Heidegger im literarischen Dschungelcamp

Via Schweizer Fernsehen meldete sich aus dem literarischen Dschungelcamp Frau Elke Heidenreich zu Wort (der Vorfall liegt schon ein paar Tage zurück, doch wurde er erst dieser Tage publik), und zwar mit einem Heidegger-Zitat, das von ihr erfunden ist.

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Sie behauptete, der Denker habe in den „Schwarzen Heften“ notiert: „Die verborgene Deutschheit müssen wir entbergen, und das tun wir, indem wir die Juden endlich beseitigen aus Deutschland.“ Worüber soll man jetzt mehr staunen: über den rasenden Denunziationswillen dieser trostlosen Dame – oder über ihre monumentale Unbildung? Denn dass allein diese Syntax nicht von Heidegger stammen kann, ist ja offenkundig; man darf also folgern, dass die fesche Buchhochhalterin noch nie eine Seite von ihm gelesen hat. Für eine vermeintlich literarisch tätige Person ist das höchst bemerkenswert – also nicht, dass sie Heidegger nicht kennt, das muss sie nicht, das ist nicht ihr Metier, sondern dass sie meint, trotz ihrer vollendeten Ahnungslosigkeit den Philosophen mal eben die Juden vernichten gewollt haben lassen zu dürfen, dass, mit einem Wort, sie und gerade sie ein kern- und knalldeutsches Nazissen-Gemüt zur Schau stellt (von der Gnade der späten Geburt zu sprechen wäre taktlos angesichts ihrer doch recht frühen). Freilich wird man mit dergleichen Denunziationen in diesem kranken Land allweil rechnen müssen, und Heidegger gehört, wie sukzessive alle nicht im KZ befindlichen Deutschen der Jahre 1933-45, seit geraumer Zeit in den erlauchten Zirkel der hierfür uneingeschränkt Freigegebenen. Interessanterweise hat der Literaturbeschwaflerin Heidenreich, die sich offenbar nicht vorstellen kann, dass es Autoren gibt, die allein an ihrem Stil zu erkennen sind, weder ihre Bösartigkeit noch ihre Unbildung geschadet; vielmehr hat der Sender den Co-Moderator entlassen, weil der durch sein Inistieren darauf, dass sie im Unrecht sei, das Image der Gebenedeiten unter den Literaturweibern beschädigt habe. Helas!

Beitrag erschien zuerst auf: michael-klonovsky.de

 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: fil

Sehr interessante Debatte

Gravatar: Ron

Stimme Ihnen voll zu! Interessant ist auch Heidenreichs Vermutung, dass H. von einem merkwürdigen, "verborgenen Deutschland/Deutschheit" o.ä. ausgeht, das erst noch "entborgen" werden muss. Dieses Denken steht in einem engen, heute fast vergessenen Bezug zu Hölderlin, der ein noch verborgenes "Germanien" dichtete, das "wehrlos", als philosophischer "Ratgeber", also ohne Gewalt, ein neues Denken, eine neue undogmatische völkerverbindende Spirtualität in Europa einleiten sollte, szs. eine 2. friedvolle geistig-dichterische Reformation! (v. H. ab 1935 in Vorlesungen vertreten). Diese Überzeugung Hölderlins und auch das Gedicht, waren z.B. auch die Grundlage für das "geheime Deutschland" des George-Kreises (vgl. Stauffenberg ). Auch hier sah man den Menschen als entscheidend durch sein Denken bestimmt, nicht durch seine Biologie (Rasse). Jeder konnte sich dem "geheimen Deutschland" anschließen, jenseits von Rasse, Nation, Blut u. Boden, Religion usw.

Gravatar: PD Dr. agr. Jörg Gerke

Die Pointe des vermeintlichen Heidegger- Zitates durch Heidenreich hat die Süddeutsche Zeitung vor einigen Wochen in ihrer Wochenendausgabe wiedergegebn. Danach hat Heidenreich in einem Interview mit der Baseler Zeitung anschließend behauptet, daß ihr Heidegger- Zitat in der SZ gestanden hätte. Die SZ selbst hat aber dazu in ihrem Wochenendbeitrag geschrieben, daß sich Heidenreich nicht auf die SZ berufen könne, dieses Zitat in der Zeitung nicht zu finden war.
Eine Anmerkung noch: In den "Beiträgen zur Philosophie" von Heidegger, geschrieben 1936- 38, finden sich an mehreren Stellen entschiedene Zurückweisungen eines biologistischen Denkens. Wenn man aber Rassismus als eine besondere Form des Biologismus auffasst, so bleibt die Frage, wie man in dieser Hinsicht Heidegger in diese Ecke stellen will.
Heidegger hat mit seinem Paktieren mit dem NS- Regime 1933/34 besonders während seiner Rektoratszeit Schuld auf sich geladen, in seinem Denken war er, wenn ich es richtig sehe, ohne jeden Opportunismus.

Gravatar: Ron

Lieber Detlev Piecha!
Sie sind leider ein gutes Beispiel für die aktuelle traurige Erbsenzählerei. Man untersucht ein 10000 S. Werk nach Einzelstellen, um seine Meinung bestätigt zu finden! (z.B. 20 Stellen zum Judentum!) Ich kann auch mal in einem Brief eine negative Bemerkung über meine Frau machen! Die Frage muss aber sein: Wie stehe ich in der Gesamtheit meines Denkens zu ihr?
H. hat sich zeitlebens als "Schüler" Husserls bezeichnet und seinem Denken ganze Vorlesungen und Kapitel in seinen Werken gewidmet! S.u.Z. enthält 2 Widmungen an Husserl, "in dankbarer Verehrung" usw. Selbst als die Nazis es verboten hatten, Juden Bücher zu widmen, schmuggelte er eine Widmung hinein. Man kann es für Größenwahn halten, aber Heidegger sah es, wie wenn Kant seine Kritik seinem Lehrer gewidmet und ihn damit in der Geschichte der Philosphie verewigt hätte. Jeder Student, der bei Heidegger lernen wollte, musste zuerst Husserls phänomenologisches Sehen lernen, dies sei eines der Geheimnisse seines eigenen Denkens. Heidegger hat immer wieder betont, dass er ohne die Auseinanderstzung mit Husserl niemals aus sein neues Denken gekommen wäre usw.

Gravatar: Detlev Piecha

Will mich nicht einmischen, stieß nur zufällig im Zusammenhang mit Heidenreich auf Ihre kleine Dskussion und apropos "Überhaupt hielt Heidegger seinen Lehrer Husserl für den leidenschaftlichsten und tiefsten Denker, den er in seinem Leben getroffen hatte, dies hat er öfters betont. " fiel mir diese Stelle von Heidegger an Löwith ein:

"Heidegger an Löwith, Freiburg Br. 20. Febr. 23 ... Die 'Ideen' habe ich in der letzten Seminarstunde öffentlich verbrannt und so destruiert, daß ich sagen kann - die für das Ganze wesentlichen Grundlagen liegen nun sauber herausgestellt vor-. Wenn ich von dar jetzt nach den L. U. zurücksehe, so komme ich zu Überzeugung: Huss(erl) war nie auch nur eine Sekunde seines Lebens Philosoph. Er wird immer lächerlicher. ... "

Na ja, nur so just for fun ... wenn Sie diese kleine Anmerkung erlauben?

Gravatar: Ron

Lieber Klimax!
Aber Heidegger hat doch in seinen Vorlesungen immer gegen Auffassungen wie die von Höngswald Stellung bezogen?! S.u.Z. z.B. verlangt ausdrücklich, das kantianisch gegenständliche Denken, die moderne Subjektbezogenheit zu überwinden. Überhaupt ist ja Heidegger laut eigenen Aussagen in die Partei eingetreten und hat sich der Uni-Politik zugewandt, um dieses moderne naturwissenschaftlich-technische (gegenständliche, psychologische usw.) Denken dort einzudämmen. Er sah, so sagt er es jedenfalls, den NS am Anfang als Revolution gegen die Moderne: das rein rechnende, technische, letztendlich machtbezogene Denken. (in totaler Verkennung!!)
Ein Held war Heidegger sicher nicht, aber auch nicht unbedingt feige: Er kritisierte dann sogar den unbedingten “Willen zur Macht” – die Nazi-Überzeugung - ab 1938 direkt als „nihilistisch“, „seinsvergessen“: „Planetarische Hauptverbrecher” führten die Welt im Namen der „Machtermächtigung“ durch „grenzenlose Kriege“ in die totale „Verwüstung.“ (vgl. z.B. GA Bd. 69,Kap.61) Er forderte dann ein „anderes Denken“, das Nietzsche überwindet, sich nicht an Machtsteigerung orientiert, sondern am gewaltlosen Dichtertum (Hölderlin, ab 1935). Immerhin hat er ja dann erkannt, dass auch die Nazis dem modernen absoluten Machtdenken verfallen waren! Zu einem großen Widerstand hat das leider nicht geführt; er hat sich eher öffentlich zurückgezogen.

Gravatar: KLimax

Es geht nicht darum, welche philosophische Ansicht bei seinem "Gut"achten eine Rolle spielt, es geht darum, daß er die philosophische Auseinandersetzung vermeidet, um den Konkurrenten hinterrücks aus dem Wege zu schaffen. Das ist kein Spekulation, sondern Faktum. Wie ich schon schrieb, gehört die philosophsiche Auseinandersetzung in die Öffentlichkeit der philosophischen Schrift, nicht in die Dunkelheit der politischen Denuntiation bei den (völlig unphilosophischen) NS-Behörden.
Zweitens: das Motiv war nicht Neid, sondern Haß, Haß gegen einen, der gegen ihn Arguemtierte, freilich mit offenem Visier, wie es akademisch Usus sein sollte. Ein vergleichbar unphilosophisches, aber ebenso politisches "Gut"achten gibt es von Heidegger über den mit Hönigswald etwa gleichaltrigen Bruno Bauch, ebenfalls Neukantianer, nicht. Warum? Weil Bauch in der richtigen Partei war, dazu strammer Antisemit.
Ein letztes: der Wille zur Macht bekundet sich im Nationalsozialismus weit eher als im Liberalismus; diese Diskussion hätte Heidegger ja gegen Hönigswald führen können. Dazu war er indessen zu feige.

Aber bitte, ich wollte sicher nicht die völlig unbedarfte Heidenreich und ihren Umgang mit Zitaten verteidigen. Wohl aber verhindern, daß hier der Anschein eines völlih mißverstandenen Heideggers entsteht. Das wäre eine groteske Verzerrung der Realität.

Gravatar: Ron

Lieber Klimax!
Wir bewegen uns auf dem Weg der Spekulation. Welche Motive hatte Heidegger bei Hönigswald? Neid? Er war der neue Star der europäischen Philosophie!? In der Tat war Heidegger ein Gegner des modernen Liberalismus, der für ihn in eine (kapitalistisch- materialistsiche) Wissenschaftsreligion mündet, eine verborgene Abart des "Willens zur Macht", der modernen "Machenschaft". Über diese Meinung kann man streiten, aber sein Gutachten entspricht genau dieser Ansicht; er argumentiert nicht mit der jüdischen Abstammung, was ja leicht gewesen wäre. Sie vergessen außerdem: Dieses Gutachten wurde angefordert.
Wie dem auch sei, Heidegger hatte gegenüber einem Teil der jüdischen Geisteselite, die ein modernes "rechendendes Denken" vertrat, Vorurteile. Sie sei ihrer eigenen Kultur entfremdet und würde einen oberflächlichen Wissenschaftsglauben propagieren (wie viele Deutsche auch). Zeitgenössiche Vorurteile machen aber jemand nicht zum antisemitischen Nazi-Philosophen, wie man es heute darstellt.
In der Tat war Heidegger jemand, der sich auch für Juden einsetzte und sie öffentlich nicht, wie die meisten seiner Kollegen, niedermachte, z.B.: Unmittelbar nach der Rektoratsübernahme setzte sich Heidegger z.B. telefonisch mit der Regierung in Verbindung und erreichte, dass mit Erlass vom 28. April 1933 die Beurlaubung der vier jüdischen Dozenten der Philosophischen Fakultät Cohn, Husserl, Michael und Brock wieder aufgehoben wurde. Husserl bekam noch im SS 1933 die Mitteilung, dass er wieder lesen dürfte.
Überhaupt hielt Heidegger seinen Lehrer Husserl für den leidenschaftlichsten und tiefsten Denker, den er in seinem Leben getroffen hatte, dies hat er öfters betont. Freilich hatte er auch hier ein Vorurteil: Er sah sich wohl als Nr. 1 und Husserl als Nr. 2 in der deutschen Philosophie. Er war wohl der Ansicht, dass ein jüdischer Denker (quasi als Aussenstehender in Deutschland), trotz aller Genialität, niemals die Radikalität aufbringen würde, z.B. den deutschen Denker Kant, von der Wurzel auf in Frage zu stellen. Dies sei ihm vorbehalten gewesen. Aber von derartigen zeitgenössischen Vorurteilen auf hohem Niveau ist es ein sehr weiter Weg zum rassistischen, antisemitsichen Nazi-Philosophen! Hier bemüht man sich heute leider nicht um Differenzierung!
So verrückt es heute auch klingt: Heidegger hält den modernen Rationalismus und Wissenschaftslauben wirklich für gefährlich und verführerisch: Mensch und Umwelt werden als wissenschaftlich optimierbare Verfügungsmasse gedacht. Ziel der Geschichte ist dann das Optimierteste , Machtvollste, das die menschliche Machenschaft erreichen kann. Heidegger sah z.B. Hitler nur als Anfang des modernen Willens zur Menschenzüchtung in Namen einer optimierbaren Humanität. Philosophie würde ganz rational in Hirnchirurgie und Hirngenetik münden, um den Menschen für das weltliche Glück zu optimieren. Es gibt keine wissenschaftlichen Gründe die dagegen sprechen!

Gravatar: Peter Silie

Das Citat lautet in Wirklichkeit: in der Lichtung des Seyns gerät die Daseinsfixiertheit des hebräischen Menschen in ein schräges Um- und Beisein.aus ontischer Weltimmanenz.

Gravatar: Klimax

Hönigswalds Philosophie steht auf dem Boden des Neukantianismus, der Heidegger, obwohl Schüler Rickerts, zuwider war, weil er die Dinge rational betrachtete. Eine Auseinandersetzung Heideggers mit Hönigswald sucht man da, wo sie hingehört, in Heideggers Schriften nämlich, selbstverständlich vergebens. Er wählte den anderen Weg: den der Denuntiation seines Gegners bei den Behörden per "Gut"achten. Hönigswald habe durch seine Philosophie "Junge Menschen getäuscht und irregeführt" (Man vergleiche die Vorwürfe gegen Sokrates!) Seine Schrifen seinen nur schenbar sachlich und streng-wissenschfftlich, bes. schlimm: seine Nähe zum Liberalismus. Eine inhaltliche, argumentative Auseinandersetzung findet nicht statt. Ich würde Ihnen raten, einmal den Wortlaut dieses diffamierenden Schreibens, gerichtet an die NS-Kulturbehörde in München, nachzulesen. Das und auch, daß Hönigswald aufgrund dieses neidisch-widerlichen Schreibens seine Professur in München verloren hat, ist gut belegt, und da muß man nicht drumherumreden. Hönigswald hat dagegen Kritik an Heidegger dort geäußert, wo sie, wissenwschaftlich redlich, auch hingehört: in seinen Schriften.

Gravatar: qed

Man muß Heidegger nicht lieben, um die Niedertracht der trostlosen Kreatur Heidenreich zu verdammen.

Ich habe sie kennengelernt in den Achzigern im Rundfunk, als sie schon für den Dunkelrotfunk WDR kalauerte und dabei vermutlich unfreiwillig ihren Charakter zum Besten gab: Geschwätzig, rechthaberisch, durchtrieben- so voll die Ruhrgebietsprolla halt und die Syntax ihrer Zitatenfälschung führt genau in jene unselige Gegend- hör mich bloss auf mit die Polacken!

Was kennzeichnend ist für den geistigen Stand der sog. Kulturschaffenden im Feminat BRD, die, wenn nicht als Vollschmarotzer, so doch als Saphrophyten vom modrigen Substrat vergangener Epochen sich nähren und von so internationalem Ansehen sind, daß es nicht weiters schlimm ist, nicht einen einzigen von ihnen namentlich zu kennen.
Nach der feisten Made Karasek kann nur noch eine Heidenreich kommen!

Gravatar: Ron

Lieber Klimax!
M.E. sollten sie Folgendes Bedenken. Hönigswald war ein entschiedener öffentlicher Gegner des Heideggerschen Denkens. Kurz gesagt: Er forcierte das gegenständliche Denken u. eine empirische Kulturphilosophie. Genau das, was H. in S. u. Z. überwinden wollte. Hs. Gutachten entsprachen genau dem von ihm vertretenen philosophischen Standpunkt, den er auch bei "deutschen" Philosophen in Gutachten so vertrat. Er war im Prinzip ehrlich. Hs. eigener Assistent war selbst Jude und H. hat eine Menge Juden, später als es schlimmer wurde, mit Gutachten auch unterstützt. Eine jüdische Schülerin z.B. hat ihm sogar noch während des Krieges ihre Doktorarbeit gewidmet. Man sollte nicht bei jedem Konservativen der Zeit ein inneres Programm zur öffentlichen "Beseitigung von Juden" (Heidenreich) vermuten, wenn man es objektiv nicht beweisen kann.

Gravatar: Klimax

Nun, Frau Heidenreich macht es eben wie Heidegger, dem ein "rasender Denunziationswille" ebenfalls nicht fremd war. Wenn Sie Heideggers Expertise über einen seiner begabtesten Zeitgenossen: Richard Hönigswald, studieren, wird ihnen der merkwürdige Denunziationswille dieses raunenden Antirationalisten in die Augen springen. Hönigswald hatte zwei "Nachteile": er war Heidegger gewachsen, kritisierte ihn bisweilen scharf und er war Jude.

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