Freiheit und Angst

 

Viele Menschen haben Angst, ihre Meinung in der Öffentlichkeit frei zu äußern. Wie ist das in einer „freien Gesellschaft“ möglich?

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Die Generation meiner Eltern hatte große Aufgaben: die Befreiung vom Totalitarismus, der Kampf für die Meinungsfreiheit und der Aufbau des politischen Pluralismus. In Deutschland und in den Ländern des ehemaligen Ostblocks war das Erringen der staatlichen Souveränität ebenfalls eine wichtige Aufgabe dieser Generation.

Heute stehen wir vor einer anderen, noch fundamentaleren Aufgabe: die Überwindung der Angst, der Angst, sich frei zu äußern, aber auch der Angst um Geld, Job oder Karriere. Was bringt uns die schwer erkämpfte Freiheit, wenn wir Angst haben? Eins steht fest: Angst und Freiheit vertragen sich nicht. Haben wir Angst, können wir nicht sagen und machen, was wir möchten. Angst behindert uns, Angst zerstört die Freiheit.

Dass viele Menschen Angst haben, ihre Meinung offen und frei kundzutun, hat etwas mit dem Phänomen der Politischen Korrektheit zu tun. Aber nicht nur. Auch andere Faktoren spielen dabei eine wichtige Rolle, wie zum Beispiel Ansehen, Gesichtsverlust, Prestige oder sozialer Druck. Viele Menschen beugen sich lieber dem Diktat des Mainstreams.

Aber auch die Kommunikation im Internet, also an einem Ort des angeblich freien Meinungsaustausches, ist nicht angstfrei. Das wichtigste Zeichen dafür ist meines Erachtens die Anonymisierung der Meinungsäußerung. Ich kann nachvollziehen, dass es Gründe geben kann, im Internet anonym zu bleiben. Bejahen kann ich es nicht.

Viele Menschen haben Angst, im Internet ihre Meinung unter eigenem Namen zu äußern. Warum ist das so? Wovor haben sie denn Angst? Auch Anonymität und Meinungsfreiheit vertragen sich nicht. Oder doch?

Eine Gesellschaft ist erst dann frei, wenn die Menschen keine Angst haben, ihre Meinung frei, öffentlich und unter eigenem Namen zu äußern. Davon sind wir noch weit entfernt.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Rudi Gems

So etwas wie Internet, hat es noch nie in der Historie gegeben. Wir sind die Pioniere dieses Mediums. Erst seit wenigen Jahren, besteht überhaupt die Option, öffentlich seine Meinung kund zu tun. Vorher war das gar nicht möglich.

Ja, es kann schonmal Angst geben. Auch ich kenne das Gefühl. Auch ich habe schon unter Pseudonym, in Foren geschrieben, weil ich Angst hatte. Heute tue ich das nicht mehr. Meinen Namen, "Rudi Gems" kann man googeln, und mich jederzeit, sogar auf Bildern sehen und wahrnehmen.

Ich möchte meine Angst überwinden, und ich möchte frei meine Meinung sagen dürfen. Natürlich hatte ich dadurch auch schon berufliche- und private Nachteile. Ja, ich bin sogar schon in einem Forum, "Infolink", unter dem Pseudonym "GSO" der Pädofilie bezichtigt worden. Aber das stört mich nicht. Ich stehe auf dem Standpunkt, "Das es zwar auch heute noch Mut kostet, seine Meinung frei zu äußern, aber dieser Mut hält sich in Grenzen. Er ist auf jeden Fall, nicht mit dem Mut, zu vergleichen, den man aufbringen muss, wenn man mal in politischen Umständen leben muss, wo die Freiheit mit den Füßen getreten wird."

Ich bin heute fast 60 Jahre alt, und habe insofern, kaum noch was zu befürchten. Außerdem, schrecke ich nicht davor zurück, wenn Zeitgenossen meinen, meine Freiheit allzusehr einschränken zu müssen, auch mal den Staatsanwalt einzuschalten. Dieser Schritt, und auch die bloße Androhung eines Solchen, hat bisher, jedenfalls immer, eindrucksvolle Wirkung gezeigt. Auch das Internet, auch wenn manche meinen, sie hätten durch ein Pseudonym, Narrenfreiheit, ist letztlich, kein rechtsfreier Raum.

Grüße, Rudi Gems

Gravatar: Bernhard

Mein Hauch eines politischen Gespürs sagt mir. das das Ende der Freiheit gekommen ist, wenn Leute wie Frau Beverfoerde ihre Weltsicht politisch auch anderen aufzwingen. Machen wir uns nichts vor, eine rechts katholische Gesellschaft ist an keiner Stelle frei.

Gravatar: Hedwig v. Beverfoerde

Das Ende der Freiheit liegt in der Luft. Es ist noch nicht besiegelt, aber wer auch nur über einen Hauch von politischem Gespür verfügt, erwägt seine Möglichkeit. Er bedenkt das Ende und schreibt - anonym!

Gravatar: Peter

Nun, ein Kommentareintrag in einem Internetforum ist eben für "alle Welt" und "auf ewig" einsehbar. Soll der unter meinem Realnamen zu finden sein? Was habe ich von einer gläsernen Identität? Spreche ich mit meinem beruflichen Vorgsetzten, mit Geschäftspartnern, mit Verwandten, mit Stammtischkumpanen immer gleich? Soll es keine Geheimnisse mehr geben?

Deshalb schätze ich Anonymität im Internet und es sollte so auch bleiben.

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