Im Gespräch mit Gott

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Kürzlich hat mich ein guter Freund, der seinen Glauben intensivieren möchte, gefragt, wie man sich das denn vorstellen könne, dass Gott zu einem spricht. Ich bin nicht sicher, ob ich dabei – da das Gespräch auch ein bisschen zwischen Tür und Angel stattgefunden hat – die richtigen Worte gefunden habe. Aber wie es der Zufall – oder ist das schon das Sprechen Gottes? – so will, hat der Papst in seiner gestrigen Predigt im vatikanischen Gästehaus „Domus Sanctae Marthae“ zu einem ähnlichen Thema Stellung genommen. Der Papst weist darauf hin, dass die Beziehung des Menschen zu Gott immer eine persönliche Beziehung ist, und das Gespräch zwischen Gott und Mensch ebenfalls ein persönliches Gespräch ist:

Und in einem Volk hat jeder seinen Platz. Nie spricht der Herr zu seinem Volk, als sei es eine Masse, nie. Er spricht immer persönlich, mit den Namen. Und er wählt persönlich. Der Schöpfungsbericht ist eine Figur, die dies erkennen lässt: es ist der Herr selbst, der mit seinen Händen gleichsam handwerklich den Menschen schafft und ihm einen Namen gibt: ‚Du heißt Adam‘. Und so nimmt jene Beziehung zwischen Gott und der Person ihren Anfang.

Im Folgenden (eine weitergehende Wiedergabe der Predigt ist auf kath.net zu finden) geht der Papst auf die notwendige Demut des Menschen ein, der sich nicht über Gott erhebt sondern sich der eigenen Rolle und der Rolle Gottes bewusst ist. Entscheidend ist aber im obigen Zusammenhang, dass das Gespräch zwischen Mensch und Gott ein persönliches, ein Gespräch zwischen zwei Personen ist.

Gott spricht mit mir – und die Frage, die sich stellt ist, wie ich erkenne, dass es tatsächlich Gott ist, der da mit mir spricht, nicht eine Art Autosuggestion, mit der ich dann eine vorher festgelegte Einstellung zementiere oder gar der Widersacher, der mich mit einer falschen Antwort auf meine Fragen vom rechten Weg abzubringen versucht?

Ich kann darauf nur über meine persönlichen Erfahrungen berichten, die aber vielleicht ein Hinweis liefern, wie man generell an diese Fragstellung herangehen kann. Eingangs ist es wohl wesentlich darauf hinzuweisen, dass so persönlich wie die Beziehung und das Gespräch ist, auch die Art der Kommunikation von Gott auf den Menschen zugeschnitten ist, damit der auch wirklich hören kann. Anders gesagt: wenn mir jemand berichtet, dass er Gottes Stimme auf einem Berg donnernd und in klaren Worten gehört hat, dann bin ich nicht derjenige, der das in Zweifel zu ziehen hat. Wenn dieser Weg, den Menschen anzusprechen, für genau diese Beziehung die richtige ist, wenn Gott diesen Weg wählt, wer bin ich dann, ihn zu kritisieren?

Was mich angeht, kommt Gott jedenfalls bislang nicht mit solchen Paukenschlägen um die Ecke, und dennoch bin ich sicher, mit ihm zu sprechen und von ihm auch Antwort zu bekommen. Diese Antworten können sich in plötzlich veränderten Umständen widerspiegeln, manchmal sind es aber auch „neue“ Gedanken, die mir in den Kopf kommen, die ich bislang so nicht hatte oder nicht hätte formulieren können und die mir einen Weg zur Antwort auf meine Frage oder manchmal auch auf meine Klage weist. Von außen betrachtet, und insofern ist mein „Gespräch mit Gott“ sicher kein Gottesbeweis, sieht das vermutlich aus wie ein Selbstgespräch. Der Unterschied liegt aber darin, dass ich selbst weiß, dass ich ein Thema bereits hundertmal im Kopf bewegt habe, ohne Gott zu befragen, und dass ich die Antwort genau in dem Augenblick gefunden habe, als ich ihn einbezogen habe.

Der Papst hat es beim Weltjugendtag in Brasilien im vergangenen Jahr wie ein Lebensrezept formuliert: „Tu Jesus dazu!“ – ein Satz, der mich seither begleitet und dessen tiefe Wahrheit mich immer dann trifft, wenn ich mal wieder versucht habe, eine Frage oder ein Problem oder eine Entscheidung ganz alleine zu bewältigen. Im Beststeller „Die Hütte“ wird Jesus so wiedergegeben, dass die Schwierigkeit des Menschen bei der Planung einer problembehafteten Zukunft darin liegt, dass er ihn nicht mit einbezieht: unsere Planungen finden oft ohne ein Bewusstsein von Gott statt, der doch nur darauf wartet, dass man ihn fragt.

Bleibt allerdings die Frage, ob das, was man gehört hat, sei es als Stimme, sei es als Gedanke, sei es als verändertes Umfeld, tatsächlich von Gott kommt. Man nennt das wohl die Unterscheidung der Geister: Soll ich so oder anders handeln – und was ist tatsächlich Gottes Wille? Ein einfacher Mechanismus ist, sich zu fragen, ob diese Antwort von Gott stammen kann – oder ob sie seinen Worten, wie sie in der Bibel oder in der bestätigten Überlieferung der Kirche wiedergegeben sind, widersprechen. Ein einfaches Beispiel: Sollte ich auf eine Frage, wie mein zukünftiges Leben gestaltet sein sollte, die Antwort „hören“, dass ich meine Familie verlassen und mir eine neue Frau suchen sollte, dann kann ich sicher sein, dass diese Antwort nicht von Gott kommt.

Nun muss es nicht immer so drastisch sein, was man hört, und wenn man nicht sicher ist und es eine Entscheidung ist, die man gemeinsam, zum Beispiel mit dem Ehepartner oder der Familie treffen sollte, dann ist es sicher auch nicht verkehrt zusammen, jeweils einzeln und gemeinsam über das Thema zu beten. Sind die Antworten gleichlautend? Wenn nicht, wird es notwendig sein, sich noch Zeit zu nehmen und sich klar zu werden. Das geht aber natürlich nur, wenn man der andere Beteiligte auch ein gläubiger Mensch ist, der auf eine Antwort Gottes zu vertrauen bereit ist.

Ist das nicht der Fall, oder wird man sich generell nicht darüber klar, ob das was man gehört hat, Gottes Wille sein kann – warum dann nicht jemanden fragen, der sich mit so was auskennt? Einen geistlichen Leiter haben vermutlich nur die wenigsten Gläubigen und doch ist es so wichtig, jemanden zu haben, dem man sich in Glaubensfragen anvertrauen kann. Das kann ein Priester sein oder auch ein Gläubiger, dem man vertraut, der einem vielleicht von einem guten Priester empfohlen wurde – und der bereit ist, sich intensiv mit dem zu beschäftigen, was einen selbst beschäftigt. Auch der wird versuchen, die Geister zu unterscheiden, besonders dann, wenn die Antwort nicht klar als richtig und etwas Gutes oder als falsch und eine Sünde einzuschätzen ist. Vielleicht liefert er auch keine einfachen Antworten sondern kann Fragen stellen, die mich auf dem Weg der Entscheidung weiter bringen, sodass ich am Ende tun kann, was ich sowieso tun muss: eine eigene Entscheidung treffen.

Wesentlich, egal um was es geht, ist nach meiner Erfahrung, dass man auch eine Antwort abwartet, sie hören will und keine Hindernisse in den Weg stellt. Mal eben kurz ein Stoßgebet zum Himmel zu senden, und sich dann anderen Dingen zuzuwenden, oder einfach den eigenen Wünschen zu folgen, ist etwas, was jedenfalls bei mir nicht fruchtet. Das bewusste Gebet, das Zeit nehmen für ein Gespräch mit Gott, die Botschaft an Gott zu senden „Jetzt bin ich hier, diese Zeit soll Dir gehören, und ich bitte Dich um Hilfe“, das alles ist notwendig. Gott spricht eben – jedenfalls, wie alles was ich hier beschreibe, zu mir – nicht in lauten sondern in leisen Tönen. Da muss man sich schon mal die Mühe machen, auch hinzuhören. Insofern ist dann übrigens der Effekt, dass ein Atheist behauptet, er höre Gott nicht, auch kein Beweis für seine (also Gottes) Nichtexistenz!

Auch dieser Beitrag wird vermutlich nicht alle Fragen in dem Zusammenhang beantwortet, nicht alle Zweifel, auch Selbstzweifel, zerstreut haben. Aber ich hoffe, dem einen oder anderen Anregungen gegeben zu haben mit den Tipps aus meinem eigenen Gebets- bzw. Gesprächsleben mit Gott. Ach, und übrigens, manchmal, wenn ich mir meine Frage eigentlich auch ganz gut selbst hätte beantworten können, antwortet mir Gott auch schon mal mit einer hochgezogenen Augenbraue - auch das ist eine Antwort, wenn auch eine, die man weder laut noch leise hört!

Beitrag erschien auch auf: papsttreuer.blog.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Gloeckl Rainer

Oh, Mann Gottes. Es gibt alleine in Indien weit über 2000 Religionen, die sprechen fast alle mit ihren Göttern (und noch viel mehr). Welcher ist der Richtige?

Gravatar: Herbert K.

Der Gläubige ist eben ein Mensch, der bestimmte Märchen seiner Kindheit noch als Erwachsener für wahr hält. Religiös erzogen zu werden bedeutet, zu lernen, mit Hilfe von Fantasiewesen seine Probleme zu lösen, insbesondere mit ihnen seinen psychischen Haushalt zu steuern. Das geschieht durch die Vorstellung, diese Wesen überwachen, beschützen, helfen und strafen. Diese Praxis kann in seelischer Not helfen und zwar im Rahmen dessen, was Selbsthypnose leisten kann.

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