Lieber daheim als in der Schule

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Manche Eltern haben sich angesichts der pluralistischen Entwicklung der modernen Gesellschaft dazu entschieden, ihren Sprößlingen Privatunterricht zu erteilen statt sie in herkömmliche Schulen zu schicken. Grund dafür ist für viele, daß die herkömmlichen Unterrichtsmethoden und Lehrmaterialien chinesischer Grundschulen die Kinder nicht ansprechen.

Kinder können ihren Elan und ihre Begabung nicht voll entfalten. Unzufriedene Eltern haben inzwischen eine Webseite mit dem Titel „Allianz der zu Hause Ausbildenden” online geschaltet. Mitglieder der Gruppe gibt es schon in Beijing, Shanghai, Nanjing, Guangzhou, Chengdu und noch zehn weiteren Städten.

Der 46-jährige Zhang Qiaofeng aus Beijing gehört auch dazu. Er hat bereits viele Gleichgesinnte gefunden. Unser Reporter hat kürzlich die Familienschule von Zhang Qiaofeng besucht. In der Wohnung von Zhang Qiaofeng sind mehrere große Kartons voller Outdoor-Kleidung. Dicht daneben stehen mehrere Bücherregale mit mindestens 10.000 Büchern über Geschichte, Geografie, Literatur und Allgemeinwissen.

Für seinen Sohn Zhang Hongwu ist es nicht nur sein Zuhause sondern auch seine Schule. Vor zwei Jahren lernte er noch in einer Privatschule. Doch dort wurde er nicht glücklich. Vater Zhang Qiaofeng berichtet uns:

„Der Lerneffekt war zu gering, weil der Druck zu groß war. Ihm ging es dort nicht gut. Dazu kamen auch noch sehr viele Hausaufgaben, bei denen Eltern oft Nachhilfe geben mußten. Das war mir zu kompliziert. Ich fragte mich: Warum unterrichte ich mein Kind nicht selbst?”

Doch leichter gesagt als getan! Die Gründung der Privatschule erforderte gründliche Vorbereitung. Zhang mußte sein eigenes Kleinunternehmen aufgeben, damit er sich voll auf die Erziehung und Ausbildung seines Sohnes konzentrieren konnte. Da er geschieden ist und das Kind bei ihm lebt, ist er sich der großen Verantwortung bewußt, die auf seinen Schultern lastet. Obwohl er 1988 das Studium an der Peking-Universität abgeschlossen, zwei Jahre Physik und vier Jahre Soziologie studiert hatte, war er anfangs nicht sicher über das Lehrergebnis.

„Erst jetzt kann ich feststellen, dass es den Kindern sowohl gesundheitlich als auch was das Lernen betrifft nun viel besser ergeht, als in der Schule. Zudem hat er viel mehr Bücher, aus denen er lernen kann, als in der Schule. Er ist glücklich und kerngesund.”

Seit Juni letzten Jahres hat sein Sohn in der neuen Schule auch Freunde gefunden. Zhang Qiaofeng unterrichtet bei sich zu Hause mehrere Kinder zusammen. Während unseres Besuchs hören wir sie lachen und spielen. Zhang Qiaofeng achtet darauf, im Unterricht eine aktive Atmosphäre zu schaffen. Sein Unterricht ist umsichtig geplant.

„Vormittags haben wir drei Unterrichtsstunden. Mathematik, Logik und Naturwissenschaft. Es folgen dann zwei Englisch-Stunden. Nachmittags haben wir jeweils eine Chinesisch- und eine Lesestunde. Ich lasse sie über Geschichten, die sie gelesen haben, diskutieren. Nach 14 Uhr 45 sind Interessenkurse an der Reihe. Beispielsweise chinesische Kampfkunst, Musik und Fußball. Dafür habe ich Fachtrainer engagiert.”

In dem Unterrichtsplan sind Lesen und Interessenkurse am stärksten vertreten. Dies geht auf Zhangs Orientierung an dem Konzept der „Education at Home” zurück.

„Mir ist klar, daß Erziehung mit Liebe geschehen soll. Die traditionellen Werte sind mir wichtig. Ob eine Person die gesellschaftliche Verantwortung tragen kann hängt nicht davon ab, wieviel Geld er verdient. Meine wichtigsten Erwartungen an die Kinder sind Moral, Sitten und Tugend sowie eine umfassende Entwicklung von Körper und Seele. Literaturkenntnisse machen dabei nur einen kleinen Teil aus.”

Zhang Hongwu ist schon sieben Jahre alt. Sein Vater will ihn bis zum 18. Lebensjahr zu Hause erziehen. Danach soll er selbst entscheiden, ob er an der nationalen Hochschulaufnahmeprüfung teilnimmt oder sich um einen Studienplatz im Ausland bewirbt. Der Vater hat noch zehn Jahre Zeit, um sein Bildungsideal zu verwirklichen. Es sind auch zehn Jahre, in denen er es genießen kann, die Entwicklung seines Kindes hautnah zu beeinflussen und mitzuerleben.

Beitrag erschien zuerst auf: derblauebrief.net

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Y. Y.

@Crono
Bitte stellen Sie keine Fragen an diesen "Freigeist", denn er greift liebend gern jede Gelegenheit auf, um seine aus den Fingern gesaugte Vita anzudeuten, die dann herhalten muss für angebliche Tatsachen und Wahrheiten.

Gravatar: Freigeist

Bei Kindern, für die ich Verantwortung trage gibt es Privatunterricht, falls MANCHMAL nötig, von ausgebildeten Lehrkräften. Ich mache Out-Sourcing. Leider kann sich das eine Hartz IV Familie nicht leicht leisten und dies ist total chancenungleich. Unserem Lande gehen viel zu viel Kinder, die begabt sind, jedoch eine Problemumgebung haben, als wertvolles Humankapital verloren.
Dazu die persönliche Unzufriedenheit bei den Benachteiligten.

Gravatar: Crono

Und wie ist das mit Deinen Kinder, wenn Du überhaupt welche (EIGENE !!!!) hast?

Gravatar: Freigeist

An alle sich Gescheit wähnenden Eltern, die meinen, Sie könnten ihre Kinder im Hause unterrichten. Begeben Sie sich zur nächsten Abiturprüfung. Nur wenn Sie gute Noten bekommen ist daran zu denken, Kinder selbst unterrichten zu können. Andernfalls, leider zu blöd. Tut mir leid für Sie und die Kinder.

Gravatar: Ursula Prasuhn

@Danton
Ja, unser Schulsystem produziert zunehmend Schulversager. Wenn aber all die Lehrinhalte aufgenommen würden, die Sie vorschlagen, verschlimmerte das die Lage. Nicht nur, dass die Schüler den Stoff unmöglich bewältigen könnten, ideologischen Inhalten wären Tür und Tor geöffnet.
A und O der Schulbildung ist nach wie vor die Beherrschung der Kulturtechniken, also Lesen, Schreiben und Rechnen. Und das können viele Schulabgänger nicht mehr.
Es muss Schluss sein mit der Vernachlässigung dieser wichtigen Fähigkeiten zugunsten spinnerter Lerninhalte und Methoden.
Und um Himmels Willen nicht das, wofür Sie plädieren, Danton!

Gravatar: Danton

Und wer fängt Ihrer Meinung nach im Moment die ganzen "Schulversager" auf? - Der Staat, oder?
Kein Lehrsystem, das die Welt je gesehen hat ist so schlecht, wie die staatlichen Bildungsinstitutionen, die ausschließlich darauf ausgelegt sind industriell verwertbare Arbeitnehmer zu produzieren.
Was ist mit Lehrinhalten wie: Geldpolitik, Psychologie, Philosophie, Physiologie, Wirtschaftswissenschaften, Geschichte, die über Faktenwissen hinausgeht, Ränkespiele in der Politik, Gesellschaftslehre inclusive Korruption, Psychologie der "Führenden" und "geführten", aktive Persönlichkeitsbildung etc. pp?
Diese Fächer werden entweder gar nicht oder so rudimentär gelehrt, dass es dem Schüler keinerlei Nutzen bringt.
Mit diesem Schulsystem bekommen wir einfach nur x% Banker, y% Ingenieure, z% Politiker und eine unbestimmte aber vernachlässigbare Menge "Versager". Mündige Menschen bekommen wir nicht! - soviel zum Thema "die meisten sind zu doof"

Also: Alle schön in die Staatsschulen und alles ist gut. ... würg.

Gravatar: Thomas Rießler

Die von Zhang Qiaofeng praktizierte Erziehung zu „Moral, Sitten und Tugend“ wird manchem rot gefärbten deutschen Politiker ein Dorn im Auge sein. Es erstaunt mich, dass solche Bildungsperspektiven aus dem sozialistischen China zu hören sind. Hoffentlich handelt es sich bei der Familie nicht um ein Vorzeigeprojekt der chinesischen Regierung, das den ausländischen Besuchern die heile chinesische Welt vorspielen soll. Wenn nicht, dann ist es ein Armutszeugnis für unseren demokratischen deutschen Staat, dass er sich in Sachen bürgerliche Freiheiten und erfolgreicher Bildung ein Beispiel an einem totalitären Staat nehmen kann. Das Beispiel des Zhang Qiaofeng zeigt, dass sich elterliches Engagement in Sachen Bildung für die eigenen Kinder auszahlt und deren Wohl dient.

Gravatar: Ulli

Vielleicht könnten Sie Schlaumeier sich ja als Privatlehrer zur Verfügung stellen.
Im Übrigen: Wenn die Eltern versagen, landen die Kinder sehr schnell wieder in öffentlichen Schulen, weil der Staat eine regelmäßige Prüfung des Lernerfolgs verlangt. D. h. die Kinder müssen Leistungstests absolvieren, bei denen sie - oh Wunder! - meist besser abschneiden als ihre Altersgenossen in den öffentlichen Schulen.
Is also nix mit dem Gespenst von Hartz 4, das Sie da an die Wand malen. Im Gegenteil, diese Kinder werden mit großer Wahrscheinlichkeit Leistungsträger in unserer Gesellschaft.
Sie, werter Herr Freigeist, können also den Eltern danken für den Dienst, den sie nicht nur ihren Kindern erweisen, sondern auch der Gesellschaft und dem Staat.

Gravatar: Freigeist

Es ist doch nur eine weiter Kleinschule. Weniger Kinder pro Lehrkraft könnten auch die öffentlichen Schulen anbieten, wollten es die Politiker. Was passiert aber, wenn Eltern versagen, beim Unterrichten ihrer Kinder? Dann trägt wieder mal der Staat durch Hartz IV die Kosten. Ausgebildete Lehrkräfte sind die bessere Garantie für Bildungserfolg, sofern man genug Lehrkräfte dafür bezahlt. Heimschulung können nur ganz ganz wenige Eltern aufgrund Ihrer Ausbildung leisten. Die meisten sind leider zu blöd dazu.

Gravatar: quapp

Früher habe ich anders gedacht, doch heute bin ich auch der Meinung: "Lieber daheim als in der Schule".
Glückliche Kinder, die Eltern haben, die ihnen die heutige Schule so lange wie möglich ersparen können!

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