Der Blick eines Kindes

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Bereits zu Heiligabend hatte ich einen Gedanken, den ich aus Anlass des Hochfestes der Erscheinung des Herrn (Dreikönig) hier anbringen möchte. Leider sieht man in den Wohngebieten und wenn man einen Blick in die Wohnstuben wagt, dass bereits in den letzten Tagen Weihnachtsbäume, Schmuck und Krippen abgebaut wurden. Die Welt geht von Weihnachten mit einem kurzen Zwischenstopp zu Silvester übergangslos in die Karnevalsvorbereitungen über – das Angebot der Supermärkte bestätigt das.

Als Katholik fällt es einem da schon fast schwer, das Weihnachtsfest noch weiter zu feiern – und heute eben den Besuch der Weisen aus dem Morgenland beim in der Krippe liegenden Herrn. Und diese Krippe, eigentlich die Futterkrippe, in die Maria und Josef den kleinen Jesus mangels anderer Möglichkeiten legen mussten, zwischenzeitlich synonym für Stall, Figuren und Umgebung der Weihnachtsszene, hat es in sich. Offenbar wird in jeder noch so modern eingerichteten Wohnung, wenn sie denn von Christen bewohnt wird, eine solche Krippe aufgebaut, und selbst wenn es Versuche gibt, diese radikal zu reduzieren (letztens sah ich ein Bild einer Krippe aus reinen Holzquadern, die nur mit den Personennamen beschriftet sind), sind es doch immer noch die klassischen Krippen, die das Bild beherrschen.

Und das muss schon eigenartig anmuten, da der Stil der Figuren zu anderen Jahreszeiten von den meisten wohl bestenfalls als kitschig bezeichnet würde. Auch kindgerechte Spielkrippen, die sicher sinnvoll sind, damit unsere Kleinen nicht mit wertvollen Schnitzarbeiten um sich werfen, zeichnen sich durch eine eher – so könnte man es auch sagen – „traditionelle“ Schönheit aus. Moderne Kunst geht anders, modernes Design sowieso. Und da liegt also das Jesuskind in dieser Krippennachbildung, ein „holder Knabe in lockigem Haar“, mit geöffneten Augen und offenen Armen, lächelnd oder mit fast erwachsen wirkender ernsthafter Miene – und schaut uns an!

Sicher, theologisch kann ich dem folgen: „Gott ist Mensch geworden! Ehre sei Gott in der Höhe!“ – aber die Szenerie ist eher weniger feierlich. Auch wenn wir verstehen, oder zu verstehen versuchen, was da in Bethlehem passiert ist, dass Gott Mensch geworden ist, Jesus als Wort Gottes geboren wurde, so werden diese Gedanken, so ergeht es jedenfalls mir, von diesem kindlichen Gott abgeschmettert. Das ganze hat rein gar nichts von Triumph, von anderen antiken weltlichen Auftritten von Göttern – da ist für jeden offensichtlich ein hilfsbedürftiges kleines Kind, ein Baby, dass uns anschaut und bei dem wir – wenn wir nicht völlig verroht sind – nicht anders können, als es ebenfalls liebevoll anzuschauen.

Wer, selbst wenn er keine eigenen Kinder hat, kann sich dem Blick eines Kindes entziehen, wer kann anders, als ein solches Kind mit Liebe ansehen? Seine Eltern konnten es sicher nicht, die Hirten konnten es nicht, die Weisen ebenso wenig. Ein Kind nicht mit Liebe anzusehen setzt voraus, so glaube ich, es nicht zu sehen! So wie Herodes, der in dem Kind nur den Konkurrenten zu sehen vermochte. Es wäre ein interessanter Gedanke zu sehen, wie die Geschichte weiter gegangen wäre, hätte Herodes das Kind in der Krippe liegend gesehen – vielleicht wäre sein Herz doch weich geworden und viele unschuldige Kinder wären nicht getötet worden?

Auf f1rstlife.de wurde zum Jahresanfang ein Interview mit der Lebensrechtlerin und ehemaligen Mitarbeiterin der Abtreibungsorganisation Planned Parenthood (“Planned Parenthood Federation of America” – PPFA), Abby Johnson, veröffentlicht. Sie beschreibt dort, wie sie Zeugin einer Abtreibung wurde, wie sie den Überlebenskampf eines ungeborenen Kindes im Mutterleib miterlebt hat und darauf hin ihre Einstellung zu Abtreibungen fundamental überdacht hat. Es hat einen Grund, warum Müttern ungeborener Kinder von Abtreibungsorganisationen wie „Pro Familia“ empfohlen wird, sich vor einer Abtreibung keine Ultraschallbilder ihrer Kinder anzusehen. Wer ein Kind sieht, sieht es mit Liebe – und wer kann einen Menschen, den er liebt, töten? Ich möchte glauben: nicht mal Herodes!

Gott ist als neugeborenes Kind auf die „Bühne der Welt“ getreten – und das ist eben kein Zufall oder eine naturwissenschaftliche Notwendigkeit – es liegt in der Didaktik Gottes, uns trotz seiner Allmacht, trotz seiner Göttlichkeit, dieses Kind immer wieder vor Augen zu führen. Und aus diesem Grund „funktionieren“ abstrakte Krippen nicht, sie sind nicht in der Lage dieses Bild des liebevollen und Liebe suchenden Gottmenschen als Neugeborenen zu vermitteln.

Wenn wir also in den kommenden Tagen oder Wochen auch als Christen die Krippen wieder auf dem Dachboden verstauen, werfen wir noch mal einen Blick auf den kleinen Hosenmatz Jesus und lassen uns von seinem Blick verzaubern – um auch im Rest des gerade angebrochenen Jahres nicht zu vergessen, wie Gott ist. Und erinnern wir uns auch daran, welchen besonderen Stellenwert Kinder im Leben Jesu hatten, lassen wir nicht zu, uns Herodes anzunähern, eher schon den Weisen, die dem göttlichen Kind mit Ehrfurcht, Geschenken und Liebe begegnet sind – eine Liebe, auf die jedes Kind, und auch jedes Gotteskind als Erwachsener, ein Anrecht hat!

Beitrag erschien auch auf: papsttreuer.blog.de 

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Gravatar: Sabine Bätz

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