Die Wüste lebt! Post vom Stromversorger

Hatte auf der Basis von Presseberichten (u.a. ein größeres „Stern“-Stück eines Kollegen in Heft 31 v. 26.7.2012, nicht online) und eines kurzen Blicks auf die Landkarte Nordafrika/Mittlerer Osten geargwöhnt, dass ein Projekt namens „Desertec“ zur Erzeugung von Solarstrom in Wüstenregionen ungefähr so realistisch sei wie eine unbefleckte Empfängnis.

Veröffentlicht:
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siehe hier:

www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/in_den_sand_gesetzt_der_fall_desertec/

Dazu schreibt mir mein künftiger Wüstenstromversorger:

Sehr geehrter Herr Röhl,

Ihr Blog bleibt leider noch unter dem Niveau des schlecht recherchierten Stern-Beitrags Ihres früheren Kollegen Rolf-Herbert Peters. Während jener Artikel einfach nicht auf der Höhe der Zeit ist und wichtige Fakten wie die gerade auf den Weg gebrachte Energiepartnerschaft zwischen Deutschland und Marokko unterschlägt, bei der Desertec eine zentrale Rolle spielt, arbeiten Sie mit Ressentiments, die in der Tradition des kolonialen europäischen Blicks auf die arabische Welt stehen. Unsere Nachbarn am südlichen Ufer des Mittelmeers mit dem „Türsteher eines Wanderarbeiterpuffs“ gleichzusetzen und ihnen als per se „ständig erregungsbereit“ die Rolle von potentiellen Erpressern zuzuweisen, wo „ein paar mit Sprengstoff hantierende Wüstensöhne den ganzen Laden nach Belieben lahmlegen können“, ist keinen Deut besser als der herablassende Blick, mit dem vor 100 Jahren Europäer „Kameltreibern“ die Fähigkeit abgesprochen haben, sich selbst zu regieren und stattdessen die Segnungen ihrer Kolonialregime rassistisch verbrämt propagiert haben. Wie so viele Ihrer Journalistenkollegen aus Kolonialzeiten sind Sie nicht bereit, Menschen aus einem anderen Kulturkreis auf Augenhöhe und ohne Ressentiments zu begegnen. Dass solche wie die von Ihnen verbreiteten arabophoben Klischees gerade in Deutschland noch im Jahr 2012 möglich sind, erschüttert mich schon ein wenig.

Um Ihre seltsame Parallelwelt mal schnell zu verlassen: Die Wüstenstrominitiative Dii hat eben erst in ihrer Studie „Desert Power 2050 “ belegt, dass ein gemeinsamer Stromverbund mit der MENA-Region für Europa nicht nur machbar sondern auch ökonomisch sinnvoll ist. Es steht Ihnen natürlich frei, anders über eine andere Entwicklung der energiepolitischen Zukunft zu denken. Was Visionen angeht, ist Herr Schmidt ein prominenter Zitatgeber, wir halten es aber lieber mit dem Filmemacher Federico Fellini: „Der einzig wahre Realist ist der Visionär.“

Klaus Schmidtke

Head of Communications

Dii GmbH
Kaiserstr. 14
D-80801 München

Ja, wenn das sooo ist…

Lieber Herr Schmidtke,

ich entnehme Ihrer Mail mit großer Freude, dass ich bereits um das Jahr 2050 (sollte es etwas länger dauern, kein Problem für mich) sauberen und sicher sehr günstigen Wüstenstrom von Desertec erhalten werde. Meinen derzeitigen Vertrag mit dem proftgierigen und leider immer noch nach atomaren Hintertürchen schielenden RWE-Konzern habe ich schon mal vorsorglich zum angegebenen Termin gekündigt. „Desert Power 2050“ ist genau mein Ding!

Power to the people!

Ihr Wolfgang Röhl

Beitrag erschien zuerst auf achgut.com

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