Geschiedenenpastoral beginnt (spätestens) in der Ehevorbereitung

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Vitus Huonder, Bischof von Chur, hat wieder mal zugeschlagen. Jedenfalls angeblich, denn so recht bestätigt finde ich das im Internet nirgends, aber nehmen wir mal an, es stimme, was der Schweizer Nachrichtenkanal „20 Minuten“ verbreitet. Unter dem Titel „Wer keine Kinder will, darf nicht heiraten“ wird dort nicht ganz unzutreffend die Lehre der katholischen Kirche wiedergegeben – und der Bischof dafür an den Pranger gestellt.

Dabei zieht der Bischof, „Rampensau“ die er ist, nur die Konsequenzen aus den Ergebnissen der Befragung seiner Diözese in der Vorbereitung der Familiensynode, die in diesem Jahr in Rom stattfinden wird. In Chur, und wenn man die Ergebnisse in der Presse liest, sieht das in deutschen Diözesen nicht viel anders aus, kennen die Gläubigen die Lehre der katholischen Kirche hinsichtlich Ehe, Familie und Sexualität nicht mehr, trauen sich aber dennoch in großer Zahl zu, sich negativ dazu zu äußern. In gewisser Weise sind die Kommentare unter dem Beitrag symptomatisch für diesen Zustand: Es kann nicht wahr sein, was man nicht wahr haben will!

Denn wahr ist unbestritten, dass das Sakrament der Ehe eine Zustimmung zur Kinderzeugung vorsieht; das ist übrigens auch Inhalt dessen, was die angehenden Eheleute vor Sakramentenspendung bestätigen: Offen zu sein für die Kinder, die Gott einem schenken möchte (und sie im christlichen Glauben zu erziehen)! Verhütung, gar Abtreibung, der generelle Unwille, Kinder in der Ehe zu zeugen, widerspricht dem fundamental.

Nun sind die Folgerungen des Bischofs durchaus selbstkritisch: Offenbar wurde den angehenden Eheleuten, den Gläubigen ganz allgemein, in der Vergangenheit nicht mehr erklärt, was eine katholische Ehe ist, was die Brautleute sich da im Angesicht Gottes eigentlich versprechen und für dessen Einhaltung sie die Gnade des Ehesakramentes erlangen wollen. 20 Minuten beschreibt die folgerichtige Reaktion Huonders denn auch folgendermaßen:

In seiner Stellungnahme fordert Huonder deshalb Konsequenzen. Nach seinem Willen soll künftig nur noch den Bund fürs Leben schließen können, wer eine intensive Ehevorbereitung durchlaufen hat. Das Bistum Chur selbst organisiert solche «etwas intensiveren» Vorbereitungskurse bereits heute. Den Heiratswilligen wird dabei erklärt, was die Ehe nach katholischem Glauben ist. So könne eine katholische Ehe etwa gar nicht zustande kommen, wenn einer oder beide Partner keine Kinder wollten, erklärt Huonders Sprecher Giuseppe Gracia gegenüber der Zeitung.

So wie hier beschrieben hätte der Titel des Artikels eher lauten müssen „Wer keine Kinder will, kann nicht heiraten“, aber das nur am Rande. Liberale Priester und der Nachrichtenkanal sehen die Konsequenzen nämlich eher an anderer Stelle:

Lange habe die Kirche sich «aus falscher Scheu» in diesem Thema zurückgehalten, «um bei den Leuten nicht anzuecken», so Gracia weiter. Wenn man den Ergebnissen der päpstlichen Umfrage Glauben schenken darf, zu Recht: Denn die katholische Sexuallehre mit dem Verbot der Verhütung ist demnach einer der Hauptkritikpunkte der befragten Gläubigen im Bistum Chur. Auch liberalere Geistliche in der Schweiz können Huonders Forderung wenig abgewinnen. Paare könnten wegen der geforderten Auflagen auf eine kirchliche Hochzeit verzichten, befürchtet etwa Markus Heil, Diakon und Sprecher der Pfarrei-Initiative Schweiz.

Ja, was wenn die Leute nicht mehr kirchlich, jedenfalls nicht katholisch heiraten wollen, wenn sie wissen, worauf sie sich dabei einlassen? Wenn man darauf besteht und es an jeder möglichen Stelle verdeutlicht, dass die Ehe ein Sakrament ist, unauflöslich, „bis das der Tod euch scheidet“? Wenn man deutlich macht, dass man sich nicht ohne weiteres aus einer Ehe verabschieden kann ohne sich damit gleichzeitig gegen Gott zu wenden – und man im Falle des Ehebruchs auch nicht mehr zu den Sakramenten zugelassen ist? Wenn man deutlich macht, dass man sein Leben in der Ehe dem anderen schenkt und dabei keine Ansprüche an den anderen anmelden kann? Wenn man klar macht, dass ein Zweck der Ehe die Zeugung von Kindern ist, die einem Gott schenken möchte und man diesem Zweck nicht bewusst im Wege stehen darf, geschweige denn diesen Zweck von vorneherein ausschließt?

Vielleicht denke ich da zu schwarz-weiß, aber wer unter diesen Bedingungen nicht heiraten will, nun, der sollte es lassen! Und es ist ein Gebot der Fairnis, über diese „Rahmenbedingungen“ im Vorfeld zu informieren, damit niemand aus allen Wolken fällt, wenn er feststellt, dass sich die Kirche jedenfalls daran halten will.

Wie so oft, so ist auch hier eine Frage der Wortwahl und des Stils maßgeblich, um die Menschen nicht vor einer Ehe abzuschrecken sondern ihren Wert zu verdeutlichen, den man sich bei der Eheschließung bewusst machen sollte. Ob Bischof Vitus da immer die richtigen Worte trifft, bin ich auch nicht sicher. In der Sache aber liegt er richtig, und es sollte Aufgabe eines jeden kirchlichen Seelsorgers, im Besonderen der Priester und Bischöfe sein, diese Wahrheit zu vermitteln. Nicht um Menschen aus der Kirche zu treiben, sie der Kirche zu entfremden – das ist in weiten Teilen ohnehin schon auf andere Art geschehen – sondern um ihnen das Geschenk der Kirche, und hier eben das Geschenk des Ehesakramentes wieder neu deutlich zu machen.

Und bitte, das darf gerne schon in der Katechese zur Firmung oder im Religionsunterricht geschehen, spätestens aber in der Ehevorbereitung. Auch Papst Benedikt XVI. hatte darauf hingewiesen, dass ein Großteil der heute gescheiterten Ehen eventuell annulierbar seien, weil den Beteiligten bei Eheschließung die Bedeutung gar nicht transparent war oder der einvernehmliche Wille zum Eingang einer christlichen Ehe ganz gefehlt hat. Das durch eine Annullierung zu lösen ist aber nur die (bestenfalls) zweitbeste Lösung, die sakramentale Bedeutung der Ehe zu schmälern um ein Scheitern der Ehe nicht kirchlich zu sanktionieren ist gar keine.

Wenn heute nach einer intensiveren und erneuerten Geschiedenenpastoral gefragt wird, dann muss die spätestens in der Ehevorbereitung beginnen, damit sie erst gar nicht notwendig wird. Im traurigen Fall des Scheiterns einer Ehe wissen dann zumindest alle Beteiligten woran sie sind und warum die Situation so ist, wie sie ist.

Beitrag erschien auch auf: papsttreuer.blog.de

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