Das Ende eines Weltbildes

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Nun ist die Weltbild Holding insolvent. Es war eine langes, in den letzten Monaten sogar quälendes Ende. Im Oktober mußte das Bistum Augsburg mit 17 Millionen aushelfen. Ende des vergangenen Jahres erfolgte ein Kapitalschnitt und die Zusage weitere 60 Millionen (andere Quellen reden sogar von 65 Millionen) in den maroden Konzern zu stecken. Nun kam in der Nacht von Donnerstag auf Freitag die schreckliche Wirklichkeit auf den Tisch. Es hätte noch einmal ein Betrag von 160 Millionen von den Eigentümern nachgeschoben werden müssen, um den Konzern vielleicht (!) zu retten.

Jede Menge Zahlen, hinter denen zweierlei steckt: Zuerst einmal Menschen, die als Angestellte des Konzerns nun ihren Arbeitsplatz verlieren werden. Da sind die beteiligten Bistümer in der Pflicht. Zum anderen stehen hinter den Zahlen Kirchensteuermittel. Die Kirchensteuer dient nicht dazu, marode kirchliche Investments zu sanieren. Sie dient dazu den Dienst der Kirche an den Menschen zu ermöglichen. Insofern ist die Entscheidung richtig.

Weltbild war schon lange ein Ärgernis. Als Betrieb in den Händen deutscher Bistümer verkaufte der Konzern auch Dinge, gegen die die Kirche am Sonntag predigen muß, wie es Kardinal Meisner einmal ausdrückte. Das geht nicht und wie man sieht, das geht nicht gut.

Weltbild ist aber auch ein Lehrstück für Wahrhaftigkeit. Man kann daran ablesen, wie “die Kirche” ihre eigene Glaubwürdigkeit mit Füßen tritt. Da wird geschummelt und geleugnet. Da werden kirchennahe Medien auch schon mal gerüffelt, wenn sie den Finger auf die Wunde legen. Über 6000 Arbeitsplätze sind ein moralisches Problem, aber es ist unredlich dieses moralische Problem gegen das moralische Problem des Handels mit Erotik und Esoterik aufzuwiegen. Am Ende hat man bei diesem Versuch nicht das eine oder das andere, man hat dann beide Probleme. Und nun müssen die Verantwortlichen sehen, wie sie damit klarkommen. Grund zur Schadenfreude gibt es keinen, denn auch der katholische Laie wird hier in Sippenhaft genommen.

Weltbild ist somit eine offene Flanke der Kirche. Durch aggressives Wachstum, welches durch konsequentes Reinvestieren erzielter Gewinne umgesetzt wurde, blähte sich der Konzern zu einem Riesen auf. Riesen sind unbeweglich und langsam. So war der Riesenkonzern wohl recht fix die Nr. 2 im deutschen Buchhandel, konnte aber nicht gegen die Nr. 1 ankommen, wenn es um den Handel mit elektronischen Medien (Ebook, mp3- und Videodownload) geht. Das Onlineportal mutierte mehr und mehr zu einem digitalen Gemischtwarenladen. Ein klares Profil, weder ein wirtschaftliches noch ein weltanschauliches war nicht zu erkennen.

Viele Katholiken hatten dem Konzern schon lange den Rücken gekehrt. Wer aus Weihnachten ein Elchfest macht, kann kein Lieferant fürs Christkind sein.

Drohende Massenentlassungen wirken geradzu wie eine Einladung an verdi, die Kirche in ihrer Gesamtheit in übelstem Lichte darzustellen.

Weltbild ist aber auch ein Lehrstück für mediale Berichterstattung über die Kirche.

Die Insolvenz des Verlagshauses könnte auch eine Spätfolge der Affäre um den verschwenderischen Bischof Franz–Peter Tebartz-van Elst sein.

so schreibt Michael Gassmann am Freitag, 10.1.2014 in der Welt.

Das Wort “könnte” kennzeichnet den spekulativen Charakter dieser These. Das nimmt der Leser aber kaum wahr, denn es geht sofort mit dem Reizworten weiter. Das Attribut “verschwenderisch” ist eine journalistische Fehlleistung, tendenziös und somit unseriös. Aber der Leser zollt Beifall. Dann aber kommt erst der echte Klopfer:

Nach dessen Millionenausgaben ist es für die Kirchenfürsten schwer zu vermitteln, dass weitere Millionen aus Kirchensteuermitteln in kirchenfremde Zwecke fließen sollten.

Nach den Millionenausgaben des Bischofs von Limburg trauen sich andere Bischöfe nicht mehr Kirchenstermillionen in einen maroden Konzern zu stecken. Man kann den Kopf nicht so schnell auf die Tischplatte klopfen, wie man möchte, denn es würden sich relativistische Effekte bei diesen Geschwindigkeiten einstellen.

In Limburg wurde aus Vermögensmitteln des Bischöflichen Stuhls (KdöR) eine Immobilie hergestellt, die auch in 100 Jahren noch dem Nachfolger des heutigen Bischofs als Wohn- und Arbeitssitz dienen kann. Es sind keine Kirchensteuermittel dort verwandt worden. Und es sind bleibende Werte geschaffen worden. Verschwendung sieht anders aus.

Demgegenüber hätte man für vermeintliche Rettung des Weltbildkonzerns in der Tat Kirchensteuermittel, Geld, das von den Kirchenmitgliedern eingesammelt wird, verwendet. Diese Mittel wären damit in der Tat zweckfremd eingesetzt worden. Für die Sanierung eines lohnenden Projekts hätte man es riskieren können, denn – wie gesagt – über 6000 Arbeitsplätze zu vernichten ist ein gewaltiger Imageschaden. Vom toten Pferd abzusteigen erforderte von den Bischöfen erheblich mehr Mut als es teuer wiederbelebt noch weiter zu reiten.

Hier kommen zusammen: schlechte Recherche und unprofessionelle Darstellung, munter verrührt mit dem Vorurteil, daß die katholische Kirche ja nur böse, habgierig, skrupellos und letztendlich doof sein kann. Irgendwie werden die Leser das schon fressen.

Geht es nur mir so, oder kommt sich sonst noch jemand für dumm verkauft vor?

Was nun aus Weltbild wird, kann derzeit niemand sagen. Zerschlagung des Konzerns, Auffanggesellschaften, Teilverkäufe u.v.a.m. sind möglich. Das wird zu beobachten sein und es wird beobachtet werden.

Beitrag erschien auch auf: blog.peter-winnemoeller.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Robert Stöppel

Velen Dank. Das spricht mir aus der Seele ...

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