Geld ist das Kind der freien Märkte. Als Tauschmittel bildet es das Fundament der arbeitsteiligen Wirtschaft, die unseren Wohlstand erzeugt hat. Geld entstand im zeitverzögerten Tausch Ware gegen Ware, im evolutionären Entdeckungsverfahren durch Versuch und Irrtum. Geld ist ein unbestechlicher Buchhalter, welcher Soll und Haben mit unlöschbarer Tinte protokolliert. Das gibt Planungssicherheit und schafft Vertrauen in Zukunftsgeschäfte. Geld wird zum Garanten für Freiheit und Gerechtigkeit. Im Jahr 1971 jedoch wurde das Geld durch einen Akt politischer Willkür abgeschafft. Womit wir seither rechnen, wofür wir arbeiten und was wir sparen, hat mit Geld nur noch den Namen gemeinsam. Dennoch verwenden wir das Pseudogeld auf eine Weise, als sei es realwirtschaftlich gedeckt. Nur zu gerne verdrängen wir das Wissen darüber, wie leicht es sich in beliebiger Menge vervielfältigen läßt. Allein die noch bestehende, harte Konkurrenz in diesem skurrilen Zettelkrieg um Quantitätsrekorde verhindert, daß einer der Papiergeldkönige gleich die ganze Welt „aufkaufen“ kann.
EBZ kauft spanische Staatsanleihen
Person X kauft im Supermarkt ein. Den gut gefüllten Einkaufswagen bugsiert sie nach dem Einkauf zum parkenden Fahrzeug, mit welchem die eben erstandenen Lebensmittel und anderen Dinge des täglichen Bedarfs nach Hause transportiert werden. Bezahlt hat die betreffende Person mit Geld – jenen Gutscheinzetteln, die den Gegenwert für den persönlich geleisteten Arbeitseinsatz darstellen sollen. Die Ware wurde zwar an der Supermarktkasse sichtbar gegen Geld getauscht, dennoch ist dieser Vorgang dem Wesen nach nichts anderes als ein Austausch von Ware gegen Ware, und zwar unsichtbar, weil mit zeitlicher Verzögerung. Dieser tiefere Zusammenhang ist im Fühlen der Menschen lebendig geblieben, auch wenn sie das nicht mit Worten ausdrücken können. Brot, das niemand zuvor gebacken hat, ist gar nicht da, ergo kann man es auch nicht kaufen.
Nach dem Einkauf setzt sich unsere Person gemütlich hin und liest die aktuelle Tageszeitung. Auf der ersten Seite ist in dicken Lettern folgende Überschrift zu lesen: „EBZ kauft spanische Staatsanleihen“. Daß diese Mitteilung unseren Leser weder empört noch beunruhigt, verdankt sich allein der Formulierung. Die EBZ stiehlt ja nicht. Im Gegenteil, sie „kauft“. Kaufen ist in Ordnung. Das hat man doch eben selbst getan, im Supermarkt.
Aus einem Beitrag zur aktuellen Krisendebatte stammt das folgende Zitat: „Um die Geldmenge vor dem Schrumpfen zu bewahren, könnte der EZB-Rat zum Beispiel zunächst Staats- und Bankenanleihen (auf dem Sekundär-, aber wohl auch auf dem Primärmarkt) aufkaufen und die Käufe mit neu geschaffenem Geld bezahlen. Die Verkäufer der Anleihen erhalten auf diesem Wege neues Geld, das sie für neue Finanzinvestitionen verwenden können, etwa Käufe von Aktien und Immobilien.“ (Thorsten Polleit, Aus Euro-Frustration wird Euro-Depression.) Hier offenbart sich die die banale Wahrheit, die wir zwar zu kennen glauben, aber doch nicht begreifen. Kaufen, man kann es nicht oft genug wiederholen, ist doch in Ordnung! Daß hier jemand mit neuem „Geld“ auf Shoppingtour geht, für das zuvor niemand gearbeitet hat, und das deshalb eigentlich gar nicht geben dürfte. Aber es kommt noch besser: die Ökonomen nennen das „Investition“. Eine bizarre Investition ist das! Ähnelt das Gebaren der „Käufer“ doch in auffälliger Weise jenem Verhaltensmuster, wie es typisch ist für delirierende Süchtige. Droht ein mögliches Ende des Konsumdauerrausches, dann sehen die „Investoren“ schon lange im voraus weiße Mäuse und brüllen lauthals um Hilfe.
Staatsschulden sind Kapitalvernichtung
Der im Januar dieses Jahres verstorbene Ökonom Roland Baader hat zeitlebens gegen die verdummende Beschwichtigungsrhetorik der Staatsverschuldungsapostel angeschrieben. Diese bezeichnen das Fiatgeld für staatliche Rettungs- und Konjunkturpakete als Segen für die Wirtschaft, weil es uns angeblich alle reicher macht und der nächsten Generation daraus kein Schaden entstehe, da diese nicht nur eine erhöhte Staatsschuld erben würde, sondern auch die größeren Forderungen aus Staatsanleihen in etwa gleicher Höhe. Die Staatsverschuldung – ein bloßes Zahlenwerk ohne Belang? Die Forderung des Gläubigers nach dem Laib Brot, der nicht mehr da ist, weil ihn der Schuldner gegessen hat, als vollkommener Ersatz für das weggegebene Brot? Zum Kuckuck! Sind die, welche so etwas öffentlich von sich geben, denn wirklich bei Trost?
Baader entkräftete den populären Unsinn mit folgendem Beispiel: „A leiht Unternehmer B eine Million. Jetzt hat A eine Million weniger Bargeld, aber eine Million mehr Forderungen. B hat eine Million mehr Bargeld, aber eine Million mehr Schulden. Beider Status ist „gleich geblieben“ und beide fühlen sich reich, denn A hat immer noch eine Million auf der Guthabenseite (Forderung); und B hat eine „neue“ Million Bargeld. Wenn aber B mit seinem Unternehmen scheitert, sind beide arm und haben Null. Die Million des B ist verloren – und die Forderung von A ebenfalls.“ (Geldsozialismus. Die wirklichen Ursachen der neuen globalen Depression. Seite 33)
Woher kommt denn das viele Geld? Natürlich, es entsteht durch „Geldschöpfung“. Klingt nett, tönt harmlos, erinnert an die biblische Schöpfungsgeschichte. Der liebe Gott dürfte wohl kaum geahnt haben, welchen Einfallsreichtum seine eigenen Geschöpfe einmal entwickeln würden, sonst hätte er als treu sorgender Vater diesem Unglück gewiß vorgebaut. Nun aber ist es soweit, und wessen er fähig ist, das tut der Mensch so lange und so intensiv, bis ihm jemand – meist ist dies das Schicksal – auf die Finger haut.
Die Geldschöpfung wird vorbereitet, indem der Staat Anleihen herausgibt, welche von der Zentralbank dann „gekauft“ werden. Bezahlt wird dieser Deal mit frischgedrucktem Geld. Dieses fließt unter diversen buchhalterischen Salti an den Staat zurück. Wozu dieses umständliche Verfahren? Wir ahnen es schon: nur so kann die harmlose Vokabel „kaufen“ heuchlerisch ins Spiel gebracht werden. Die Zentralbank „kauft“, der Staat nimmt „Kredit“ auf. Seltsame Beschreibung für das, was wirklich geschieht. Der Staat ist kein Unternehmer, der die „geliehene“ Million zurückzahlen kann. Er ist, um Baaders Worte zu benutzen, ein „Konsum-Monster“. Die fälschlich als „Geld“ bezeichneten, von ihm selbst in Druckauftrag gegebenen Gutscheine teilt der Staat „an seine Beamten und Soldaten aus, an Sozialhilfeempfänger und Rentner. Und diese Empfänger tätigen damit keine Investitionen, sondern bestreiten ihre Lebenshaltungskosten.“
Den Eigentümern der rechtmäßig durch Arbeitsleistung erworbenen Güter indes wird sukzessive die Verfügungsgewalt über ihren Besitz streitig gemacht, bis hin zur völligen Enteignung. Gleichwohl werden nur wenige begreifen, welcher Prozeß sich hierbei abspielt. Deshalb noch einmal: „Kaufen“ heißt „Tauschen“, und zwar Gut gegen Gut, Ware gegen Ware – mit zeitlicher Verzögerung und durch das Tauschmittel „Geld“. Dieser hochanständige und unbestechliche Makler im Dienste verschiedenster Interessen aber ist seit Jahrzehnten eingekerkert im Hochsicherheitstrakt der staatlichen Haftanstalt. Gaukler und Scharlatane täuschen nunmehr seine Existenz vor. Sie können uns nicht auf Dauer täuschen. Reine Papiergeldwährungen sind nun einmal kein Geld. Ohne Geld kann man nicht kaufen, sondern nur rauben. Das weiß jedes Kind.
Gewaltfreie Enteignung
Schon heute befinden sich durch Pseudokäufe immer größere Teile der globalen „Hardware“ in der Verfügungsgewalt Händen einer kleinen Finanzelite. Die vormaligen Selbstversorgungszentren und Kleinhierarchien sind abgeschmolzen zu einer amorphen Masse. Noch gibt es Inseln mittelständischer Kraft, aber auch diese erodieren. Während sich die Eigentümer in Sicherheit wiegen, ist hinter verschlossenen Türen der Besitzerwechsel bereits formal beschlossen. Die Enteignung geschieht geräuschlos, auf gewaltfreiem Wege und zudem unter tätiger Mithilfe der Opfer: ein historisch einmaliger Vorgang! Niemand merkt etwas. Wer kauft, ist anständig. Der Kauf, ein sittlich korrekter, unverdächtiger ökonomischer Akt: niemand schöpft Verdacht. Wo Sprache aus Unmoral Moral macht, wird Unrecht zu Recht und kann weder als solches erkannt noch bekämpft werden.
Auf welchen Handel haben wir in Europa uns da bloß eingelassen! Sind wir im Laufe der Jahrhunderte wirklich klüger geworden, wie wir selbstgefällig meinen? Zur Zeit der großen Entdeckungsreisen spielten sich in den neu entdeckten Kontinenten Dramen ab: aus Mangel an Wissen über echte und falsche Werte, das sie nicht haben konnten, gaben Ureinwohner große Teile ihres wertvollen Besitzes im Tausch gegen wertlosen, aber glitzernden Zivilisationstand hin, welchen die hinterlistigen „Käufer“ als Entgelt darboten. Nur wenig mehr als zwei Jahrhunderte später gibt der aufgeklärte Staatsbürger aus freiem Willen das Kostbarste weg, was der Mensch besitzt: seine begrenzte Lebenszeit! Als Gegenwert für jahrzehntelange Schinderei in Hektik und Zeitnot akzeptiert er bedrucktes Papier, das nicht einmal durch Glitzerglanz das Auge zu erfreuen vermag. Mit heiligem Ernst sammeln die Dummköpfe, die wir selbst sind, die Papierzettel und addieren die aufgedruckten Ziffern im festen Glauben, damit Wohlstand erworben zu haben. Die Wahrheit ist eine andere, und sie ist bitter: Nicht nur unser Land haben wir „verkauft“, sondern auch uns selbst. Gehorsam krümmen wir unsere Rücken vor dem Obereigentümer allen Eigentums, dem „Staat“. Obwohl stets von neuem enttäuscht, klammern wir uns an das immerwährende Versprechen von Glück, Wohlstand und Erlösung. Für diese Illusion ist ein allzu hoher Preis zu entrichten. So lange wir dies nicht begreifen, werden wir uns als Opfer unserer eigenen Einbildung bis zur physischen Erschöpfung um uns selbst drehen müssen wie der Hund, der die Wurst niemals schnappen kann, weil sie an seiner Schwanzspitze festgebunden ist.
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