FLOW: der Weg zum erfüllten Leben

 

Der Zustand des Aufgehens in einer Tätigkeit wird von Psychologen als Flow bezeichnet.

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Ein Schachspieler berichtet: „Wenn das Spiel mich packt, höre ich sozusagen nichts mehr ... es gibt nur das Spiel als Gegenstand meines Denkens.“ „Ich bin mir meiner Selbst und meiner Probleme weniger bewusst ... es gibt Phasen, in denen ich nichts anderes als Spielpositionen sehe.“

 

Ein Programmierer berichtet etwas Ähnliches: „Sie (die Arbeit des Programmierens) führt mich in eine phantastische Welt von Programmvariablen, Befehlen und Algorithmen. Ich fühle mich, als ob ich ein innerer Bestandteil des Computers wäre – oder selbst ein Computer.“

 

Und schließlich ein Chirurg während einer Operation: „Völliges Aufgehen in dem, was ich tue. Ich vergesse die Müdigkeit und den vergangenen Abend“. „Man vergisst seinen Körper und ist sich nur seiner Hände bewusst ... kein Gedanke an persönliche Probleme oder das Selbst.“

 

Der Zustand des Aufgehens in einer Tätigkeit wird von Psychologen als Flow bezeichnet. Der ungarisch-amerikanische Psychologe Mihaly Csikszentmihalyi nennt einige Bedingungen für das Auftreten von Flow:

 

     

  • eine Tätigkeit sollte klar definierte Ziele haben. Nur ein klar definiertes Ziel kann die Aufmerksamkeit lange genug fesseln;

  • Flow kann nur dann auftreten, wenn der Betreffende eine eindeutige Rückmeldung erhält, wie gut er seine Sache gemacht hat;

  • die Fähigkeiten und die Anforderungen müssen in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen. Sind die Anforderungen zu hoch, fühlt man sich überfordert (die Folgen davon sind Angst oder Sorge); sind sie zu niedrig, fühlen wir uns unterfordert (die Folge davon ist Langeweile). Flow ist ein Zustand jenseits von Angst und Langeweile;

  • im Flow verschmelzt der Mensch mit seiner Umwelt. Er geht in seiner Tätigkeit völlig auf. Sobald er auf sich selbst oder auf die Tätigkeit reflektiert, wird der Flow unterbrochen;

  • im Flow vergisst man sich selbst. Die Betreffenden sprechen von „Ich-Verlust“, „Ichlosigkeit“ oder „Selbsttranszendenz“. Wer sich mit sich selbst beschäftigt, kann in einer Tätigkeit nicht aufgehen.

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Es ist wichtig, dass Flow nicht zum Ziel des Handelns gemacht wird. Wenn man ihn unbedingt erreichen möchte, stellt er sich in der Regel nicht ein. Vielmehr kann er sich nur als Nebeneffekt einer Tätigkeit ergeben. Ein Chirurg z.B. operiert, um Krankheiten zu beheben oder das Leben zu retten, und nicht, um Flow zu erleben.

 

Zum Schluss noch zwei positive Nachrichten: Flow kann jeder Mensch unabhängig von Alter, Herkunft, Geschlecht und Nationalität erleben. Und er kann bei fast allen Tätigkeiten auftreten. Flow gehört zu einem erfüllten und glücklichen Leben. Ein erfüllter und glücklicher Mensch hat meist mehrere Tätigkeiten, denen er sich mit Hingabe und Leidenschaft widmet, in denen er aufgeht. Er ist somit in der Lage, vielen Situationen in seinem Leben Freude abzugewinnen.

 

Literatur:

 

Csikszentmihalyi, M., Das Flow-Erlebnis. Jenseits von Angst und Langeweile im Tun aufgehen, 19935;

 

Csikszentmihalyi, M., Flow – Das Geheimnis des Glücks, 20019.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: fritzili

Das ist ganz einfach Gott. Das ist das was im Christentum unter Gottesliebe zu verstehen ist. Flow oder Tao, das haben wir hier seit Jahrtausenden.

In diesem Augenblick ist man verbunden mit der Unendlichkeit, mit der Liebe mit der Schönheit. Im Flow ist man innerlich bescheiden aber aktiv handelnd, völlig aufgelöst in der Handlung. Dies ist der heilige Geist.

Gravatar: Freigeist

Achtsamkeitsmeditation.
Dazu benötigt man keine dümmlichen religiösen Vorstellungen, egal aus welchen der vielen Religionen dieser Erdenwelt.

Gravatar: Matthias

"Das ist es, was die Christen das «Angesicht Gottes» nennen: die Welt, wie sie sich manifestiert, einfach wahrzunehmen. Wir fühlen unseren Körper; wir hören die Autos und die Vögel. Das ist alles. Aber wir sind nicht mehr bereit, mehr als ein paar Sekunden in dieser Welt der reinen Wahrnehmung zu verweilen. Schon sind wir wieder abgelenkt, erinnern uns an das, was uns letzte Woche widerfahren ist, oder denken über das nach, was nächste Woche geschehen wird. Wir denken zwanghaft über Leute nach, mit denen wir Schwierigkeiten haben, über unsere Arbeit oder über sonst etwas. Es ist ganz natürlich, daß unsere Vorstellungen in uns aufsteigen, aber wenn wir uns in ihnen verlieren oder festbeißen, sind wir in der Welt der Bewertung von unserem egozentrischen Standpunkt aus. Die meisten von uns verbringen den größten Teil ihres Lebens mit dieser Sicht der Dinge.
Charlotte Joko Beck, Einfach Zen"

Gravatar: Gladstone

Solche Erlebnisse kenne ich auch. Denke, jetzt hat es einen Namen :)

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