Klaus beendet das Kritikverbot an der EU

Die Zeiten, in die Politiker so tun konnten, als sei alle Welt dafür, aus der  EU einen Staat zu machen, ist zu Ende. Am Donnerstag hat der tschechische Staatspräsident Klaus vor dem Europaparlament in Brüssel Klartext gesprochen und den Abgeordneten gesagt, was sie nicht hören wollten. Er wies sie darauf hin, dass das Europäische Parlament gar kein richtiges Parlament sein könne, weil es kein europäisches Volk gebe, dass sie vertreten könnten.

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Und er warnte davor, den Völkern mit einem EU-Staat etwas aufzuzwingen, was sie ablehnten. Das verdross viele Abgeordnete. Sie verließen den Saal, so dass sie auch nicht hören konnten,  was Klaus noch sagte, nämlich dass er nicht gegen die EU sei, sondern nur gegen die derzeit betriebene Konzentration aller Befugnisse in Brüssel durch den Lissabonner Vertrag, der die Nationen und ihre Parlamente entmündige. Wer aber über andere Lösungen reden wolle,  werde als EU-Gegner diffamiert und ausgegrenzt. Dass er damit nicht daneben lag, zeigte das Verhalten der Abgeordneten.


 Anzunehmen, die Sache sei damit erledigt, wäre falsch. In Prag ist der Ratifikationsprozess des Lissabonner Vertrags noch nicht abgeschlossen und in Irland ist er abgelehnt worden. Ob das eine zweite Volksabstimmung korrigieren wird, ist offen. Aber auch die Zustimmung Deutschlands ist noch nicht abgeschlossen. In Karlsruhe hat das Bundesverfassungsgericht in der vergangenen Woche über die Verfassungsklage des CSU-Abgeordneten Gauweiler verhandelt, der den Lissabonner Vertrag für verfassungswidrig hält, weil durch ihn der Bundestag zentrale Befugnisse abtreten müsste und die  Bundesrepublik kein unabhängiger Staat mehr wäre. Die Entscheidung des Gerichts fällt vermutlich nicht vor Mai, aber die Verhandlungen zeigten, dass die Richter die Klage bitterernst nehmen.


 Gauweiler ist in der CSU mit seiner ablehnenden Haltung nicht allein. Er habe "die Unterstützung weiter Teile der CSU", verriet der CSU-Abgeordnete Nüßlein inzwischen. Unbehagen über die EU sammelt sich aber auch an der CSU-Spitze. So sprach der CSU-Vorsitzende Seehofer bereits davon, man könne künftig die  Wähler direkt über wichtige EU-Entscheidungen wie den Lissabonner Vertrag abstimmen lassen. Dahinter steckt bei der CSU wohl vor allem die nackte Angst. Sie muss befürchten bei der Europawahl am 7.Juni zu scheitern; dann nämlich, wenn sie in Bayern wieder ein Ergebnis unter 50 Prozent erhält und dann – bundesweit berechnet – unter fünf Prozent bleiben könnte. Die EU ist bei den Bürgern unpopulär; zu recht. Wenn sie daraus Gewinn ziehen will, muss die CSU darauf eingehen und ihnen zumindest die Hoffnung geben, demnächst selbst direkt mitentscheiden zu können. Ob sie das wirklich will – ist freilich eine andere Frage.

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