Ich brauche es, zu wissen, dass du mich liebst

Sätze, die sich im Gebet formen sind auch dann wichtig, wenn sie stilistisch nicht so besonders geraten sind.

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Ich hatte in meinem Jahresrückblick bereits darauf hingewiesen, dass ich nicht sonderlich zufrieden mit meinem eigenen Gebetsleben des vergangenen Jahres war. Und nachdem das einem Vorsatz schon recht nahe kommt und nach einem kurzen Urlaub über den Jahreswechsel nun wieder „business as usual“ angesagt ist, nehme ich es also wieder auf: Es geht frühmorgens, wenn noch (fast) alles schläft, mit Christus auf den Berg – zum Gebet zu ihm, dem Vater und dem Heiligen Geist.

Und wenn einem dann ein Satz durch den Kopf schießt, gerade zu einem Zeitpunkt, wo sich das Gebet nicht so recht anlassen will (es ist wohl so etwas wie eine etwas eingerostete Gesprächskultur, die ab und zu geölt gehört), dann ist es schon erstaunlich, wie der sich festsetzen kann. Mir ging die Frage durch den Kopf, warum ich eigentlich dort sitze – also weder im Sinne einer rationalen noch einer spirituellen Betrachtung sondern ganz profan mit Blick auf ein noch warmes Bett. Ich weiß, dass Gott mein Gebet nicht braucht, ich weiß, dass das Gebet in erster Linie etwas ist, was Gott mir schenkt, was ich tue, weil es gut für meine Beziehung zu Gott und damit für mich ist.

Aber warum eigentlich – warum brauche ich das Gebet? Was fehlt, wenn ich nicht bete? Nun wird es auf diese Frage verschiedene Antworten geben, und auch mehrere Antworten, die für mich gelten: Ich brauche das Gebet aus mehreren Gründen, und bestimmt ähneln manche denen, aus denen heraus andere Menschen ebenfalls beten, manche sind vielleicht ganz unterschiedlich zu den Bedürfnissen anderer Menschen. Aber auf diese Frage ging mir eine Antwort durch den Kopf:

Ich brauche es, zu wissen, dass Du mich liebst!

Wichtig ist, dass es eine Antwort gibt, die ich mir selbst gegeben habe, sicher mit dem Heiligen Geist im Rücken, aber das „Ich“ in der Antwort, nur um das klar zu stellen, das bin ich selbst, dass „Du“ ist dagegen Gott. Auch umgekehrt könnte ein Schuh draus werden (wenn man den Begriff des „brauchen“ ein bisschen anders wertet), aber das war nicht mein Gedanke. Ich – ganz persönlich – bin es, der betet und der das aus einem bestimmten Grund tut!

Ich tue es zum Lob Gottes, zur Pflege unserer Beziehung, Gebet hat seine Legitimation durchaus auch als Selbstzweck. Aber in diesem Gedanken brauche ich das Gebet. Nicht „brauchen für“ sondern einfach brauchen im Sinne von nötig haben. Es ist der letzte Grund: Ich brauche Luft zum Atmen, ich brauche das Atmen um meine Zellen am Leben zu erhalten, ich brauche lebende Zellen, um selbst zu leben … da endet die Kette eigentlich. Das Gebet hat eine solche Kette nicht notwendig. Ich brauche das Gebet – Punkt!

Trotzdem ist es in gewisser Weise aber auch gar nicht das Gebet an sich, das ich brauche. Was aber ist denn der Urgrund, der mich am Leben hält, der mich aufstehen und ins Gebet gehen lässt. Was ist es, was mich als Menschen ausmacht und meine Beziehung zu Gott? Es ist ein inneres Wissen, das ich gerne „glaubende Gewissheit“ nennen möchte. Dieses Wissen ist fester, ist „gewisser“ als jede andere Erkenntnis. Oder besser: Sie muss sicherer sein als andere Gewissheiten, denn es gibt für sie keinen wissenschaftlichen Beweis. Entweder bin ich glaubend gewiss oder ich zweifle nur noch – Beweisführungen zur Selbstvergewisserung stehen mir dagegen nicht zur Verfügung.

Dieses Wissen, dass ich brauche, bezieht sich auf das Du in diesem Gespräch, auf Gott und seine Beziehung zu mir. Und wieder ist es eine ganz persönliche Beziehung. Diese Beziehung zwischen ihm und mir ist eine besondere, sie gleicht keiner Beziehung Gottes zu einem anderen Menschen, geschweige denn der Beziehung zwischen zwei Menschen.

Und das Wesen dieser Beziehung ist … genau: Liebe! Wenn Gott die Menschen liebt dann nicht im Sinne eines ungerichteten Philanthropen. Er liebt nicht nur die Menschen – das auch – er liebt mich, ganz persönlich, in dem, was ich bin, trotz meiner Mängel um die er weiß, die seine Liebe zu mir aber nicht kleiner werden lassen. Ich kann mir diese Liebe auch nicht verdienen, sie ist einfach wie er, sie ist da. Ich kann sie – das schon – ablehnen, aber das wird Gott nicht dazu bringen, mich abzulehnen. Er respektiert meine Entscheidungen, auch wenn sie sich gegen ihn richten, aber er liebt mich weiter – und trauert um mich, wie um das verlorene Schaf und lässt nichts unversucht, mich zurück zu holen.

Das ist die Gewissheit, die einen gläubigen Menschen, egal wie fromm und egal wie zerrüttet sein Leben auch sein mag, auszeichnet. Zu wissen, dass Gott mich liebt, hält mich davon ab, mein Leben wegzuwerfen, es hält mich auch davon ab, anderen Menschen zu schaden, die auch von ihm geliebt werden. Vielleicht ist das vergleichbar mit einer Beziehung zwischen Eheleuten. Keiner kann dem anderen seine Liebe beweisen. Und doch wäre es keine gute Ehe, wenn man täglich daran zweifeln würde, ob der andere mich liebt. Ein solcher Zweifel führt zu nichts außer zur Eifersucht, denn den Beweis der Liebe muss der Andere notwendigerweise schuldig bleiben.

Also glaube ich ihm und bin glaubend gewiss – doch wie hoch muss die Gewissheit für den Glauben an Gott sein? Ich brauche es, zu wissen, dass Gott mich liebt, ist ein Bedürfnis, das größer ist selbst als die Liebe zwischen Mann und Frau. Denn sollte die Liebe zum Ehepartner tatsächlich enttäuscht werden, sollte sich herausstellen, dass der Andere mich doch nicht liebt – die Konsequenzen wären nachhaltig, aber nicht so dramatisch wie die der fehlenden Liebe Gottes. Dabei kann ich nicht mal beweisen, dass es ihn gibt, geschweige denn, dass er so ist, wie ich es glaube, geschweige denn, dass er mich liebt. Ich kann es nicht beweisen, und weiß es doch, dass er mich liebt. Das ist es, was ich als Mensch brauche … der Rest ist, nein, nicht egal, aber er verblasst dahinter.

Zuerst erschienen auf papsttreuer.blog.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Joachim Datko

Urlaub vom Glauben machen!

Zitat: "[...] nicht so dramatisch wie die der fehlenden Liebe Gottes. Dabei kann ich nicht mal beweisen, dass es ihn gibt, geschweige denn, dass er so ist, wie ich es glaube, geschweige denn, dass er mich liebt."

Ich kann Ihnen und allen tiefgläubigen Menschen nur empfehlen, etwas Urlaub vom Glauben zu nehmen. Sie sind auf einem völlig falschen Weg. Es gibt keinen Gott!
Siehe:
http://www.freiewelt.net/glaubige-sollten-regelmasig-urlaub-von-der-religion-und-der-kirche-nehmen-10011677/

Joachim Datko - Physiker, Philosoph
Forum für eine faire, soziale Marktwirtschaft
http://www.monopole.de

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