Er möchte am liebsten nur draußen sein: im Wald die Eroberungszüge Alexanders des Großen nachspielen, im Garten vom Baumhaus aus mit Pfeil und Bogen schießen, mit Playmobil Seeschlachten darstellen, täglich stundenlang Fußball spielen und höchstens einmal pro Woche duschen. Schule? Ja, die Pausen, da kann man mit den Kumpels als Erster durch die Tür purzeln und einen Kick machen, aber zwischen den Pausen? Still sitzen, aufpassen, ordentlich schreiben, nicht hibbelig sein, alle Blätter einheften, dabei ist es so schön draußen. Und dazu die Hausaufgaben, die Schultasche packen und gelegentlich etwas Sauberes anziehen. Das ist für einen 11-jährigen Lümmel mit extremem Freiheits- und Abenteuerdrang kaum auszuhalten. Die Noten werden schlechter, die Lehrer beschweren sich mehr und mehr über Unordnung, Unaufmerksamkeit, fehlende Schulsachen. Der Junge ist verzweifelt, er gibt sich doch so Mühe, aber sein ganzes Denken kreist um oben beschriebene Aktivitäten, Konzentration auf andere Dinge fällt ihm schwer.
Letzte Woche platzte mir der Kragen - ich drohte abwechselnd mit Kadettenanstalt (Internat) und damit, ihn von der Schule zu nehmen. Bis mir mitten in meiner Standpauke einfiel, daß er das nicht absichtlich macht. Und daß jemand in einem klugen Buch geschrieben hatte, daß Jungs in diesem Alter am besten drei Jahre von der Schule genommen und im Wald untergebracht werden sollten.
Jetzt versuchen wir es mit viel Geduld und zur Zeit zwei Stunden Aufwand pro Tag, um ihm bei der Erledigung all dieser schwierigen Tagesaufgaben zu helfen. Es geht ihm schon besser, seine Kopfnoten werden der Zeugnis-GAU sein, aber egal. Könnte man jedem Jungen diese Zeit bieten, gäbe es mutmaßlich eine Menge Schulversager und Rabauken weniger.
Kommentare zum Artikel
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Alexandra, das erinnert mich an unser Gespräch am Sonntag. Nur so als Tipp: Schick ihn zu den Pfadfindern - müssen noch nicht mal konfessionell sein, Hauptsache ein guter Ausgleich zum Schulalltag.