Die Abschaffung der Grundlast – die verpasste Chance

Immer wieder lohnt es sich, politische Vorschläge sogar aus der etwas jüngeren Vergangenheit auszugraben, weil man dadurch wahre Schätze entdeckt, die leider durch den üblichen Politikerstreit untergepflügt worden sind.

Veröffentlicht:
von

Es ging auch schon vor 10 Jahren sehr engagiert um die Energiewende, und da gab es einen wegweisenden Vorschlag, der leider in Vergessenheit geriet.

Ich erinnere an eine Forderung eines bekannten Fraktions-Chefs des Bundestags, die von Ralf Schutt am 12.Nov. 2013 im Internet veröffentlicht wurde (s. Lit. 1), was auf einer Meldung von focus.de beruhte (Lit. 2). Zitat der Mitteilung von R. Schutt: (Titel): „Grünen-Politiker Hofreiter kritisiert Entscheidung zur Energiewende.“ „Grünen Fraktionschef Anton Hofreiter stellt die Aussage von SPD und Union in Zweifel, dass die Energiewende als solche nicht infrage stehe: (Es folgt Hofreiters Kritik): „Das ist ja eine schöne Aussage, wenn dann de facto die Handlungen anders sind“ sagte der Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion am Dienstag im Deutschlandfunk. „Im Moment betreiben wir zwei Systeme parallel: Atomkraft, Braun- und Steinkohle bilden die Grundlast – und obendrauf haben wir noch ein Erneuerbares-Energie-System.“ Das könne nur teuer sein, sagte Hofreiter.
Er hält ein anderes System für besser: „Die kluge Methode wäre, wir machen Sonne und Wind als Grundlast.“ Zum Scheitern der Sondierungsgespräche zwischen CDU/CSU und Grünen habe unter anderem beigetragen, dass die Union diesen Vorschlag ablehnt, sagte Hofreiter. (Ende des Textes von R. Schutt).

Die beiden Literaturstellen: 1.)  E-Mail vom 12. Nov. 2013, „Hochreiter: Die kluge Methode wäre, wir machen Sonne und Wind als Grundlast.“

2.) http:/www..focus.de/finanzen/news/wirtschaftsticker/unternehmen-gruenen-politiker-hofreiter-kritisiert-entscheidung-zur-energiewende aid 1155635.html

Dazu einen Kommentar: Die zitierten Aussagen von Herrn Hofreiter enthalten nicht nur eine, sondern zwei bemerkenswerte Feststellungen: Dass ausgerechnet die Grünen damals – allerdings noch in der Opposition zur Großen Koalition – klar und völlig berechtigt die von der Regierung eingerichtete Energiewende scharf kritisierten, weil wir damit „zwei Systeme parallel betreiben. Was nur teuer sein könne“. Sehr wahr und respektabel. Aber heute haben wir leider nach wie vor diese zwei parallelen, teuren Stromerzeugungssysteme. Nur mit dem Unterschied zur damals bereits kritisierten Situation, dass die Kernkraft abgeschafft wurde und die Kohlekraftwerke bis vor kurzem weitgehend stillgelegt wurden. Das war die von Hofreiter kritisierte falsche Grundlast, und die ist nicht nur in die zweite Reihe herabgestuft, sondern weitgehend ruiniert worden. Ein unerwarteter Erfolg. Aber immer noch braucht man Gaskraftwerke als Lückenbüßer bei Wind- und Solarstrom-Abstürzen – und jetzt auch wieder die erneute geradezu heimliche Inbetriebnahme bereits stillgelegter Kohlemeiler. Und die Windkraft soll massiv ausgebaut werden, was aber leider den großen Blackout erwarten lässt. Ganz so hatte es sich Herr Hofreiter wohl nicht vorgestellt.

Sein entscheidender Vorschlag, einfach Wind- und Sonnenstrom zur Grundlast zu ernennen, erscheint irgendwie genial. Die Physik besteht ja bekanntlich aus Naturgesetzen, aber eben aus Gesetzen, die man doch irgendwann beschlossen hat. Früher wohl durch Erlasse von Herrschern oder später eben durch Mehrheitsentscheidungen in Parlamenten. Und Gesetze kann man selbstverständlich novellieren. Denn sie sind nun einmal Produkte von Juristen.

Dass Herr Hofreiter das ganz ernst meinte, bekräftigte er mit den bedauernden Worten, „dass die Union diesen Vorschlag abgelehnt hat. Genau diesen. Es gab keinen anderen…Es kann angenommen werden, dass die Union diesen Vorschlag nicht etwa deshalb abgelehnt hat, weil er irre ist, sondern weil er von der Opposition kam. Das Parlament besteht auch jetzt zu 70 % aus Juristen. Und drastische Gesetzesänderungen sind stets unbeliebt.

Was die Entzauberung der vermeintlichen Naturgesetze betrifft, ist es allerdings mit der Umkehrung von Grund- und Spitzenlast bei der Stromversorgung noch nicht getan, so gut auch Hofreiters Ansatz ist. Auch die Meteorologie muss jetzt von Tabus gesäubert werden: Dass Solarstrom angeblich nicht nachts erzeugt werden kann und Windkraft nicht bei Flaute, ist nicht akzeptabel. Diese Behauptungen werden stets als Begründungen in der Grundlast-Debatte angeführt.

Ein weiteres Manko unseres ganzen Energiesystems ist die Diskriminierung der freien Erfinder, die sich gerade damit besonders befassen. Nahezu unzählig sind bereits die Erfindungen des Perpetuum Mobiles 1. Art – also der Maschine, die ohne Betriebsstoffe unbegrenzt Energie erzeugen kann. Das Patentamt lehnt sogar die Annahme und Prüfung dieser Erfindungen ab und man behauptet, dass deren Begründung fast immer mit der Aussage „Gestern ging`s noch“ vorgelegt wird. Aber der rheinländische Spruch „Von nix kommt nix“ kann ja wohl nicht die einzige Entscheidungsgrundlage dieses Amtes bleiben. Das Energieproblem wäre schließlich für alle Zeiten gelöst.

Die Physik ist bisher leider als unantastbarer Teil der sogenannten Naturgesetze missverstanden worden. Das Problem besteht nur darin, dass sowohl verstockte Elektrotechniker (wie der Autor dieser Zeilen) sowie der gesamte Rest der bisherigen Fachleute schwer zu überzeugen sind.

Dabei wäre es doch zu schön, wenn man zum Beispiel auch Newtons Gesetze einfach abschaffen würde. Dann wäre ich endlich die verdammte Schwerkraft los.

Für die Inhalte der Blogs und Kolumnen sind die jeweiligen Blogger verantwortlich. Die Beiträge der Blogger und Gastautoren geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Gravatar: Hans Diehl

@ Wolfgang Pöschel.
Am 05.10. haben Sie sehr viel geschrieben.
Lassen Sie es mich etwas verkürzt beurteilen.

Der RWE Chef hat 2011 geschrieben.
Siehe hier:
https://www.photovoltaikforum.com/thread/63982-rwe-chef-mit-pv-kann-man-nicht-mal-seinen-ipad-aufladen/
ZITAT:...RWE Chef: "Mit PV kann man nicht mal seinen iPad aufladen"

Und der Chef eines der gegenwärtig größten Netzbetreiber schreibt heute wie folgt.
https://greenspotting.de/strompreise-kommt-nach-der-normalisierung-der-sturzflug-nach-unten/
ZITAT:..Tatsächlich sind die Erneuerbaren unschlagbar billig geworden. In den Ländern des Wüstengürtels existieren Solarparks, deren Strom nur einen Cent pro Kilowattstunde kostet. Aber selbst im sonnenarmen Deutschland kostet der Solarstrom nur noch rund vier Cent pro Kilowattstunde. Auch Windstrom gibt es ab etwa vier Cent. Damit kann Kohle- oder Atomstrom nicht mehr mithalten. Selbst wenn die Umwelt- und andere externe Kosten nicht berücksichtigt werden, sind die Gestehungskosten der klassischen Stromquellen deutlich teurer als die der Erneuerbaren. Und die Preise fallen weiter. 
Zitat Ende.
Wem sollen wir jetzt mehr glauben, dem der tagtäglich Strom kaufen und zum Verbraucher bringen muss, oder dem Außenstehenden Wolfgang Pöschel, der hier seine Meinung kundtut.

Gravatar: Wolfgang Pöschl

@HPK

Die von Ihnen genannten Zahlen sind nicht "das Ergebnis von Physik und Technik", sondern von 23 Jahren Subvention durch die Stromverbraucher und Steuerzahler. Wenn sie das Ergebnis von Physik und Technik wären, dann wären heute keine Subventionen mehr erforderlich. Diese sind unsozial, weil jeder, der kein eigenes Grundstück oder Hausdach hat, sich keine eigene Solaranlage aufstellen kann, jedoch für die Grundstücks- und Hausbesitzer mit zahlen muss. Ich wäre für die Streichung sämtlicher Subventionen. Jeder der WKA oder Solaranlagen will, soll sich das selbst finanzieren. Wenn der erneuerbare Strom so günstig ist, dann muss es sich doch rentieren. Nach 23 Jahren und nach 500 Mrd. € Kosten der Energiewende hat man es in Deutschland geschafft gerade mal rd. 30.000 Windkraftanlagen (WKA) auf die Beine zu stellen. Nach den Zahlen des Bundeswirtschaftsministeriums für 2021 müssten noch 16,5-mal so viele WKA und Solaranlagen hinzugebaut werden, wie es Ende 2021 schon gab. Wenn man bei den neuen WKA von der selben Größenverteilung ausginge, wie bei den vorhandenen, dann müssten also noch 495.000 Stk. hinzugebaut werden. Ebenso müssten noch 16,5-mal so viele Solaranlagen hinzugebaut werden. Und hier rede ich nicht nur vom Stromsektor, sondern vom gesamten Energiesektor. Will man Deutschland bis 2045 wirklich CO2-neutral machen, dann müsste der gesamte Energiesektor auf Erneuerbare umgestellt werden, um den Kohlenstoff zu eliminieren. Wir müssten also parallel von einer Kohlenstoffenergiewirtschaft auf eine Wasserstoffenergiewirtschaft umstellen. Das ginge jedoch nur noch mit Wind- und Solarkraft, da sich die anderen, wie Wasserkraft oder Biomasse kaum noch expandieren lassen. Hinzu kämen die gewaltigen Kapazitäten an Elektrolysefabriken. Das alles zusammen wird unbezahlbar und würde unsere Volkswirtschaft in den Ruin treiben. Solaranlagen sind nicht grundlastfähig, weil sie nachts keinen Strom liefern und weil sie keine Momentanreserve haben. WKA sind auch nicht wirklich grundlastfähig, weil sie bei Windflauten keinen Strom liefern. Sie stellen also keine "gesicherte Leistung" dar. Pumpspeicherkraftwerke sind in Deutschland in dem erforderlichen Umfang nicht möglich, entsprechende Batteriekapazitäten sind nicht bezahlbar. Es bliebe nur noch der Wasserstoff, um mit ihm bei Dunkelflauten über Gaskraftwerke die Stromlücken zu füllen. Der Wasserstoff ist nicht vorhanden und die Gaskraftwerke sind in viel zu kleiner Zahl vorhanden. Vielleicht klappt es ja bis 2.100.

Gravatar: Hans-Peter Klein

Was soll das mit den sogenannten
"... zwei parallelen Stromerzeugungssystemen..." ?
Es gibt im Netz Stromerzeuger und Stromverbraucher, alle hängen an derselben Stromleitung.

Aufgabe schnell reagierender Regelkraftwerke, idR Gaskraftwerke, ist es in jedem Moment die Differenz zwischen Stromangebot und Last sicher zu stellen, die sogenannte Residuallast.
Es ist deren originäre Aufgabe, genau dafür sind sie technisch konstruiert und ausgelegt.

Grundlast bedeutet, dass die abgegebene Leistung mit geringen Schwankungen, also mehr oder weniger konstant, über einen längeren Zeitraum vorliegt.
Genau dies leisten die Erneuerbaren Hydropower-, Bio-, Geo- und Müllkraftwerke.
Sie lagen in den vergangenen Jahren stets zwischen 65 - 75 TWh/a, knapp die Hälfte dessen, was die Kernenergie jemals als Maximum der Jahresenenergie lieferte:
158 TWh/a im Jahr 2006, davor und danach waren es stets weniger.

Speziell die Pumpspeicherkraftwerke werden täglich punktgenau zu bestimmten Lastspitzenzeiten für wenige Stunden angefordert, in Zeiten hoher EE-Stromeinspeisung wird das Wasser wieder hoch gepumpt,
deutlich zu sehen in sogenannten Heatmaps zur Stromerzeugung, Link:
https://energy-charts.info/charts/power_heatmaps/chart.htm?l=de&c=DE&hydro_pumped_storage=1&solar=0

Sehr gut entwickelt sich der bundesweite solare Selbstverbrauch,
Stand heute: 2,44 TWh.
Zum Vergleich: 2022 insgesamt 2,95 TWh.
Solarer Selbstverbrauch steht für den selbstbewussten Bürgerwillen, die eigene autonome Stromversorgung anzustreben um damit mehr Unabhängigkeit von den Vorgaben des öffentlichen Stromnetzes zu erreichen.

Insgesamt liegt die erneuerbare Stromeinspeisung, Stand 01.10,2023, bisher bei 192 TWh.
Es gilt den bisherigen Jahresenergierekord von 244 TWh/a von 2022 bis zum Jahresende zu schlagen : Das schaffen wir.

Die genannten Zahlen sind das Ergebnis von Physik und Technik.
Ob sie den Autor (?) des Artikels und diverse Leser überzeugen,
zumindest zu erneutem Nachdenken anregen,
steht auf einem anderen Blatt Papier.

Zu hoffen wäre es.

MfG, HPK

Gravatar: Hans Diehl

Wer bei der Energiewende noch von Grundlast spricht, hat das System nicht verstanden, und ist nicht auf dem Laufenden.

Der Schlüssel für die Energiewende heißt „Logistik“ und wird ja gegenwärtig schon sehr Gewinn bringend praktiziert.

Siehe hier:
https://www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebiet/rwe-legt-jahresbilanz-vor-gewinne-mehr-als-verdoppelt-100.html
Zitat: Strom aus erneuerbaren Energien ist besonders lukrativ Zitat:

Und wie die Logistik in der Praxis aussieht zeigt eine Hochschulrecherche.
ZITAT: Diese zwei Artikel beantworteten sehr gut unsere Frage, wer eigentlich an der Strombörse einkauft. Denn es wurde immer nur von Versorgungsunternehmen, Stromhändlern, industriellen Großkunden und Banken gesprochen. Nun wissen wir dazu gehören auch die Stadtwerke und Unternehmen, wie E.ON, RWE usw. Es gibt also keinen Zwischenhändler mehr. Der Grund dafür, dass Unternehmen wie RWE auch an der Börse einkaufen, obwohl sie selbst rund 30 Kraftwerke besitzen und somit eigentlich genug Strom produzieren, ist einfach. Es gibt Tage, da ist der Strompreis an der Börse so günstig, dass eine Eigenproduktion viel teurer wäre. Daher werden dann die Kraftwerke gedrosselt und lieber günstig eingekauft. Zitat Ende.
Lang im voraus verkaufter Strom am Terminmarkt, zu einem fixen Preis, wird immer dann von Sonne und Windstrom , dem Geschenk des Himmels bedient, wenn dieser da ist, und die Preise nach unten treibt..
Fazit: Mit der Energiewende gilt nicht mehr das, was rund um die Uhr zur Verfügung steht, sondern vorrangig das was nix kostet, und wird mit anderem ergänzt.
Wenn man damit seine Gewinne verdoppeln kann, und die Lichter sind immer noch an, kann das so schlecht gar nicht sein.
Der Mythos mit den doppelt laufenden Kraftwerken, ist damit auch schon mal Geschichte.

Ps.: Hallo Tom aus Sachsen, und Freunde. Diese Erkenntnisse sind Nebenprodukte meines sonnigen Hobby's, dafür bekomme ich kein Honorar, wie Ihr mir immer unterstellen wollt. Wüsste auch nicht von wem. Das könnt ihr alle selbst nachlesen in den Wirtschaftsmagazinen. Da wir ja gemeinsam die Energiewende hier beurteilen, und kritisieren, möchte ich Euch an meinem Hobby teilhaben lassen

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang