Die Taschen der Koalitionäre

Die Kassen sind voll. Das ist das Polster, auf dem es sich die künftigen Koalitionäre bequem machen werden. Die bislang gute Konjunktur und die niedrigen Zinsen haben die Steuer-und Sozialkassen überlaufen lassen.

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Ab 2015 soll es sogar keine neuen Schulden, sondern Abbau von Altschulden geben. Damit lassen sich gut Kompromisse erzielen. Im Gedächtnis ist noch der Kompromiss der Mehrwertsteuer bei den Verhandlungen zur Großen Koalition 2005. Damals wollte die SPD ein Prozent mehr, die Union zwei. Jeder setzte sich durch, es kam eine Steuererhöhung von drei Prozent heraus.

Ähnlich könnte es bei den strittigen Themen Betreuungsgeld, Mindestlohn, Rente und Gesundheitssystem laufen. Das Betreuungsgeld wird bleiben, aber entweder in die Zuständigkeit der Länder transferiert oder die Länder bekommen zusätzliches Geld für den Kita-Ausbau. Der Mindestlohn kommt flächendeckend so wie die SPD das will, wird womöglich aber in kritischen Branchen mit Staatsgeld abgefedert, Stichwort Kurzarbeitergeld. Am schönsten wird es bei der Rente. Beide Parteien wollen eine Aufbesserung der Erziehungszeiten für Kinder mit Geburtsdatum vor 1992, das ist nur eine Frage der Terminologie. Man wird irgendwie signalisieren, daß die Verhandlungen schwierig sind. Vielleicht erscheint Frau Kraft allein auf dem Balkon und danach Minister Pofalla, auch allein. Das würde dann als Signal für Zerwürfnisse gesehen, so wie man im gemeinsamen Auftreten und Luftschnappen auf dem Balkon der Parlamentarischen Vertretung eine Zeichen der Annäherung und Versöhnung sah. Aber die Mütterrente und die Grundrente werden kommen. Wirklich schwierig wird es bei der Gesundheitspolitik. Deshalb wird eine konkrete Vereinbarung auch verschoben.

Alle werden als Gewinner dastehen oder sich zumindest so darstellen. Das Finanzpolster macht es möglich. Aber wie lange? Die Euro-Krise ist keineswegs überstanden. Die Energiewende kostet Fässer ohne Boden, die Infrastruktur (Straßen, Brücken, etc.) benötigt dringende Reparaturen, die demographischen Defizite werden sich in reale Defizite wandeln, weil die Pflegekosten explodieren und die Gesundheitskosten rasant steigen werden. Die letzten 30 Tage sind die teuersten, heißt es bei den Krankenkassen. Experten warnen vor den Kostenschüben ab 2014, spätestens 2015. Dann ist Schluß mit den Wohltaten oder man holt sich das Geld von woanders. Im Klartext: In zwei Jahren wird es Steuererhöhungen geben, entweder die Vermögenssteuer wird wieder eingeführt oder der Spitzensteuersatz gehoben oder auch die Erbschaftssteuer erhöht oder die PKW-Maut etabliert oder alles zusammen. All das ist im Moment mit der Union nicht zu machen.

Aber in zwei Jahren denkt Frau Merkel vielleicht ganz anders. Und wenn nicht, dann wird SPD-Chef Gabriel sie mit einem konstruktiven Mißtrauensvotum vom Kanzlersessel kippen, eine rot-rot-grüne Koalition installieren und das Land unter der wehenden Fahne sozialer Gerechtigkeit an die Wand fahren. Die große Koalition ist ein Bündnis auf Zeit, mit eingebauter Zeitbombe. Und der Zünder wird jetzt gestellt – in Spendierhosen mit noch vollen Taschen.

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