Fastenzeit: Freiheit statt Sünde

In der Fastenzeit geht es auch um Sünde und Buße – Begriffe so unmodern wie nur irgendwas. Die Umkehr verspricht aber eine größere Freiheit als die Welt sie geben kann.

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Fasten- und Bußzeit heißt die Zeit zur Vorbereitung auf die Kartage und Ostern. Schließlich geht es beim Almosen geben, Fasten und Beten, also den Schwerpunkten dieser Zeit, auch um die Buße, also die Umkehr zu Christus: Die Dinge zu lassen und mich von ihnen zu lösen, die mich von Gott fernhalten, und mich im Gegenteil Gott zuwenden. In der Aschermittwochmesse heute Morgen im Kölner Dom hatte Weihbischof Schwaderlapp dazu drei Tipps: 1. Nehmen Sie sich etwas zur Fastenzeit vor. 2. Nehmen Sie sich nicht zu viel vor. Und 3. Nutzen Sie die Fastenzeit für das Bußsakrament!

Spätestens an dieser Stelle scheiden sich dann die Geister derjenigen, die die Fastenzeit zum Abnehmen des Weihnachts-, Karnevals- und Winterspecks nutzen wollen, von denen, die tatsächlich zu Jesus umkehren wollen und auch erkennen, dass es einer Umkehr bedarf. Es ist eben ein schmaler Weg, der zu Gott führt – da Jesus uns das mit auf den Weg gegeben hat, dürfen wir davon ausgehen, dass er das auch so gemeint hat. Es wird nicht ein einfacher Weg sein, und wir sind gut beraten die “Hilfsmittel”, die wir an der Hand haben auch zu nutzen, zu denen eben auch die Beichte gehört.

Vor der Beichte steht aber das Bewusstsein, dass diese Beichte auch notwendig ist, das Bewusstsein der eigenen Schuld. Und da hapert es – durchaus auch bei mir, das ist kein reiner Vorwurf an die Welt “draußen” – schon am Anfang. Was tue ich denn schon Schlimmes? Die meisten bestehlen niemanden (wenn man mal von ein paar Kleinigkeiten wie Steuertricks oder das Abgreifen von Filmraubkopien absieht), töten tuen wir schon erst Recht niemanden (wenn man außer Acht lässt, dass wir möglicherweise eine Mitverantwortung für den Tod anderer Menschen in Kriegs- oder Hungergebieten tragen könnten, worüber man aber lieber nicht so oft nachdenkt) … und der Rest dessen, was so im Katechismus oder in diversen Beichtspiegeln liest … naja, man muss ja nicht alles auf die Goldwaage legen und auch nicht päpstlicher sein als der Papst.

Einen Beichtspiegel haben zwar die meisten schon lange nicht mehr in der Hand gehalten, aber es scheint klar zu sein, dass das Allermeiste was man darin finden kann, nicht mehr in die Zeit passt, eigentlich gar keine Sünde ist – wobei der Begriff der Sünde schon einer ist, der den wenigsten überhaupt noch über die Lippen will. Sünde, das ist doch nur ein Begriff, der der Schuldzentrierung der Kirche entspringt. Die Bezeichnung eines Tuns, das mein Gewissen gar nicht belastet, als Sünde hat doch nur das Ziel, in mir ein Schuldbewusstsein zu erzeugen. Von da aus ist es nicht mehr weit, bis man der Kirche, die versucht, sich mit Instrumenten der Schuldzuweisungen im Spiel zu halten, den Drang zum Machterhalt unterstellt.

Dabei ist jedem klar, dass an dem, was in so einem Beichtspiegel steht – ich verlinke hier mal einen aus dem Stift Heiligenkreuz – durchaus was dran ist. Da muss man gar nicht in erster Linie auf die Fragen, die direkt Gott betreffen eingehen (die natürlich für einen Christen in erster Linie Wichtigkeit haben, da sie auf die anderen Themen ausstrahlen). Für jeden ist eigentlich unmittelbar einsichtig, dass der Neid der Beziehung zu anderen schadet, dass es neben körperlichen auch seelische Verletzungen geben kann, für die ich verantwortlich sein kann, dass ich also auch ohne Raub und Mord meine Beziehungen zu anderen besser oder schlechter gestalten kann. Dazu gehört – im verlinkten Beichtspiegel in Kürze und prägnant beschrieben – auch mein Verhältnis zu mir selbst. Im Gegensatz zur landläufigen Meinung geht es auch dabei nicht nur um Geschlechtlichkeit sondern auch um meine Charakterzüge wie potenzieller Stolz, Egoismus, Unmäßigkeiten oder auch die Frage, ob ich eigentlich in Summe wahrhaftig bin oder mich selbst und andere über mein wahres Ich zu täuschen versuche.

All diese Dinge wird einem ein gewiefter Psychologe möglicherweise als Schuldkomplexe auszureden versuchen, aber im Grunde wissen wir, dass wir mit ganz vielen Themen Schuld auf uns laden, uns mit ganz vielen Verhaltensweisen von Gott entfernen. Eine Therapie, wie sie bei Schuldkomplexen dann empfohlen wird, wird dann nur an den Symptomen arbeiten: Das Fieber ist weg aber die Grippe bleibt … und mit Sicherheit wird das Fieber in noch stärkerem Umfang wieder ausbrechen, wenn ich die Symptombehandlung wieder abbreche. Heilung dagegen verspricht nur Gott selbst, und die Einsicht es nötig zu haben, seine Sünden vor ihn zu tragen, sie von ihm vergeben zu lassen, zu bereuen und – wo möglich – auch Wiedergutmachung zu leisten, ist in Wahrheit keine belastende Einsicht sondern eine befreiende! Die Beichte befreit mich aus meiner Selbstbezogenheit, sie befreit mich aus weltlichen Fesseln, die mein Leben schlechter machen, als es sein könnte.

Wer immer also darauf hinweist, die Kirche mache mit Instrumenten wie der Beichte unfrei, der hat entweder dieses Sakrament überhaupt nicht verstanden, oder – und ich empfehle da mal intensiver drüber nachzudenken – verfolgt selbst das Ziel, uns in Unfreiheit zu führen: In eine Unfreiheit, die der Geiz oder der Neid bereitet, ein Unfreiheit, die sich in körperlichen oder seelischen Abhängigkeiten niederschlägt, eine Abhängigkeit von weltlichen Dingen, die immer nur höchstens die zweitbeste Erlösung versprechen im Vergleich zur Freiheit, die Gott uns von den irdischen Dingen bietet. Wer die Beichte als Instrument der Unterdrückung diffamiert hält in der Hinterhand vermutlich eine andere Knute!

Wohl dem, der das weiß und die vielen Gelegenheiten zur Beichte – nicht nur aber vor allem in der Fastenzeit – nutzen kann!

Beitrag erschien auch auf: papsttreuerblog.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Joachim Datko

Auf das Ergebnis kommt es an: Verlassen Sie die r.-k. Kirche!

Zitat: "Wer immer also darauf hinweist, die Kirche mache mit Instrumenten wie der Beichte unfrei, der hat entweder dieses Sakrament überhaupt nicht verstanden, oder – und ich empfehle da mal intensiver drüber nachzudenken [...]".

Man kann doch probehalber für ein Jahr die r.-k. Kirche verlassen.

Ein Freund von mir hat sich in der Nachkriegszeit als Kind etwas Taschengeld verdient, indem er sich Beichtzettel erbeichtet hat, die er an Männer für eine DM weiterverkauft hat. Damals war es noch üblich, dass der katholische Priester in einer Kleinstadt die Beichtzettel in den Haushalten überprüft hat. Kann das von den älteren Lesern jemand bestätigen? Gab es die Praxis auch bei Ihnen, dass die Priester die Beichtzettel überprüft haben?

Gravatar: Freigeist

Die Freiheit von Dogmen ist die größtmögliche Freiheit, die es mental geben kann.

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