Journalisten wohnen auf den Kanonen. Ein Bewerbungsschreiben

Wenn öffentlich-rechtliche Sender über Qualität im Journalismus, die Verantwortung der Medien und Artverwandtes schwurbeln, ist mit Argem zu rechnen.

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Warum sollte ausgerechnet Mitarbeitern des Staatsfernsehens, deren Kader zu 90 Prozent aus lupenreinen Gesinnungsfunkern bestehen, zu diesen Themen was Gescheites einfallen? Dass es aber so gespenstisch werden könnte wie gestern in der ARD („Wegelagerer und Wichtigtuer. Wie die Spiegel-Affäre die Republik veränderte"); war denn doch nicht vorherzusehen. Ein Duo aus freien NDR-Kräften, das sich u.a. mit Beiträgen für das NDR-Tendenzmagazin „Zapp“ – Lieblingsfeind: „Bild“ und Kai Diekmann - über Wasser hält, hatte die „Spiegel“-Affäre exhumiert. Und dabei und so ziemlich alles hervorgekramt, was an seit Jahrzehnten sattsam bekannten Bildern und Infos über den Fall in den Archiven verstaubt.

Warum eigentlich? Um an diesem Beispiel zu untersuchen: „Werden die Medien also ihrer Verantwortung gerecht, dürfen sie sich noch immer, wie es damals der Spiegel-Chef Augstein formulierte, als ´Sturmgeschütz der Demokratie´ fühlen?“ (so das Erste in einer Ankündigung für den - schlauerweise erst zur Geisterstunde ausgestrahlten - Beitrag.)

Wenn das die Fragestellung war, so gab das Feature für sich selbst die klare Antwort: Njet. Vor Spiegel-Verehrung triefend, vom machtgeilen Zyniker Augstein und den alten Nazi-Kameraden, mit denen er seinen Laden nach dem Krieg aufgebaut hatte, von Megaflops wie dem gefälschten Waldheim-Telegramm und vielem anderen nichts wissend oder nichts wissen wollend, erteilten die Autoren immer wieder und gänzlich unkritisch einem das Wort, dem aktuellen „Spiegel“-Chef Georg Mascolo. Das neue, schicke Domizil der mittlerweile etwas rostigen Haubhitze (verkaufte Auflage: noch leicht über 900 000 Exemplare) wurde ebenfalls opulent abgelichtet.

Gegen Ende der ARD-Sendung glaubte man sich in einen dieser hochnotpeinlichen TV-Spots gebeamt, mit denen sich der Spiegel neuerdings nach alter „Focus“-Art bewerben lässt. Da saß eine Runde von schwerstkritisch guckenden Gestalten in der Redaktionskonferenz und rang um die ganze, nackte, schonungslose Wahrheit. Satire vom Feinsten, wie von Dietl inszeniert.

Aber mussten die Fernsehjournalisten ihr Bewerbungsschreiben auf volle 44.04 Minuten aufblasen? Es hätte doch genügt, einfach mal bei den Spiegel-Kollegen nachzufragen, ob noch zwei Plätzchen auf der Kanone frei wären, für freie NDR-Kanoniere. Mehr als ´ne Absage kann man sich ja nicht einfangen.

www.daserste.de/doku/beitrag_dyn~uid,d3g815jt9ztpm31l~cm.asp

mediathek.daserste.de/sendungen_a-z/799280_reportage-dokumentation/11241554_wegelagerer-und-wichtigtuer-wie-die-spiegel

 

Der Beitrag erschien zuerst auf: Achgut.com

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