woche, in der Kita “betreut” werden (allen Versprechungen, die dem Begriff “Kindergartenerzieherin” innewohnen zum Trotz).

Eigentlich wundert es einen da, dass Kinder zum Muttertag nicht viel eher ein kleines Präsent für die Kindergartentante vorbereiten oder überlegen, wie sie ihr eine Freude machen können, statt der eigenen Mutter, die sie sowieso nur am Wochenende mal länger für sich haben, das Frühstück ans Bett zu bringen. Das ist weder ein Fehler der Erzieherinnen, auch nicht – jedenfalls in den von mir beobachteten meisten Fällen nicht – der Mütter, schon gar nicht der Kinder. Es ist ein kollosaler Fehler in der Gesellschaftsentwicklung der letzten vierzig bis fünfzig Jahre (mindestens), bei der die Weisheit, dass es zur Erziehung der Kinder eines ganzen Dorfes bedürfe, zur Einrichtung von Kinder-Ghettos pervertiert wurde, in denen die Kinder tagsüber, bitteschön alle schön im Gleichschritt, verwahrt werden, und deren einzige Sorge es zu sein scheint, den Eltern das sichere Gefühl zu vermitteln, ihre Kinder genössen die bestmögliche “frühkindliche Bildung”, die man für Sozialabgaben oder private Beiträge kaufen kann.

Und, meine lieben Geschlechtsgenossen Väter: Der Vorwurf geht auch an uns! Nicht wenige wünschen sich heute eine “Beziehung auf Augenhöhe” und meinen damit lediglich, dass die Frau ihren eigenen Obulus zum Haushaltsgeld beisteuert. Dass das in vielen Fällen aus finanziellen Gründen notwendig ist, will ich gar nicht bestreiten. Aber wenn sich Männer flächendeckend über Mütter, die ihre Kinder zu Hause erziehen, positiv äußern würden, könnte das auch ein kleiner Baustein zur Renormalisierung dieses natürlichen Zustands sein. Und ich selbst muss mich fragen, ob ich meiner Frau, die sich gemeinsam mit mir für eben dieses “klassische Familienmodell” entschieden hat, die Wertschätzung zukommen lasse, die sie in einem bezahlten Job über Gehaltsabrechnungen und Beurteilungsgespräche bekäme. Was “Mütter zu Hause” tun ist gar nicht hoch genug einzuschätzen – und wenn heute in vielen Gegenden Kindergartenerzieherinnen streiken, wird der Wert der Mutter wahrscheinlich noch deutlicher.

Darum schreibe ich diesen Beitrag ganz bewusst erst heute; nicht weil ich den Muttertag vergessen hätte, sondern weil es dieser Wertschätzung nicht nur symbolisch an einem Tag im Jahr bedarf, sondern täglich. Oder wie meine gestern Frau meinte: “Muttertag nur an einem Tag im Jahr zu feiern ist so, als wenn man nur zu Weihnachten in die Kirche geht.” Dazu möchte ich gerne Klaus Kelle zitieren, mit einem Satz, den er bereits in seiner leider eingestellten Kolumne in der Rheinischen Post geschrieben und gestern in einem Focus-Kommentar wiederholt hat:

Jeder Tag sollte in Deutschland ein Muttertag sein. Zahlt ihnen ein vernünftiges Gehalt! Sorgt dafür, dass sie im Alter keine Sorgen haben müssen! Und wenn euch irgendwo auf dem Gehweg eine Frau mit Kinderwagen entgegenkommt, bleibt stehen und klatscht Beifall. Für die wunderbaren Frauen, die heutzutage noch Kinder zur Welt bringen.

Dem habe ich nichts mehr hinzuzufügen!

Zuerst erschienen auf papsttreuerblog.de

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