Das politische Kartell

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Angela Merkels Bemühen in der Zeit ihrer Regentschaft in der CDU war und ist es, diese Partei immer mehr zu sozialdemokratisieren, bis die SPD überflüssig geworden ist. Das Stichwort lautet „zeitgemäße Öffnung“. Während die Stoßrichtung noch so etwa wie einen politischen Konflikt andeutet, ist die Angleichung der CDU an den Zeitgeist tatsächlich die Einladung zu einer Dauer-GroKo. Die SPD ist in Wahrheit kein politischer Gegner mehr, sondern eine Art linker Flügel.

Die SPD hat mit praktisch allem, was sie früher bekämpft hat, ihren Frieden gemacht. Ein Wolfgang Clement, der von der Wahl der eigenen Partei abriet, die als Retter von Wahlversprechen gefeierten Verräter Ypsilantis, sie alle kamen in hoch dotierten Aufsichtsratsposten unter. „Man muss auch als Sozi die wirtschaftlichen Realitäten kennen!“ Keine Frage wäre wirtschaftliche Vernunft ideologischer Bastelei vorzuziehen – aber so war das nicht gemeint!

Die Grünen waren einmal – egal, was man von dieser Partei und ihren Protagonisten gehalten hat – eine eigenständige Partei mit erkennbar anderen politischen Zielen. Selbst schräge inhaltliche Elemente konnten noch zu einer kontroversen Diskussion mit potentiell fruchtbaren Ergebnissen genutzt werden.

Heute besteht diese Partei nur noch aus Realos, die ihre Staatspfründe einstreichen wollen, in Koalition mit egal wem. Die Beschwörung der „gemeinsamen demokratischen Grundlagen“, die eine Zusammenarbeit mit jedem politischen Gegner möglich machten, läuft auf nichts anderes hinaus als die totale Austauschbarkeit der politischen Inhalte. Wenn man sich die saturierten Mittelstandswähler der Grünen anschaut, ist das auch nicht verwunderlich.

Ich kann SPD-Mitglieder verstehen, die sich fragen, warum im Bund nicht eine Minderheitsregierung der CDU/CSU gebildet wird, die dem Wählerwillen eher entspricht als eine GroKo. Und die sich fragen, warum man überhaupt noch die SPD wählen soll, wenn sie von der CDU a) kaum noch zu unterscheiden ist und b) sowieso immer öfter mit ihr zusammen regiert. Ebenso kann ich hessische Grünenwähler verstehen, die im Falle einer schwarz-grünen Landesregierung sagen, das letzte Mal grün gewählt zu haben. Haben sie darum grün gewählt, dass die Partei-Protagonisten mit Bouffier gemeinsame Sache machen?

Die Wähler der FDP haben aus dem Verhalten der Parteioberen bereits die richtige Konsequenz gezogen. Die Wähler der CDU/CSU sind ja von Hause aus eher staatstragend, da kommen Gedanken des Stimmentzugs später auf. Es wundert einen schon, warum immer noch 34,1% CDU (oder war es Mutti?) gewählt haben.

„Aber wer wird noch in Kategorien des Lagerwahlkampfs denken?“ So lautet die Floskel, die den denunzieren soll, der noch unterscheidbare politische Inhalte fordert. Einige wenige gibt es noch, aber auch die arrodieren mehr und mehr. Es geht eigentlich nur noch um eine Verwaltung der BRD mit kleinen Kurskorrekturen – vielleicht ist das auch richtig und gut so, wenn man an den öffentlichen Frieden denkt. Aber der echten demokratischen Auseinandersetzung wird damit der Boden entzogen, das Kartell der politischen Parteien verunmöglicht Alternativen. Eine echte konservative Partei wäre heute eine Wohltat für die Demokratie. Umso bedauerlicher, dass die AfD so unglücklich agiert.

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