Europa lacht sich schief

Nachdem der Begriff „Herdprämie“ in den gängigen Sprachgebrauch von Politik und Medien Einzug gehalten hat, gelegentlich auch als Gluckenprämie oder selten auch als Schnapsprämie, verwundert es, dass die familienferne Kinderbetreuung nicht ähnlich spöttisch als Kasernenprämie oder Abschiebeprämie bezeichnet wird.

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Kann man daraus schließen, dass Mütter es gar nicht nötig haben, Lebensentwürfe anderer Mütter zu verteufeln? Doch immer noch holen Journalisten und PolitikerInnen mit Vorliebe den verstaubten Rabenmuttervorwurf von 1960 aus der Mottenkiste, wenn sie mit Schaum vor dem Mund das geplante Betreuungsgeld kritisieren, als ob dieser längst ausgediente Vorwurf in der Debatte hilfreich wäre. Kein kritischer Beitrag, vor allem von den Damen aus dem politischen, medialen und wirtschaftlichen Establishment, ohne den Notnagel „Rabenmutter“! Von solchen populistischen Tricks erwarten sich die deutschen Meinungsmacher noch immer Applaus.

Völlig ignoriert haben dagegen unsere deutschen Hirnwäscher bisher das mitleidige, bisweilen überheblich kopfschüttelnde Gelächter unserer französischen oder nordeuropäischen Nachbarn. Eine nationale Debatte um 100 oder 150 Euro für Mütter, die keinen Krippenplatz für ihr Kind in Anspruch nehmen? So etwas gibt es doch tatsächlich nur in Deutschland! Hahaha!

Sind es gezielt geschürte irrationale Ängste vor einer künftigen Verarmung durch die Ausgabe von 1,4 Mrd.? Ist es absurder Sozialneid der heute mehrheitlich kinderlosen Bevölkerung? Ist es vielleicht die Angst der Parteien vor einem Wahldebakel durch die Rentner, die glauben zu kurz zu kommen? Oder fürchten die Polittechnokraten, dass ein Betreuungsgeld Frauen wegen der läppischen Kindererziehung für Jahre von der Erwerbsarbeit fernhalten könnte, wo doch jeder potentielle Arbeitsplatz zusätzlich Steuern in die Kasse spülte? Vielleicht aber trauen sie jahrtausendelang bewährter elterlicher Kinderbetreuung ab 2013 nicht mehr über den Weg, weil sie das Erziehungsversagen weniger Eltern zur Regel deklarieren. Oder erhoffen sie sich von kollektiv-staatlicher Krippenkultivierung den willfährigen künftigen Staatsbürger?

Das alles mag eine gewisse Rolle spielen. Am wahrscheinlichsten aber erscheint mir als Begründung das Gender Mainstreaming-Abkommen von 1995, das auf der 4. Weltfrauenkonferenz in Peking beschlossen wurde und über UN und EU auf nationaler Verwaltungs- und Gesellschaftebene verwirklicht werden soll. Zwar soll es, vordergründig, um Gleichstellung aller "Unterdrückten" (Homos, Lesben, Bi- und Transsexuelle und eben auch der Hausfrauen, sprich „Heimchen am Herd“) gehen. Die Frauen sollen wie die Männer durch eigene Erwerbsarbeit ihren Lebensunterhalt = Unabhängigkeit von einem Ernährer und ihren Rentenanspruch selbst erwerben***. Alle familienbezogenen Gesetze, die seither erlassen wurden, richteten sich nach diesen Gendervorgaben aus. Kinder sind dabei nur störend. Sie werden für Eltern zum bedrohlichen Klotz am Bein und zur Karrierebremse. Daher müssen sie den Müttern entzogen werden. Man hätte, zynisch gesagt, die Kinder auch verhüten oder abtreiben können, würden sie nicht noch gebraucht als Garanten für die Beschaffung künftiger Renten! Fest steht für das politische Establishment: Mütter dürfen keinesfalls noch dafür belohnt werden, dass sie dem Betrieb fernbleiben, nur weil sie ihre Kinder rund um die Uhr selbst betreuen wollen. Dafür sind unseren Eliten 35 Cent Stundenlohn nichts anderes, als „Perlen vor die Säue“!

Nun sollte man meinen, dass diese Vorgaben auch für Frankreich gelten. Aber nein, Frankreich hat es gar nicht nötig, einer Genderrichtlinie zu gehorchen. In größtmöglicher Freiheit können dort Familien ihr spezielles Lebensmodell leben und werden vom Staat dafür noch reichlich unterstützt, u. a. mit einem monatlichen Betreuungsgeld von 490 Euro, wenn sie sich vollzeitig um die Erziehung ihrer Kinder kümmern. Niemand geifert dort: "Falsches Signal!"oder "Fehlanreiz!" ertingen.de/familie/anlagen/a11.pdf Anstatt sich aber Frankreich zum Vorbild zu nehmen, kopieren deutsche FamilienpolitikerInnen lieber das Modell aus der marxistisch-leninistischen Gesellschaftslehre. Bekanntlich hat der Sozialismus großes Verderben über die Menschheit gebracht und ganze Systeme in sich zerfallen lassen. Aber wenn Gewinne herausspringen, dann werden im Deutschland des 3. Jahrtausends gerne auch mal Kapitalverbrechen sanktioniert.

Derweil schauen unsere europäischen Nachbarn seelenruhig lächelnd zu, wie sich das reiche Deutschland in seiner nachwuchsvergessenen GIER allmählich selbst abschafft.

Die Frage, die wir uns selber beantworten müssen, bleibt dennoch: Wie lange lassen wir es noch zu, dass unsere deutsche Ausbeutungspolitik Land und Gesellschaft sehenden Auges in den Ruin treibt?

*** Rentenansprüche könnten sich Hausfrauen auch durch ein Erziehungs-und Pflegeeinkommen erwerben, so es denn Befürworter fände!

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Emuna

Betreuungsgeld hin oder her. Jedenfalls driftet unserer Gesellschaft in eine falsche Richtung mit der Institutionalisierung unserer Kinder.

Gravatar: Stella

@Freigeist:In Frankreich zahlen Familien ab dem dritten Kind keine Einkommenssteuer,es gibt 490¤Betreuungsgeld pro Monat, wenn Eltern ihr Kind nicht in die Krippe geben, Au Pairs werden bezahlt. Auch Schweden rudert in punkto außerhäuslicher Betreuung wieder zurück.
Ein echter Freigeist würde echte Wahlfreiheit für Eltern befürworten.

Gravatar: Bettina Sp.

Ein typischer Bärbel Fischer Artikel, womit ich meine: Eine wieder mal treffsichere Analyse unserer verfehlten, armseligen Familienpolitik.
Danke für den Artikel!

Gravatar: Lupengucker

Wieder mal gut und richtig geschrieben, Frau Fischer. Herzlichen Dank!

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