Ein Freund?

Stellen Sie sich mal vor …

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Sie haben einen guten Freund. Mit diesem Freund teilen Sie alles Freud und Leid ihres Lebens. Sie sprechen ihn regelmäßig, sehen sich meist täglich. Wenn Sie es mal nicht schaffen, sich zu sehen, bemerken Sie, wie Sie ihn vermissen – und auch Ihr Freund vermisst dann die Zeit mit Ihnen. Darum haben Sie feste Zeiten vereinbart, in denen Sie miteinander sprechen, und feste Zeiten, wann Sie sich treffen. Ab und zu halten Sie diese Zeiten nicht ein, aber Ihre Freund nimmt das nicht übel und hofft dann einfach, dass Sie beim nächsten mal wieder da sind.

Mit Ihrem Freund können Sie über allen möglichen Unfug klönen, aber auch – vor allem – sehr tiefe Gespräche führen – tiefer als mit jedem anderen. Der Freund geht immer auf Ihre Themen ein, interessiert sich dafür, wie es Ihnen geht, hilft Ihnen bei Problemen oder wenn Sie traurig oder wütend oder einfach nur schlecht gelaunt sind.

Er bietet Ratschläge an, ist aber auch langmütig, wenn Sie die Ratschläge nicht annehmen. Das Ablehnen der Ratschläge Ihres Freundes hat sich bislang aber noch immer – jedenfalls auf lange Sicht – als Fehler erwiesen. Ihr Freund hätte es auch gerne, wenn Sie sich auf seine Themen einließen, wie er das mit Ihren tut – er ist aber auch nicht böse, wenn Sie das mal nicht tun.

Ab und zu passiert es, wie in jeder Beziehung, dass Sie Ihren Freund durch Ihre Worte oder Taten verletzen. Aber Sie haben die Erfahrung gemacht, dass Sie, wenn Sie das bemerkt haben, immer zu ihm kommen können. Er erwartet zwar dann schon, dass Sie einsehen, dass Sie ihn verletzt haben, wird Ihnen dann aber in jedem Fall vergeben, egal, was Sie ihm zugemutet haben.

Dieser Freund ist für Sie da, auch wenn alle anderen sich von Ihnen abwenden. Er nimmt sich Zeit für Sie, lässt Sie nicht im Stich, nie, vor allem dann nicht, wenn es Ihnen nicht gut geht, sie vielleicht Probleme bei der Arbeit haben, oder in der Familie, mit anderen Freunden. Er teilt aber auch die Freuden Ihres Lebens mit Ihnen. Ab und zu fällt Ihnen aber auf, dass das, was Ihnen Spaß macht, Ihrem Freund nicht recht gefällt. Aber immerhin ist er sehr offen: er erklärt Ihnen dann, warum ihm dieses oder jenes nicht gefällt. Und Sie haben bemerkt: es geht Ihrem Freund dabei nicht darum, dass das dann gegen ihn ginge, es geht ihm darum, dass es Ihnen schadet. Es gibt, das haben Sie zwischenzeitlich auch selbst bemerkt, Dinge, die Ihnen vermeintlich Spaß machen, die aber auf lange Sicht nicht gut für Sie sind. Ab und zu wollen Sie trotzdem daran festhalten, und Sie merken, wie sich die Beziehung zu Ihrem Freund dadurch verändert – weil Sie sich von ihm entfernen. Sie wollen dann seine Ratschläge, seine Bedenken nicht hören und entfernen sich von ihm. Wenn Sie in sich hineinschauen stellen Sie fest, dass Ihr Freund dann trotzdem für Sie da sein möchte, Sie ihn aber selbst ablehnen.

Aber Sie wissen auch, dass Sie nach so einer Zeit, immer wieder zu ihm kommen können. Er nimmt Ihnen nicht übel, dass Sie die Beziehung belastet haben, vergibt Ihnen, wenn Sie gemeint haben, er würde Ihnen Ihren Spaß nicht gönnen, wenn Sie gemeint haben, er verlange von Ihnen, auf etwas, was Sie für wichtig halten, zu verzichten.

Über die Jahre haben Sie so eine intensive Beziehung aufgebaut – die Freundschaft wird tiefer, Ihr Freund hat Sie schon immer verstanden, und auch Sie verstehen ihn immer besser. Die Missverständnisse werden weniger, wenn sie auch nie ganz aufhören, aber die Brüche in Ihrer Beziehung werden nicht mehr so tief sein. Sie genießen es, mit Ihrem Freund zusammen zu sein, auch dann, wenn er Ihnen – wie sich das für einen guten Freund eigentlich gehört – unbequeme Wahrheiten zumutet. Sie wissen, dass er es gut mit Ihnen meint – vergessen das immer seltener. Sie möchten, dass Ihr Freund auch weiß, wie sehr Sie ihn schätzen, darum halten Sie Ihre Termine ein, hören ihm zu, wenn er Ratschläge hat, befolgen Sie auch immer mehr, nicht nur ihm zuliebe sondern auch weil Ihnen die Erfahrung gezeigt hat, dass sie die besten Ratschläge sind, die Sie je bekommen haben.

Sie haben ein Bild von dieser Freundschaft (und ahnen vermutlich auch schon, wer der ominöse Freund ist, von dem ich hier spreche)?

Und jetzt stellen Sie sich vor, Sie gehen zu diesem Freund und sagen ihm:

"Ich brauche mal eine Auszeit von Dir! Du hast mir jetzt jahrelang Ratschläge erteilt, und ich bin es satt, sie immer befolgen zu müssen. Ich fühle mich von Deiner Art eingeengt und möchte mich darum aus dieser Freundschaft lösen. Ich brauche meine Freiheit und nicht Deine Vorstellungen davon, was gut für mich ist! Ich glaube, dass je länger wir uns nicht mehr sehen werden, umso unabhängiger werde ich von Dir und werde dann endlich die Dinge tun können, von denen Du mir immer gesagt hast, sie seien nicht gut für mich. Ich glaube, Du hast das nie gesagt, weil es wirklich gut für mich wäre, sondern um mich einzugrenzen, mir den Spaß zu nehmen an Konsum, am Sex, an Freiheiten, die die Welt bietet. Und nur damit Du es weißt: ich werde diese Auszeit nehmen, ohne mich mit Deinen Themen, mit Deinen Meinungen und Werten zu befassen. Ich nehme diese Zeit ganz für mich, und mein Ziel dabei ist, mich endgültig von Dir zu befreien. Denn ich fühle mich unfrei bei Dir, Deine Ratschläge engen mich ein, unsere gemeinsame Zeit engt mich ein, Deine Ansprüche, auch wenn Du sie nicht zwingend formulierst, engen mich ein. Ganz unmerklich hast Du um mich herum ein Korsett aufgebaut, dass mich so sehr einengt, dass ich am Ende nicht mehr frei bin sondern nur noch so sein kann, wie Du mich haben willst. Und nur weil das langfristig meist in Ordnung für mich war, heißt das noch lange nicht, dass Du so einen Einfluss auf mein Leben haben solltest. Ich will frei sein von Dir und mich den Dingen zuwenden, die mir wirklich Spaß machen, auch wenn sie nicht gut sind für mich. Ich will alles ausprobieren, was die Welt bietet und ich will meinen Trieben folgen, meinen eigenen Wünschen und Begierden. Das ist die Freiheit, die Du mir nicht gibst! Was meinst Du, Du hättest mich nie eingeengt, mir immer die Freiheit gelassen? Nein, ganz unmerklich hast Du meine Freiheit geraubt und die hole ich mir jetzt wieder … mit dem Ziel, Dich nie wieder sehen zu müssen!"

Das in etwas ist das, was ein Autor in der Internetzeitung FreieWelt, in der auch ausgewählte Beiträge dieses Blog erscheinen, in seinem Beitrag mit einem „Urlaub von Religion und Kirche“ meinen muss. Jeder mag sich selbst überlegen, ob er ein Freund sein möchte, der so agiert. Jeder mag sich selbst überlegen, ob er ein solches Verhalten in einer Freundschaft überhaupt für möglich hält. Jeder mag sich selbst ein Bild machen, was er von einem solchen Freund halten würde. Zum Glück haben wir aber einen Freund im Himmel, der selbst über eine Tirade wie die oben hinwegsehen kann, wenn wir dann eines Tages wieder zurück kommen. Er wird vergeben, auch denjenigen, die ihn ablehnen – wenn sie denn aufrichtig nach der Wahrheit suchen. Wie Papst Franziskus in seinem lesenswerten Brief an den atheistischen Gründer der italienischen Tageszeitung „La Repubblica“, Eugenio Scalfari, schreibt:

Vorausgesetzt – und dies ist fundamental –, dass die Barmherzigkeit Gottes keine Grenzen hat, wenn sich jemand mit aufrichtigem und reumütigem Herzen an ihn wendet, so besteht die Frage für den nicht an Gott Glaubenden darin, dem eigenen Gewissen zu gehorchen. Sünde ist auch beim Nichtglaubenden, wenn man gegen das Gewissen handelt. Auf das Gewissen zu hören und ihm zu gehorchen bedeutet nämlich, sich angesichts des als gut oder böse Erkannten zu entscheiden. Und von dieser Entscheidung hängt ab, ob unser Handeln gut oder schlecht ist.

Quelle: kath.net

Gott ist eben größer als das, was sich Nichtglaubende unter ihm vorstellen – Gott sei Dank, so müssen auch Gläubige sagen, gibt es darum Hoffnung auch für diejenigen, die meinen, er oder die Kirche würden ihn einengen und die ihn deshalb ablehnen!

Beitrag erschien zuerst auf: papsttreuer.blog.de

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