Eine fiktive Geschichte

Eine rein fiktive Geschichte: Ein Paar findet sich und heiratet. Sie ziehen zusammen und verfolgen weiter gleichberechtigt ihre Karrieren.

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Der Mann hilft im Haushalt mit, und sie kann selbstverständlich die Glühbirnen in der Wohnung auswechseln. Zum Glück gehen die Stromsparbirnen selten kaputt. Dafür geniesst dieses Modellpaar um so öfter die gesunde Küche beim Nobelitaliener um die Ecke. Im Winter sieht man sie regelmäßig beim Après-Ski in den Schweizer Bergen, während im Sommer die Bretagne bevorzugt wird. Möglicher Nachwuchs wird hormonell verhindert (meistens davor, ein paar Mal aber auch danach).

Im Alter von 35-37 Jahren entschliesst sich das erfolgreiche Paar dann nach vielen Diskussionen und unter rationaler Abwägung aller Vor- und Nachteile, nun ein oder maximal zwei Kinder zu bekommen. Da allerdings der langjährige Hormoneinsatz nicht spurlos geblieben ist und die biologische Uhr tickt, erfüllt sich der Wunsch leider nicht.

Kein Problem, der Staat fördert die künstliche Befruchtung, denn dieses Paar hat es sich durch umfangreiche Steuer- und Sozialabgabenzahlungen ja mehr als verdient. Beim dritten Versuch dann klappt es: aus den fünf befruchteten Eizellen suchen die Ärzte nach verschiedenen genetischen Tests die zwei fittesten aus, die in die Gebärmutter eingesetzt werden, und können dabei auch gleich Geschlecht und Haarfarbe entsprechend der Wünsche der Eltern auswählen. Einer der beiden Embryos nistet sich in der Gebärmutter ein. Das Paar ist glücklich.

Die überzähligen drei Embryonen, die ihre Petrischalen noch nicht verlassen haben, werden zunächst eingefroren. Sie könnten später noch genutzt werden, vielleicht für weitere Schwangerschaften. Sie könnten aber auch, nach der staatlich zertifizierten Umbenennung in embryonale Stammzellen, an die pharmazeutische Industrie verkauft werden, die an diesen neue Krebsmittel testet. Das junge Paar, inzwischen Eltern geworden, wäre sicherlich zufrieden, auch damit noch der Menschheit einen Dienst erwiesen zu haben.

Alle sind glücklich: die Eltern, die Ärzte, die Beamten in der Finanzverwaltung, die Regierung, die Vertreter der pharmazeutischen Industrie und die Krebskranken. Nur manchmal, in ruhigen Momenten, wenn sich die Gedanken nicht abschalten lassen, leiden Einzelne unter einer neuen psychosomatischen Krankheit, die man das DWLSNU-Syndrom genannt hat, das "Die Wahrheit lässt sich nicht unterdrücken-Syndrom." Bevor sich die Psychotherapie damit beschäftigte, hatte man es einfach "Gewissen" genannt. Aber zum Glück soll ein neues, revolutionäres Medikament, das Abhilfe verspricht, kurz vor der Zulassung stehen...

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Violette B.

was ist das blos wieder für ein schwachsinn- Kinder wie Autos produzieren...??? So ein Blödsinn, blos weil man sich von der medizinischen Wissenschaft bei der völlig natürlichen weiterpflanzung zweier menschen helfen lässt, ist das doch keine maschinerie! dann dürfte auch keiner mehr ins Krankenhaus und sich von maschinen am leben erhalten lassen, das ist doch nicht natürlich, ebenso wie bereits angemerkt das Auto selbst... kein Paar will sich klonen lassen, und kein Paar wählt ein Kind nach Haarfarbe/ Geschlecht aus, was in BRD ja auch schlichtweg verboten wäre. Hingegen werden immer mehr junge Mädchen schwanger, die ihr Kind "wegschmeißen" was der staat sogar bezahlt, und dies würde sogar noch häufiger vorkommen wenn es die "künstliche verhütung" nicht gäbe! schlimmer noch, die Fälle von tot aufgefundenen Säuglingen würden ebenfalls drastisch in die Höhe schießen, während bei den Adoptionsfällen sich wahrscheinlich nicht viel verändern würde. Oder schwangere Frauen die ihr behindertes Baby selbst in einem bereits lebensfähigem Stadium noch abtreiben dürfen, ist das vielleicht besser als einen 8 zelligen Krümel aus zu sortieren, der eh nicht lebensfähig wäre?? Ebenso gehen jeden Monat bei tausenden frauen kleine Embryos ab- ohne dass sie es überhaupt merken. Und zur Adoption wäre fast jedes dieser betroffenen Paare bereit, aber hey, die meisten warten auch darauf vergeblich. Diese fiktive geschichte von diesem alten Paar, gehört mir wohl auch eher in die Kategorie billiges Märchen, denn so einen Mist habe ich noch nie gehört. Wie kann man blos die Verzweiflung die mit unerfülltem Kinderwunsch einhergeht, und niemals erst in diesem Alter beginnt, sondern sich viele Jahre fortsetzt, so in den Dreck ziehen und diese paare derart blos stellen. Wie es wäre, wenn Kinder ungeplant als geschenk von jedem angenommen würden? Für viele dieser kinder bestimmt sehr grausam, da sie für eine kindgerechte Entwicklung einfach bestimmte Voraussetzungen brauchen, wie beispielsweise die Freude und Liebe ihrer Eltern! Und wenn die künstliche Befruchtung nicht so teuer wäre, könnten sich sogar noch mehr Familien aus der Unter-/Mittelschicht ihren Nachwuchs leisten... ;-)

Gravatar: Alexandra Maria Linder

Guten Morgen, es geht hier nicht um technische Errungenschaften, sondern um die Technisierung des Menschen, um künstliche Herstellung von Kindern und um die Frage, ob man Kinder wie Autos produzieren, bestellen und wieder abbestellen darf - da ist doch noch ein gewisser Unterschied. Ungewollt kinderlose Paare sind in einer schwierigen Situation, aber rechtfertigt diese Situation die Produktion von genetisch aussortierten Kindern, von denen die einen weggeschmissen, andere tiefgekühlt werden und nur wenige leben dürfen? Wie wäre es mit der Adoption von Kindern, die sonst abgetrieben würden? Wie wäre die Lockerung des Adoptionsrechts, die nicht nur für ehemalige Bundeskanzler, sondern für alle gilt? Wie wäre ein Nachdenken darüber, ob künstliche Verhütung wirklich das Nonplusultra ist oder nicht vielleicht die in der Tat wichtigen Gefühle abtötet? Wie wäre es, Kinder nicht wie andere "Anschaffungen" zu planen, sondern einfach offen dafür zu sein und sie als Geschenk anzunehmen? Und wie wäre ein Umdenken weg vom "Ich muß dem Kind alles bieten können und trotzdem alles haben" hin zum "Es gibt wichtigere Dinge für ein Kind als perfekt eingerichtete Häuser und Kinderzimmer"?

Gravatar: B. Öse

Eine rein fiktive Geschichte: Es wird eine Maschine erfunden, die 4 Räder hat, keine eigene Körperkraft erfordert und Personen von A nach B transportieren kann.
Immer mehr Menschen können sich diese Maschine kaufen, denn Massenproduktion macht sie immer kostengünstiger. Bald sind die Straßen so voll mit diesen Maschinen, dass man kaum noch vorwärts kommt. Auch kommt es hin und wieder zu Unfällen, wo zwei solche Maschinen zusammenstoßen und Menschen sterben. Die Luft wird schmutzig. Atemwegserkrankungen treten gehäuft auf.
Aber: Alle sind glücklich. Denn die Maschine ist so schnell, dass man mit ihr 200 km und mehr in der Stunde zurücklegen kann. Die Menschen können mit ihr ganz weit weg in den Urlaub fahren, auch Verwandte und Freunde in fernen Städten in kurzer Zeit besuchen. Eine täglich anzufahrende Arbeitsstelle in 100 km Entfernung wurde auch realisierbar. Nur manchmal in einer ruhigen Minute denkt der eine oder andere daran zurück, wie schön es doch war, mit dem Pferdewagen über das Land zu fahren.

Und noch eine rein fiktive Geschichte: Es wird ein Mittel gegen Ohrenweh erfunden.
Weil es ja nun dieses Mittel gibt, brauchen die Menschen keine Mützen mehr zu tragen. Sie können sich auch bei kälteren Temperaturen lange im Freien aufhalten. Auch Tanzveranstaltungen mit großen Lautsprechern sind kein Problem mehr, weil der Staat das Ohrenwehmittelchen an jeden nahezu kostenlos abgibt.
Alle sind glücklich: die Menschen, die Ärzte, die Beamten in der Finanzverwaltung, die Regierung und die Vertreter der pharmazeutischen Industrie. Nur manchmal fragen sich die Leute, welche Gefühle sie hatten, wenn sie früher das Zirpen einer Grille oder das Summen einer Biene gehört haben.

Ich könnte noch mehr solcher fiktiver Geschichten aufschreiben über all die Dinge, die unserer Gesellschaft, den Menschen, doch einen großen Nutzen bringen. Wenn da auch die zahlreichen kleinen Risiken und Nebenwirkungen sind. Wollen wir deshalb auf alle technischen Errungenschaften verzichten? Wäre unser Leben so lebenswerter? Kommt es nicht eher darauf an, unsere Errungenschaften sachgemäß anzuwenden und nicht zu missbrauchen? Macht es Sinn, eine Methode und die Menschen, die diese Methode aus Krankheitsgründen nutzen, zu verteufeln, indem man nur die Risiken und Nebenwirkungen aufzeichnet?
Die hier aufgezeichnete fiktive Geschichte eines Paares ist reichlich unrealistisch dargestellt. Nur wenige Paare entschließen sich erst im Alter von 35 - 37 Jahren zum Gründen einer Familie. Zumal, wenn sie schon vorher längere Zeit als Paar zusammen gelebt haben. Die Entscheidung für ein Kind passiert meist auch nicht auf rein rationaler Ebene, weil, so eine Entscheidung ist mit starken GEFÜHLEN verbunden. Eine Entscheidung für eine „künstliche Befruchtung“ ist auch nicht „kein Problem“, denn abgesehen von den finanziellen Belastungen, ist sie begleitet von weit reichenden psychischen und auch physischen Belastungen. Bei einem so alten Paar klappt es meist auch noch nicht beim 3. Versuch, erst recht nicht, wenn eine PID mit dem Aussortieren gesunder Embryonen (Geschlecht, Haarfarbe!) gemacht werden würde. Eine PID zur Bestimmung so unwichtiger Merkmale wird auch von ungewollt kinderlosen Paaren nicht gewünscht. Und insbesondere daran entlarvt dich deine Geschichte als Nichtbetroffene! Du hast keine Ahnung, wie es ist, ungewollt kinderlos zu sein. Sonst würdest du so was nicht schreiben.
Paß mal auf, dass du nicht von dem „IHKAWATDDLDSL“-Syndrom heimgeholt wirst. „Ich habe keine Ahnung, will aber trotzdem, dass die Leute das sein lassen.“ Auch Bevormundungssyndrom genannt. Aber vielleicht gibt es ja auch dagegen bald ein wirkungsvolles Medikament?

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