Gott, Vernunft und freie Wirtschaft

Der Libertarismus erschien mir aber einfach vernünftig: Auf die Freiheit der Menschen zu setzen statt auf ihre Gängelung, auf das Engagement des Einzelnen zu setzen statt auf den Staat.

Veröffentlicht:
von

Es ist mal wieder Zeit für einen Beitrag, der mir schon seit längerem auf der Seele liegt, der sich aber erst kürzlich wirklich in einem Satz manifestiert hat: Wenn etwas gut (im Sinne einer christlichen moralischen Bewertung) sein soll, dann muss es auch vernünftig sein. Es geht um eine Art Äquivalenz von Gutem und Vernunft bzw. Schlechtem und Unvernunft, die ich in folgenden Kombinationen beschreiben möchte:

Was gut ist, ist auch vernünftig; oder

Was gut ist, kann nicht unvernünftig sein

Was vernünftig ist, ist auch gut; oder

Was vernünftig ist, kann nicht schlecht sein

Was schlecht ist, ist auch unvernünftig; oder

Was schlecht ist, kann nicht vernünftig sein.

Was unvernünftig ist, ist auch schlecht; oder

Was unvernünftig ist, kann nicht gut sein

Das alles ist natürlich keine zwingende Logik, und der Wahrheitsgehalt der jeweiligen Aussagen hängt ganz extrem von der jeweiligen Definition des Gutseins und der Vernunft ab. Trotzdem möchte ich den Hintergrund gerne auf dieser Basis erläutern.

Auslöser des Beitrags ist eine Frage, die mir gestellt wurde, wie ich eigentlich als Christ auf das Thema Libertarismus gestoßen bin. Die Lehre der katholische Kirche, gerade auch die Soziallehre und konkrete aktuelle Aussagen Papst Franziskus zum Thema Wirtschaft gelten nicht gerade als Kleinode des Libertarismus.

Nun war mein Weg vom gläubigen Menschen zum Libertären auch nicht zwingend vorgeschrieben, er hat sich eher unabhängig ergeben. Auf libertäre Theorien, im Besonderen auf die Bücher von Roland Baader aber auch andere libertäre Autoren bin ich ganz unabhängig von meiner Glaubensüberzeugung gestoßen. Der Libertarismus, von einigen eher verkopften Ausreißern abgesehen, erschien mir aber einfach als vernünftig: Auf die Freiheit der Menschen zu setzen anstatt auf ihre Gängelung, auf das Engagement des Einzelnen (oder freiwilliger Vereinigungen) zu setzen anstatt auf den Staat, im Wirtschaftsleben auf „echtes“, gedecktes Geld zu setzen statt auf „fiat money“ … das alles erscheint mir einfach vernünftig.

Umgekehrt sind viele wirtschaftspolitischen Weichenstellungen, die wir heute beobachten, von sogenannter Energiepolitik, über Bildungs- und Familienpolitik bis hin zur Sozial-, Wirtschafts-, Geld-, Zins- und Finanzpolitik, kurz gesagt, Politikfelder, in denen sich der Staat in Angelegenheiten einmischt, die Einzelne oder kleine, auf Freiwilligkeit basierende Gruppen viel besser lösen könnten, einfach unvernünftig und – so meine Überzeugung – darum auch nicht langfristig tragbar.

Wenn aber Freiheit – religiöse wie politische, in diesem Zusammenhang aber vor allem wirtschaftliche Freiheit – für Wohlstand sorgt, soziale Probleme zu verhindern in der Lage ist, zu einem verantwortlichen Umgang mit Ressourcen führt – kurz, wenn eine freie Wirtschaft den Menschen dient, während eine Staatswirtschaft die Menschen gängelt, Wohlstand reduziert, und am Ende Armut produziert, dann muss eine solche freie Wirtschaft auch gut sein, letztlich mit meinem christlichen Glauben vereinbar sein. Eine freie Wirtschaft, so meine gewachsene Überzeugung, ist – im weltlichen Sinne – vernünftig und darum im christlichen Sinne auch gut!

Nun weist die katholische Kirche in den meisten der Sozialthemen ansprechenden Dokumente auf Verirrungen, Fehlentwicklungen hin und fordert – generell von allen Menschen, ab und zu explizit von Regierungen – diese zu beheben. Wenn also die katholische Kirche auf galoppierende Armut in manchen Ländern der Dritten Welt hinweist, dann ist dieser Fingerzeig notwendig. Diese Art der Armut, die verhindert, dass Menschen in würdigen Verhältnissen leben, ist ganz offensichtlich nicht gut, demzufolge muss auch in der Entstehung mindestens ein Faktor beteiligt sein, der nicht gut ist, oder – jetzt wieder weltlich – nicht vernünftig ist. Dabei ist es die Kompetenz, geradezu eine Aufgabe der Kirche, auf solche Entwicklungen hinzuweisen.

Natürlich ist das oberste Ziel der Kirche nicht der weltliche Wohlstand sondern die christliche Evangelisierung, aber sie ist besonders auch eine Kirche der Armen, sie hat sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten für diejenigen einzusetzen, die in faktischer Armut leben müssen, also unverschuldet nicht in der Lage sind, den Lebensunterhalt für sich und ihre Familie zu bestreiten (was etwas ganz anderes ist als der Begriff der „relativen Armut“, wie er in der westlichen Wohlstandsgesellschaft Anwendung findet um Reichtum zu diskreditieren).

Leider äußern sich aber Kirchenvertreter, bis hin zum Papst, bei dessen Forderungen nach einer Bändigung der Marktwirtschaft ich von meiner Papsttreue abweichen muss, und die ich nur als Ergebnis von wirtschaftspolitischem Unwissen entschuldigen kann, auch immer wieder zu scheinbaren Lösungsoptionen, die meist in der Forderung nach Einflussnahme und Steuerung durch den Staat oder supranationale Institutionen gipfeln. Der Staat soll es regeln, ausgerechnet der Staat, der durch seine Einflussnahme erst zu den zu beobachtenden Verwerfungen beigetragen hat, soll durch weitere regulatorische Eingriffe, gemachte Fehler wieder korrigieren – anstatt bisherige Regulierungen mit einer leise vorgebrachten Entschuldigung zurück zu nehmen.

Richtig an den Äußerungen der Kirchenvertreter ist, dass extreme Armut und Ausbeutung von Menschen, aber auch Themen wie Umweltverschmutzung, demographische Probleme im Westen, Symptome einer fehlgeleiteten Politik sind. Richtig an den Äußerungen der Kirche ist die Forderung an die Welt, an die Gläubigen, an die Konsumenten, an die Verantwortlichen in Wirtschaft und Gesellschaft, Lösungen für diese Symptome zu entwickeln.

Falsch dagegen ist es, wenn Kirchenvertreter außerhalb ihrer persönlichen Kompetenz wirtschafts- und finanzpolitische Forderungen stellen. Diese können – aufgrund der fehlenden, und in der Kirche auch gar nicht notwendigen Kompetenz – nur zufällig vernünftig sein, sind im Zweifel aber wirtschaftlich und auch sozial unvernünftig (was leider eben nicht immer offen zutage tritt – daher die Forderung nach Kompetenz) und führen in der Umsetzung zu mehr sozialem Elend und Verwerfungen, als sie ohnehin schon bestanden.

Kurz gesagt: Es werden in diesem Fall (hoffentlich unbewusst) unvernünftige Forderungen gestellt, deren Folgen nicht gut sein können, sondern – wirtschaftlich wie moralisch – schlecht sind.

Unser christlicher Glaube, darauf habe ich an verschiedenen anderen Stellen bereits hingewiesen, ist ein freier Glaube: Gott zwingt uns zu nichts, er zwingt uns nicht, gut zu sein, er zwingt uns nicht, ihm zu folgen, er zwingt uns nicht mal, an seine Existenz zu glauben. Gott zeigt Konsequenzen auf und er gibt uns – in der Bibel wie in der Kirchenlehre oder in den Beispielen der vielen Heiligen – hilfreiche Hinweise, wie ein gelingendes Leben, ein darum auch vernünftiges und moralisch gutes Leben, ein Leben, das uns zu ihm führen wird, aussehen kann. Sollte es für einen Christen darum nicht auch dieses Vorbild des Gottvaters sein, der seinen Kindern die Freiheit geschenkt hat, das uns als Beispiel dienen sollte?

Gott schenkt uns aus Liebe die Freiheit und die Vernunft, und er vertraut darauf, dass wir diese Geschenke zum Guten verwenden, dass wir sie beide – Freiheit und Vernunft – in Liebe zu ihm und unserem Nächsten nutzen, um zu ihm zu gelangen. Das ist es, was mich immer wieder davon überzeugt, dass unser christlicher Glaube und der Libertarismus, auf den unterschiedlichen Ebenen, auf denen sie zum Handeln anreizen, miteinander vereinbar sind – und das auf Druck, Zwang und Staatsgewalt basierende Gesellschaftssysteme es im Grunde nicht sind!

Beitrag erschien auch auf: papsttreuer.blog.de

Für die Inhalte der Blogs und Kolumnen sind die jeweiligen Blogger verantwortlich. Die Beiträge der Blogger und Gastautoren geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Keine Kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang