Der Stand der Dinge

Das Jahrbuch der Römisch-Katholischen Kirche, „Annuario Pontificio 2010“, das kürzlich im Vatikan vorgestellt wurde, enthält viele interessante Daten. Einige der wichtigsten seien hier aufgeführt.

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Dem Jahrbuch des zentralen Statistikamtes der Kirche zufolge stieg die Zahl der getauften Katholiken im Jahr 2009 auf 1,166 Mrd. an. Das ist gegenüber dem Vorjahr ein Zuwachs von 19 Millionen oder 1,7 Prozent. Die Kirche wächst somit schneller als die Weltbevölkerung insgesamt, die zuletzt um 1,1 Prozent anstieg. Die logische Folge: Der Anteil der Katholiken an der Weltbevölkerung stieg ebenfalls, und zwar von 17,3 auf 17,4 Prozent. Die Entwicklung ist jedoch nach Regionen sehr unterschiedlich: Zuwächsen in Afrika, Asien und Ozeanien steht ein Rückgang in Europa und Amerika gegenüber.

Sehr unterschiedlich auch die Zahlen für die Geistlichen: Während die Zahl der Ordens- und Weltpriester steigt (von 2000 bis 2008 um 4000 auf etwa 409.000, was einem Wachstum von ca. 1 Prozent entspricht); ist bei den Ordensfrauen im gleichen Zeitraum ein Rückgang um 62.000 auf 739.000 (minus 7,7 Prozent) zu verzeichnen. Von dieser Tendenz besonders stark betroffen sind Europa (minus 17,6 Prozent); Amerika (minus 12,9 Prozent) und Ozeanien (minus 14,9 Prozent); während Afrika (plus 21,2 Prozent ) und Asien (plus16,4 Prozent) deutliche Zuwächse erlebten. Ähnlich sieht es bei den Priestern aus. Auch hier ist besonders in Europa jener Rückgang sichtbar, der in der Praxis längst spürbar wurde.

Dennoch gibt es keinen Grund, allzu sehr über den Priestermangel in der Alten Welt zu klagen, kommen doch nach wie vor fast die Hälfte aller Priester aus Europa. Auch wenn ihre Zahl rückläufig ist, leben in Europa immer noch 47 Prozent der Kleriker, wohingegen im katholischen Amerika, aus dem jedes zweite Kirchenmitglied stammt, nur 30 Prozent der Priester tätig sind. Um die Gläubigen im Rest der Welt kümmern sich die verbliebenen 23 Prozent. In Europa kommen damit auf jeden Priester etwa 1300 Gläubige, was gemessen am Weltstandard (1 Priester ist im Durchschnitt für 2600 Gläubige zuständig) eine doppelt so hohe Priesterdichte bedeutet. Noch günstiger wird die seelsorgerische Betreuungssituation europäischer Katholiken, wenn man sie mit der in Afrika (Quote: 1 zu 4800) und Amerika (1 zu 4300) vergleicht. Selbst in Asien (1 zu 2500) und Ozeanien (1 zu 1600) ist die Lage der Gläubigen in dieser Hinsicht schlechter.

Ein Blick auf die Zahlen für die Priesteramtskandidaten macht deutlich, dass sich dies auch künftig nicht gravierend ändern wird. Derzeit gibt es etwa 117.000 Seminaristen, was einem Plus von 1100 oder 1,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Dieser Anstieg geht zwar allein auf das Konto des nicht-europäischen Priesternachwuchses (Während nämlich in Europa ein Rückgang von 4,3 Prozent festgestellt werden muss und in Amerika die Lage nahezu unverändert ist, stieg die Zahl der Seminaristen in Afrika um 3,6, in Asien um 4,4 und in Ozeanien sogar um 6,5 Prozent an); doch da mit dieser positiven Entwicklung eine ebenso positive Entwicklung der Gläubigenzahlen korrespondiert und da zudem vermehrt Priester aus den Wachstumsregionen Asien und Afrika im „Missionsgebiet“ Europa eingesetzt werden sollen, bleibt es für die afrikanischen und asiatischen Katholiken bei dem ungünstigen Betreuungsverhältnis. Auf die mehr als 5000 Bischöfe in den fast 3000 Diözesen der Weltkirche warten also große Herausforderungen, um eine globale Pastoral zu gewährleisten, die alle Gläubigen erreicht.

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