Journalisten in der Zirkuskuppel: Ratlos

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Hat das Schlachten von Akif Pirinçci begonnen? Bei der Art, wie Ijoma Mangold in der gestrigen Ausgabe der  "Zeit" das Buch "Deutschland von Sinnen" gewissermassen "besprochen"  hat (denn er geht überhaupt nicht auf  seine Thesen ein), muss man das befürchten. Nun ist Pirinçci wirklich selber in der Lage, sich zu verteidigen. Schauen wir also nach den Motiven Mangolds.

Zunächst ist da das Lob, das vergiftet sein soll. Es handelt sich jedoch um die faktisch wohl oder übel unvermeidliche Reverenz vor einem guten Autor: Sein Buch lege "eine Rauhbeinigkeit an den Tag, die auch für das Genre des Pamphlets Neuland betritt." Gratulation. Danach folgen nur noch hilflose Beschimpfungen, die zusammengefasst werden im provozierten Vergleich des Autors mit Sarrazin ("Pirinçci ist ein verschärfter Sarrazin.") sowie dem erwarteten Vergleich seines Buchs mit Adolf Hitlers "Mein Kampf". Es ist der Sprachgestus des Ertappten, der sich an jeder Ecke von Mangolds Text zeigt. Er ist ratlos.

Worin denn der "Hass" und die "Menschenverachtung" bestehen sollen, die im Buch Pirinçcis sichtbar würden, erschließt sich mir nicht. Mangold kann das auch nicht sagen. Er urteilt nur summarisch: Das Buch rechne "mit aller progressiv-emanzipatorischen Gesellschaftspolitik" ab, "wie sie die Gegenwart [...] prägt." Dass "Gender-Mainstreaming, Homo-Ehe, Frauenquote und Einwanderungspolitik" grundsätzlich progressiv und emanzipatorisch sein sollen, wird von Mangold, der offenbar gar nicht mehr anders denken kann, schon vorausgesetzt. Dass jemand das anders sehen könnte, dass es, wie Pirinçci im Buch ständig schreibt und auch im Interview des ZDF-Mittagsmagazins sagte, um "Auswüchse" dieser Politik geht, das will Mangold nicht wahrhaben. Alles oder nichts, so lautet seine Parole. DAS ist intolerant. Es handelt sich also, wie man schon immer richtig vermutete, um linkes Gesellschafts-Engineering, das um jeden Preis durchgesetzt werden soll. Und Leute wie Mangold machen den Propagandisten.

Man soll nicht ad personam urteilen, sondern sachlich. Gut, Mangold macht das auch nicht. Vielleicht ist das, so denkt er, dem Buch Pirinçcis angemessen. Interessant ist nämlich, dass Mangold selbst vom gesellschaftlichen Fortschritt in Deutschland profitiert hat: Als Sohn eines Nigerianers hat er sich in Deutschland eine leitende Position erarbeitet. Nirgendwo bestreitet Pirinçci , der ja auch Kind eingewanderter Eltern ist, das Recht von "Menschen mit Migrationshintergrund", die sich integriert haben, gut deutsch sprechen und hart arbeiten, es in diesem Land zu etwas bringen zu können. Das ist doch gerade der Witz seines Buchs: Es ist nicht "xenophob", nicht "homophob'", nicht "misogyn" und was es sonst noch an pathologisierenden Begriffen gibt.  Pirinçci will den gesellschaftlichen Fortschritt nicht rückgängig machen, er will die Bremse treten, bevor hemmungslose Gesellschaftsingenieure durchdrehen und überziehen.

Mangold kritisiert ihn als "wild gewordenen Autodidakten" und ruft nach wissenschaftlich unterfütterten Thesen. Ach du heilige Einfalt! Wer den staatlich beauftragten Gesellschaftswissenschaftlern alles glaubt, der muss ein kindliches Vertrauen in die Wissenschaft haben. Schon in der Medizin dürften etwa 70 % der veröffentlichten Laborergebnisse kaum reproduzierbar sein. Wie ist es da wohl um durch tendenziöse Umfragen erzielte Resultate bestellt? Es ist zudem immer mager, als Journalist zu argumentieren, es dürfe sich nur äußern, wer ein Problem jahrzehntelang studiert hat - dann dürfte wohl kein einziger Journalist über irgendetwas schreiben.

Nein, es ist ja nicht so, dass Pirinçci so völlig aus dem hohlen Bauch heraus schreibt, wie Mangold ihm das unterstellt. Wenn er mit dem Baldwin-Effekt argumentiert, wenn er die  unterschiedlichen Intelligenzquotienten im Ländervergleich der Weltgesundheitsorganisation erwähnt, dann muss man schon fragen dürfen, warum es nicht erlaubt sein soll, mit diesen Theorien und Zahlen zu hantieren? Stimmen plötzlich nur diese wissenschaftlichen Ergebnisse nicht? Oder darf man nur politisch korrekte Forschungs- und Messergebnisse benutzen? Pirinçci nennt sich den "Vereinfacher par excellence"; man wird den Eindruck nicht los, dass er sich über die pseudointellektuelle Angewohnheit lustig macht, sich statt des eigenen Verstandes nur durchaus dubioser wissenschaftlicher Vorgaben beim Denken zu bedienen.

Am erschreckendsten fand ich bei der Lektüre Pirinçcis übrigens das, was er über die Öffentlich-Rechtlichen schreibt. Das kann kaum bestritten werden. Die Beschreibung dieses Monopols ist treffend, seine Struktur muss zu einem Meinungskartell führen. Die Gesellschaft als Zirkus, in dem "links-grüne" Dompteure ihre Opfer durch Dauerberieselung dressieren. Oben sitzt Mangold und schweigt jetzt dazu, wo er sonst doch den Claqueur gibt. Ein ganz lautes Schweigen. In aller Bescheidenheit: Ich habe, wie eine Reihe anderer Autoren auch, in der Sache schon vor Jahren ganz ähnlich wie Pirinçci geschrieben (siehe mein Buch "Deutsche Befindlichkeiten"). Aber es muss wohl in der rabiaten Weise gemacht werden wie dies Pirinçci getan hat, sonst reagiert keiner.

Dass Pirinçci sich hier Gewalt angetan hat, daran besteht für mich kein Zweifel. Mangold attestiert ihm "Rohheit und Brutalität", die gleichsam aus dem Herzen kämen. Verleumdung ist das und weit gefehlt. Pirinçci zeigt im Kapitel über die Frauen, dass er im Grunde ein heilloser Romantiker ist. Aber er wollte gehört werden, auch gegen die lärmende Brandung der Staatsmedien. Er wollte einer routinierten medialen Entsorgung vorbeugen. Darum dieser Furor, der beispiellos ist. Eine bewusste schriftstellerische Entscheidung. Viel Glück, Akif Pirinçci!

 

 

 

 

 

 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Gertmarie Spötter

Dass irgendwer nun "fassungslos" sei, dichten Sie sich aber jetzt herbei, nicht wahr?!

Gravatar: Gertmarie Spötter

Fritz Raddatz zitiert im jüngsten SZ-Magazin eben diese Aussage Dürrenmatts und weist darauf hin, dass dieser bekanntlich etwas "dumm " gewesen sei. Was ich sagen will: Hat der Herr Pirincci denn jetzt plötzlich die Weisheit mit Löffeln zu sich genommen? Der Herr ist mir ein schlechter Kronzeuge.

Gravatar: Karin Weber

Auf Herrn Pirinçci trifft das Wort "Kulturbereicherung" im positiven Sinne 100% zu. Er schildert die Tatsachen die uns tagtäglich umgeben so glasklar und unauslegbar mit seinen Worten. Von mir dazu: Respekt!

Weiter so! Wir Deutschen sollten uns an ihm ein Beispiel nehmen!

Ich hoffe, dass sein Buch nicht nur ein Verkaufsschlager wird, sondern das die Menschen sich das inhaltlich zu Herzen nehmen und endlich handeln.

Gravatar: MicroHirn

Akif Pirinccci schlägt laut Alarm und fassungslos registrieren die Entrückten einer gutmenschlichen Traumwelt wie unsanft ihnen die Realität vor Augen geführt wird.
Dennoch wird Wut und Wahrheit keinen Umkehrungsprozess im Denken auslösen - ganz im Gegenteil. Die Maulkorb-Strategien sind längst auf den Weg gebracht und selbst die Forderung nach einer 'Lex Akif', im Sinne dessen, was man sagen darf und was nicht, würde mich nicht wundern.

Gravatar: Michael Schneider-Flagmeyer

Genau, Florian Hohenwarter, das ist das einzige, dass diese langweilenden Mainstreampressefuzzis von Arthur Schopenhauer behalten haben, sicher ohne zu wissen, dass das von diesem stammt: Wenn man jemandem nicht sachlich beikommt, dann muss man ihn persönlich angreifen und verleumden.
Immerhin hat Susanne Conrad im ZDF-MiMa mit einiger Sympathie Pirincci zu Wort kommen lassen. Ich fürchte nur, dass ihr das beim "rotgrün versifften" (Pirincci) ZDF nicht gut bekommen wird. Eigentliche sehe und höre ich die Öffentlich-Rechtlichen kaum noch, dieses Interview habe ich aber per Zufall auf der Seite der deutschen Huffington Post entdeckt und fand es ausserordentlich erfrischend.
Die (wie immer) treffende und in der Analyse hervorragende Besprechung der "Besprechung" Mangolds in der "Zeit" des Buches Pirinccis von A.F Kovács machen allerdings auch mir Lust, gleich das Buch Pirinccis zu bestellen und zu lesen.
Dürrenmatt hat mal vor 50 Jahren gesagt, dass dieser Zeit nur noch durch die Komödie beizukommen sei. Vielleicht ist es heute ja so, dass dieser "Zirkuskuppel" nur noch durch eine Sprache wie die des erstaunlichen Schriftstellers Akif Pirincci beizukommen ist. Das Gegackere im aufgeregten Hühnerstall der getroffenen Hennen scheint das zu bestätigen.

Gravatar: Melanie

"Dass “Gender-Mainstreaming, Homo-Ehe, Frauenquote und Einwanderungspolitik” grundsätzlich progressiv und emanzipatorisch sein sollen, wird von Mangold, der offenbar gar nicht mehr anders denken kann, schon vorausgesetzt. "

Starker Satz, der das Problem linksgrüner Denker treffend beschreibt.

Gravatar: Stefan Neudorfer

Ich lese das Buch von Akif Pirinçci mit großer Begeisterung und wer beim Lesen nicht merkt das unserer Gesellschaft ein dringend benötigter Spiegel vorgehalten wird, der wird Akif Pirinçci nie verstehen.

Gravatar: Ulrike

Danke! Ihr Artikel gefällt mir, Herr Prof. Kovács.

Gravatar: Florian Hohenwarter

Einfach köstlich, wie unsere politisch korrekten Pressefritzen wieder mal hyperventilieren!
Das kennt man ja schon von Sarrazins Büchern. Wenn man die niedergeschriebenen Argumente nicht widerlegen kann, muss man halt den Schriftsteller angreifen. Auf jeden Fall werde ich mir das Buch besorgen.

Gravatar: Andreas Schneider

"Ich habe, wie eine Reihe anderer Autoren auch, in der Sache schon vor Jahren ganz ähnlich wie Pirinçci geschrieben. Aber es muss wohl in der rabiaten Weise gemacht werden wie dies Pirinçci getan hat, sonst reagiert keiner."

Und dies trifft wohl den Punkt. Ohne jegliche Kritik an Intention und Inhalt: äußert man seine Kritik an noch so ins Auge springenden Missständen im politisch korrekten Neusprech des deutschen Gutmenschentums, so drängt sich der Eindruck auf, dass solche Veröffentlichungen im verbal eintönigen und inhaltsleeren Einheitsbrei unserer Tage schlicht untergehen.

Wobei Sie, Herr Kovács, immerhin aufgrund Ihrer Abstammung (durch Ihren Namen dokumentiert) einen gewissen Vorteil gegenüber einem "rein deutschen" (wie sich das schon liest!!) Autor haben - wie auch Akif Pirinçci. Denn wenn auch Mangold durchaus pesönlich wird, so ist seine von Ihnen beschriebene Kritik recht moderat, vergleicht man dies mit dem Aufschrei, der einen Thilo Sarrazin wohl begleiten würde, wäre er der Autor von "Deutschland von Sinnen".

Schließlich ist auch Thilo Sarrazin nur nachrangig Opfer seiner Thesen - in erster Linie stellt doch seine Wortwahl den eigentlichen Angriffspunkt dar.

Was mich zu der Frage führt, welche Vergewaltigung unserer Sprache sich das "linke Gesellschafts-Engineering" zu Schilden kommen lässt: im genehmen, aber seichten Geschwafel findet man sich nicht wieder und wird stattdessen zur Nutzung eines doch recht grobschlächtigen Vokabulars genötigt, um sich überhaupt noch Gehör zu verschaffen?

Gravatar: qed

Verehrter Prof. Kovacs,

seit bald 2 Jahrzehnten schreiben sich die Vernuftbegabten die Finger wund wider den Irrsinn, den die grünroten Ideologen anrichten- ohne jegliche Resonanz. Der Genderwahn tobt weiter, die banalsten Tatsachen werden ignoriert, der Sturz in den Abgrund einer ganzen Gesellschaftsordnung nur noch beschleunigt.
Warum das so ist? Weil es sich nicht nur um eine Ideologie mehr handelt, sondern eine RELIGION, deren Hohepriester die Perversen, genital Depravierten und Denkgestörten sind, die die anderlautende Wirklichkeit abschaffen wollen und um den Fetisch 'Geschlechtsteilmultikulti' tanzen.
Nur so ist der Aufschrei dieser Kretins erklärbar, das 'Kreuziget ihn', das Pirincci jetzt entgegenschwallt- Pirincci, der Häretiker, der Gottseibeiuns, der die reine Lehre besudelt!

Und nur auf dieser hochemotionalen Ebene wird der Krieg des Bösen gegen die Vernunft ausgetragen und gibt einen Moment den Blick frei auf das, was kommen wird: Das blutige Ausmerzen der anderen. Geschichte wiederholt sich haarklein für den, der nichts begriffen hat!

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