Gedanken zum Internationalen Frauentrag

Lemmy Caution, Tantra und die neuen Männer

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Männer verweichlichen und Frauen verhärten. Mit dieser These verdienen Therapeuten, die Workshops zum Thema „Mannsein“ sowie Männerseminare anbieten, ihr Geld. Ein willkürliches Beispiel: Der Heilpraktiker und Paartherapeut Bjørn Leimbach aus Dortmund will Männer ansprechen, die etwas riskieren wollen, die echte Abenteuer suchen und die sich neu definieren wollen.

 

Der „Hardcore“-Männertrainer mit markantem Kojak-Glatzkopf, der mit seinen Seminaren den Testosteronwert seiner Klienten erhöhen will und sie als Herzenskrieger bezeichnet, hat einen eher „weichgespülten“ biographischen Hintergrund. Er ist Coach, Kommunikationstrainer und hat Aus- und Fortbildungen in Bioenergetik, Gestalttherapie, Neurolinguistischer Programmierung, Atemtherapie, Tantra, Zen, Trance-Techniken, Buddhismus, schamanischen Retreats etc. Außerdem ist er lizenzierter Ausbilder in Suggestopädie, was immer das auch ist.

 

Kann eine solche Vita einen echten Kerl überzeugen? Oder ist das nicht nur weibliches Wischiwaschi, das Leimbach doch selbst kritisiert? Wie dem auch sei, es lohnt sich auf jeden Fall, sich ein bisschen intensiver mit den Thesen zu befassen, die solche „Männer-Trainer“ vertreten. Männer, glauben sie, haben ihr Herz an die Frauen verloren: an die Mutter, die Kindergärtnerin, die Freundin, die Ehefrau und so weiter. Als „netter Mann“ bemühen sich immer mehr Männer um die Gunst einer Frau. Dabei machen sie sich emotional abhängig, werden zu Schoßhündchen und geben ihre eigene Männlichkeit auf.

 

Die Frauen sind hingegen auf dem Weg der „Vermännlichung“. Viele Angehörige des schönen Geschlechts werden immer unabhängiger und selbstbewusster. Sie zeigen die Charaktereigenschaften, die eigentlich als typisch männlich gelten: Sie sind erfolgsorientiert, diszipliniert, willensstark und zielstrebig. „Klassische Machos, Tonangeber und Stehend-Pinkler sind out und in den letzten 30 Jahren wurde Männern dies beigebracht“, sagt Bjørn Leimbach. 

 

Er bestätigt damit die schriftstellerische Provokation Michael Klonovskys, der dem angeblich starken Geschlecht 2011 in seinem Buch „Der Held. Ein Nachruf“ hinterherwinkte. Dessen These: Im postheroischen Zeitalter ist der einstige Jäger, Sammler und Verführer zum Selbsterfahrungskrüppel mutiert. Er wagt und riskiert nichts mehr, sondern bevölkert Spielplätze, liest Ratgeber und geht in Elternzeit. 

Frau will keinen Jungen, der eine Mutti braucht

Mit therapeutischen Weichspül-Programmen ist diesen Männern nicht zu helfen. Doch augenscheinlich möchten sich viele verunsicherte Männer helfen lassen und bezahlen Geld für Männlichkeitsseminare. Schließlich wollen sie nicht von Frauen dominiert werden. Denn diese mögen zwar vielleicht nette Männer als platonischer Freund oder Gesprächspartner. Doch in der Partnerschaft soll es dann doch ein richtiger Mann sein, kein kleiner Junge, der eigentlich eine Mutti braucht. 

 

Wie aus einem Jungen ein Mann wird, könne man nur von Männern lernen, niemals von Frauen, so das Credo der Männlichkeitslehrer. Dabei liegt der Großteil der Erziehung in den Händen von Frauen. Der allgegenwärtige Kita-Wahn dürfte diese Tendenz in Zukunft noch verstärken. Super-Nanny Ursula von der Leyen wird es ganz recht sein, dass so den Männern ihre Aggressivität, ihre Kraft und männliche Sexualität abtrainiert wird, indem schon kleines Jungs von den Wortführerinnen der Gender-Bewegung domestiziert werden.

 

 

   Es wäre sicher mal einen Versuch wert, ein solches Männertraining zu besuchen. Von den Angeboten auf dem esoterischen und therapeutischen Markt („ganz besonders natürlich im Tantra“) rät Leimbach ab. Diese seien geprägt von weiblicher Dominanz: „Frauen leiten die Gruppen, es geht um die Kultivierung weiblicher Werte und Qualitäten“. Doch das verunsicherte „starke Geschlecht“ will ja gerade nicht noch einfühlsamer, weicher und langsamer werden. Rauhe männliche Herzlichkeit ist besser als endloses tantrisches Umarmen und Kuschelparties – so könnte man diesen Ansatz umschreiben.

 

Lemmy schießt nicht auf Blondinen

 

   Vielleicht gibt es ja auch in der Literatur männliche Rollenvorbilder, die man heute noch kopieren könnte? Was würde wohl Lemmy Caution zu diesen Thesen sagen, habe ich mich jüngst bei der Lektüre von „Lemmy schießt nicht auf Blondinen“ gefragt. Es ist dem Wiener Milena Verlag zu verdanken, dass wir an den Abenteuern dieses FBI-Agenten, den Eddie Constantine im Film so kongenial verkörperte, wieder teilhaben dürfen. Sein Motto lautet: Für böse Buben: Harte Schwinger. Für schöne Mädchen: Kuss auf Kuss.

 

   Cautions Schöpfer Peter Cheyney ist eine recht interessante Figur. Er war ein britischer Autor von Hardboiles novels und machte Karriere als Buchmacher, Privatdetektiv, Liedermacher und Politiker. 1931 trat Cheyney, der im Alter von nur 55 Jahren als Folge seines alkoholgetränkten und ausschweifenden Lebensstils früh verstarb, Sir Oswald Mosleys (dessen Sohn, Ex-Formel 1-Chef Max Mosley, laut Medienberichten einen Hang zu „ganz starken“ Frauen und SM-Spielchen offenbarte) protofaschistischer „New Party“ bei. Er schrieb Artikel für das Parteiorgan „Action“ und gehörte zu den „biff boys“, die ein Auge auf die jüngeren, oft zur Gewalt neigenden Genossen warfen.

 

   Sein Geschöpf Lemmy Caution ist ein echter Mann, wie er wohl auch durch kein modernes Männerseminar mehr kreiert werden kann. Thomas Ballhausen hat diesen trinkfesten und frauenverspeisenden Bundesbeamten als „Zerrbild, als Schwundstufe eines Sympathieträgers“ beschrieben.

 

   Auch wenn die Bücher Cheyneys nicht besonders spannend sind, haben sie doch einen großen komödiantischen Reiz, da sie uns eine versunkene Männerwelt wieder vor Augen führen. Frauen werden auf ihre Kurven, Seidenstrümpfe und Lackpumps reduziert. Ansonsten ist Lemmy der Ansicht, „dass die Weiber eigentlich alle einen im Sparren haben“. Auch die Trinksitten sind äußerst maskulin in der versunkenen Welt des Lemmy Caution, die wohl unweigerlich untergegangen ist. Seine Form der Abstinenz besteht darin, sich nur zwei Gläser Bourbon zum Frühstück zu gönnen. Und auch die Ermittlungsmethoden gleichen nicht denen eines politisch korrekten deutschen Polizeibeamten: „Ich schlage ihm kräftig in die Schnauze, und er knallt so mit dem Kopf gegen die Wand, dass er beinahe einen Abdruck in der Wand hinterlässt“.

 

   Doch letztlich waren auch schon Cheyneys Männer nur Wachs in den Händen von Frauen. Denn es genügen nur ein schwarzer Morgenrock mit lauter Spitzen, der den „stärksten Eskimo vom Schlitten“ stürzen würde, und ein paar schöne Augen. Ein schmelzender Blick aus solchen Augen reichen aus, und ein neunzigjähriger Knickergreis stürzt mit grellem Schrei davon und plündert den Safe, um das Objekt der Begierde mit dessen Inhalt zu überschütten.

 

   Der Autor dieser Zeilen gelobt hinfort, sich auch weiterhin nicht die Brusthaare zu scheren, den Bart wachsen zu lassen, harte Schnäpse nicht zu verachten und Seminare unter dem Titel „Mann sein wie vor 70 Jahren – Werde zum Lemmy Caution“ anzubieten. Mal schauen, welche Männer sich anmelden, um ihren Testosteronspiegel zu erhöhen und die Leberwerte zu versauen.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Steve Rohe

Bei dieser Gruppierung von Bjoern Leimbachs Herzenskriegern handelt es sich um eine Psychogruppe. Solche Gruppierungen arbeiten unter dem Deckmantel der Persoenlichkeitsentwicklung und treten in letzter Zeit vermehrt auf. In speziell dieser Gruppierung werden die Teilnehmer ueber die Schlagwoerter Tantra, emotionale unabhaengigkeit von Frauen und Sex wann und wo ich will angelockt. Durch Mutproben, Schlafentzug, Kampf und Todeserfahrungen in Kombination mit psychologischen Frageboegen ueber persoenliche Schwaechen der Teilnehmer findet eine Gehirnwaesche des Teilnehmers statt. Diese Gruppierung ist sehr gefaehrlich und arbeitet ganz subtil um die persoenlichen Idiologien des Fuehrers umsetzen zu koennen. Spirituelle Erfahrungen werden dazu genutzt sich der Gruppe zugehoerig zu fuehlen. Mit Ritualen, Blutsbruederschaften und Treueschwueren wird gegenseitige Kontrolle und Schweigepflicht durchgefuehrt. In den hoehreren Stufen wird nur noch Bargeld abgeliefert und es werden keine Ueberweisungen mehr getaetigt. Man hat fast keine Chance aus dieser Gruppe wieder rauszukommen. Mit Freiheit und Entwicklung der eigenen Maennlichkeit und eigenen Persoenlichkeit haben die Seminare von Bjoern Leimbach und Leila Bust nichts zu tun.

Gravatar: Andreas Müller

"Es wäre sicher mal einen Versuch wert, ein solches Männertraining zu besuchen."
Ja Herr Lange, da stimme ich Ihnen zu. Besuchen Sie mal ein Männertraining. Und berichten Sie dann wieder. Es wird Ihren Horizont erweitern. Und Sie werden dann auch über die tollen Trainer, die anderen Männern auf den Weg oder aus der Sackgasse helfen, neu schreiben.
Ich freue mich schon sehr über Ihren Erfahrungsbericht - nach dem Männertraining. Also anmelden, teilnehmen und richtig Gas geben!!!
Viel Spaß dabei...
Einen herzlichen Männergruß!!

Gravatar: Martin Weißmüller

Einen Männergruß an Herrn Lange - Sie bieten in Ihrem Xing-Profil "Mut (zur eigenen Meinung) und Belastbarkeit! Sehr gut!

Meine Empfehlung: Teilnahme (und Durchstehen) des Herzenskrieger-Männerseminars bei B.T.Leimbach! Ihre Deutung über Mut und Belastbarkeit wird sich garantiert mit Sinn füllen.

Und wie spannend wäre dann die Schilderung Ihrer Eindrücke zu lesen - vielleicht schon zum nächsten Frauentag?

Na los, seien Sie ein mutiger Mann ;-)

Gravatar: Meier

Aber hallo Herr Lange,

die Behaarung macht macht doch keinen Mann aus, ob nun rasiert oder unzivilisiert.

Frauen wollen in erster Linie Sicherheit an der Seite ihres Partners und, die Freiheit sich ihre Wünsche zu erfüllen.
Graubärtige Blondinen und Zwei-Schwänzchen-Männer gelten doch eher als Zwitterwesen die sich in einem Rollenkonflikt darstellen und diejenigen, mit den rasierten Eggheads, bekämpfen vielleicht ja auch nur ihren Juckreiz, dem sie wie einem Haarwuchs ins Gehirn zu entkommen suchen.

Wie wärs denn mal mit stabiler Rationalität als Mann, für die Emotionalität sind dann die Frauen drann.

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