Hollande ebnet "Nord-Euro" den Weg

Frankreichs Wahl öffnet die Chance für den Kurswechsel in der Euro-Politik: Egal wer in Paris gewinnt, die Schuldenbremse wird er nicht umsetzen. Dann wird es Zeit für Deutschland und andere, die Euro-Zone zu verlassen.

Veröffentlicht:
von

„Griechenland erfüllt die Voraussetzungen für ein zweites Hilfspaket“, berichtet die deutsche Presse, so als stünde dahinter eine tolle Leistung der Griechen. Richtiger wäre gewesen: „Griechenland werden alte Schulden erlassen und neues Geld geschenkt“.  Das dritte Rettungspaket kann getrost jetzt schon geschnürt werden.

 

In der Geschichte von über einhundert ähnlichen Umschuldungen hat es noch nie einen Fall ohne eine gleichzeitige Abwertung gegeben. Die aber ist in einer Einheitswährung bekanntlich nicht möglich. So bleiben der Reeder in Piräus, der Textilunternehmer in Athen und der Hotelier auf Mykonos viel zu teuer. Längst erweist sich der Einheitseuro als zu schwer auch für andere Südländer, Frankreich eingeschlossen. Und als zu leicht für Deutschland, Finnland, Holland und Österreich.

Die von einigen deutschen Ökonomen, Wirtschaftsführern und Politikern gehegte Hoffnung, die Eurozone könne sich Griechenlands entledigen, hat sich auch deshalb jetzt zerschlagen, weil Portugal als nächstes an der Reihe gewesen wäre. Dort schrumpft die Wirtschaft weiter, wie auch in Spanien, dem dazu noch ein spektakulärer Generalstreik bevorsteht.

 

Italien will selbst unter dem Technokraten Monti jetzt von den bisher vereinbarten Stabilitätsauflagen abrücken. Da vor allem französische Banken Staatsanleihen von Südländern in ihren Tresoren verwahren, wird Frankreich weiterhin alles tun, die Südländer vor einem Austreten aus der Euro-Zone zu bewahren und ihr die wichtigsten Gläubiger, Deutschland vorneweg, zu erhalten.

Zunehmend braucht auch Frankreich selbst die deutsche Bonität. Die französische Industrie hat an Wettbewerbsfähigkeit stark verloren, die Arbeitslosigkeit steigt, die Jugendarbeitslosigkeit explodiert. Frankreichs Neuverschuldungsquote war im letzten Jahr vier Mal so hoch wie Deutschlands.

"Wunderwaffe Schuldenbremse" kann den Einheitseuro nicht retten

Die immer skeptischer reagierende deutsche Öffentlichkeit soll nun mit der Ankündigung einer neuen Wunderwaffe beeindruckt werden: die in allen Ländern verfassungsmäßig zu verankernde Schuldenbremse. Diese soll den Endsieg des Einheitseuros doch noch sichern.

Spätestens nach den französischen Präsidentschaftswahlen wird klar werden, dass diese Wunderwaffe genau so wenig den Einheitseuro stabilisieren kann, wie es die V2 vermochte, die deutsche Niederlage im Zweiten Weltkrieg zu verhindern. Der aussichtsreichste Kandidat, Francois Hollande, hat schon mal klar gestellt, dass eine Schuldenbremse für ihn nicht in Frage kommt.  Kein Wunder, dass Frau Merkel so spektakulär zugunsten Sarkozys in den Wahlkampf eingreift. 

Selbst für den unwahrscheinlichen Fall der Wiederwahl Sarkozys wird es für eine Schuldenbremse in der Verfassung keine Zweidrittelmehrheit in der französischen Nationalversammlung geben. Spätestens nach der französischen Präsidentschaftswahl müsste auch in Deutschland dem letzten Wirtschaftsjournalisten, dem loyalsten Wirtschaftswissenschaftler und dem stromlinienförmigsten Wirtschaftsboss klar werden, dass auch der viel gerühmte Fiskalpakt nicht das Papier wert ist, auf dem er niedergeschrieben wurde und die Fiktion einer „Stabilitätsunion“ zu beerdigen ist.   

So eröffnet die französische Präsidentschaftswahl die Chance für einen Kurswechsel in der deutschen Euro-Politik. Mit der dann faktisch vorliegenden Aufkündigung des Stabilitätspakts durch Frankreich ist der Zeitpunkt für Deutschland, Finnland, Holland und Österreich gekommen, ihrerseits die Euro-Zone zu verlassen (Arbeitstitel: „Nord-Euro“).

Kanzlerin Merkel könnte mit Fug und Recht sagen, dass mit der Nichteinführung der Schuldenbremse die Franzosen, und nicht die Deutschen, die verabredeten Spielregeln gebrochen und damit das gemeinsame Spielfeld  verlassen haben. So sorgt paradoxerweise die französische Politik und insbesondere Francois Hollande dafür, dass das deutsche Festhalten am Einheitseuro nicht mehr alternativlos bleiben wird.

Beitrag erschien zuerst auf handelsblatt.com

Für die Inhalte der Blogs und Kolumnen sind die jeweiligen Blogger verantwortlich. Die Beiträge der Blogger und Gastautoren geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Gravatar: Gladstone

Warum Nord-Euro? Warum nicht die Rückkehr zu nationalen Währungen?

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang