Katastrophe auch ohne Mauertote

Thüringen schickt sich an, auf den einigermaßen stabilen Erfolgen einer konservativen Regierung ausruhend, ein „sozialistisches Musterland“ zu werden, mit allem, was dazu gehört: Vergemeinschaftungen, das Kollektiv als einzige relevante Größe, politische und gesellschaftliche Indoktrination von Kindern ab dem Kreißsaal, Einschränkungen der wirtschaftlichen Freiheit.

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Also gut (oder eher nicht), das erste Bundesland hat einen SED-Ministerpräsidenten. Nein, man hat es sich verkniffen, einen alten SED-Kader diese Ehre angedeihen zu lassen, sich lieber mit einem Roten aus dem Westen beschieden. Dennoch ist es nun ein Sozialist, der erster Diener des Volkes in Thüringen ist. Einer, der von sich behauptet, ein Christ zu sein, in der Eidesformel das „So wahr mir Gott helfe“ dann aber doch lieber weggelassen hat. Nicht, dass es einen Christen verwundert, wenn ein Sozialist eine solche gottbezügliche Formel nicht sprechen mag … tief blicken lässt es dennoch.

Und nun schlagen die Wogen hoch, und ich muss zugeben, es ist schon ansteckend, mit dem Finger nicht nur auf die Linke/SED zu zeigen sondern auf die alte Tante SPD und die Grünen, die sich zu Steigbügelhaltern der Partei der Mauerschützen machen lassen. Dazu hat im European der konservative Publizist Hugo Müller-Vogg einen erhellenden und ruhigen Kommentar geschrieben, der es unternimmt, sich der ganzen Situation mit möglichst hoher Sachlichkeit zu nähern. Da ist zum Beispiel die Unzulässigkeit des Vergleichs mit der Regierungsbildung ehedem in Hessen, in der die SPD seinerzeit eine Koalition mit der PDS ausschloss, um sie dann doch anzustreben. Die SPD in Thüringen hat mit offenen Karten gespielt, eine Regierungsbildung mit der Linken nie ausgeschlossen. Wer also mit offenen Augen zur Wahl gegangen ist – oder es auch unterlassen hat, die neue Regierung hat schließlich lediglich ca. ein Viertel der wahlberechtigten Bevölkerung hinter sich –, der wusste, woran er ist.

Was die Emotionen angeht, hilft es natürlich auch nicht, wenn der SPD-Fraktionsvorsitzende im Bund, Thomas Oppermann, der Thüringer CDU Sondierungsgespräche mit der AfD vorwirft, immerhin eine Partei, die im Gegensatz zur Linken auf dem Boden der bundesrepublikanischen Verfassung steht und nicht vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Die SPD (und die Grünen) legt sich mit Extremisten ins Bett und krakeelt über zarte Annäherungsversuche zwischen konservativen Parteien. Dass die Medien dabei frohgemut mitmachen, ist nur ein Abbild dessen, dass in deren Hauptmilieu alles, was nicht links ist, bereits rechts und damit rechtsextrem ist. Ich halte politisch absolut gar nichts von der AfD, die immer mehr die Polithasardeure anzuziehen scheint, aber die Brandmarkung als „rechts“ ist so unstimmig, dass es schon weh tut – und das eben vor allem im Vergleich mit einer offen verfassungskritischen bis -feindlichen Partei die der SEDPDSLINKE.

Es hilft aber nichts, die Linke ist in Thüringen am Ruder, nach den Regeln eines demokratischen Landes ordnungsgemäß gewählt: Das ist keine „Machtübernahme“, das ist kein Putsch oder sonst was, das ist ein vergleichsweise normaler Prozess, der nur dadurch hervorsticht, dass er in einem Bundesland abläuft, das selbst Jahrzehnte unter sozialistischem Terror gelitten hat. Und auch hier ist Augenmerkt angesagt: Es steht nicht zu befürchten, dass in Kürze jemand eine Mauer um Thüringen baut, diesmal hat wohl wirklich niemand diese Absicht. Es wird keine politische Verfolgung geben, jedenfalls nicht so, wie sie in der DDR stattgefunden hat (was subtile Ausgrenzungen und Verfolgungen nicht ausschließt, was der Umgang mit der AfD beweist).

Und trotzdem: Thüringen schickt sich an, auf den einigermaßen stabilen Erfolgen einer konservativen Regierung ausruhend, ein „sozialistisches Musterland“ zu werden, mit allem, was dazu gehört: Vergemeinschaftungen, das Kollektiv als einzige relevante Größe, politische und gesellschaftliche Indoktrination von Kindern ab dem Kreißsaal, Einschränkungen wenn nicht der persönlichen dann doch der wirtschaftlichen Freiheit. Es wird interessant sein zu beobachten, ob in naher Zukunft noch relevante Unternehmen, die nicht durch Heimatverbundenheit motiviert sind, in Thüringen investieren. Es wird interessant sein zu beobachten, wie Wahlgeschenke zu Lasten der zukünftigen eigenen Bevölkerung auf Pump finanziert werden. Aber keine Sorge: Geht das Experiment wirtschaftlich schief, stehen ja erfolgreichere Bundesländer über den Finanzausgleich bereit! In Thüringen wird Zukunft verspielt, und es ist auch ein gutes Stück gesamtdeutsche Zukunft, die hier in Gefahr gerät, nicht zuletzt auch ein Stück deutschen nationalen Zusammenhalts, der wissentlich geopfert wird auf dem Altar des Sozialismus.

Meine These ist, dass ich gar nichts gegen Sozialismus habe, wenn die Sozialisten sonst niemanden zwingen, bei ihrer Schnapsidee mitzumachen! Thüringen, die regierende Linke wie die Sozialdemokraten und Grünen nehmen aber die Republik in Geiselhaft. Da ist es dann gar nicht wichtig, ob alte Stasi-Kader Teil der Regierung sind – mögen sie geläutert sein, sollte man ihnen politische Arbeit nicht verwehren, vor allem nicht, wenn sie Mehrheiten hinter sich vereinen – wichtiger ist die einfache und unbestrittene Tatsache, dass Thüringen jetzt eine sozialistische Regierung hat: Wir brauchen keine Mauer und keine Toten um festzustellen, dass dies eine Katastrophe ist!

Zuerst erschienen auf papsttreuer.blog.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Papsttreuer

Auch wenn es in meinem obigen Beitrag - bewusst - nicht um die Menschenrechtsverletzungen in der DDR und durch die SED ging: Danke für dieses kurze Zeugnis!

Gravatar: PTBS

Toll-wut
Politische Analysten behaupteten kurz nach der Wahl, "rechts" werde wieder "rechts" und "links" wieder "links" !
Toll!
Wo "oben" ist weiß ich selbst, auch wo "unten" ist,
wo ich mich befinde!
Toll,
wie mir die Welt erklärt wird!
Traumatisiert durch die Stasi im Alter von 16 Jahren, retraumatisiert durch die vergessliche Karawane die weiter zieht, und mich mit meinen Albträumen zurückläst, mit einem Almosen und dem Ratschlag"Kopf hoch"!
Toll,
denn ich hatte einmal meinen Kopf oben, derweil die Mehrzahl der mich Umgebenden den Ihrigen fest im Allerwertesten der SED-Parteibonzen versenkt hatten! Und was hatt es mir gebracht?
Einfach nur toll, diese Welt!

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