Betrachtungen zur Fastenzeit: Gegenspieler

Friede, Freude, Eierkuchen, so sieht nach Ansicht vieler das Idealbild einer Gesellschaft nach christlichem Vorbild aus. Man ist nett zueinander, hilft sich gegenseitig, geht liebevoll miteinander um, streitet sich nicht.

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Auch wenn es wieder andere gibt, die ein solches Bild als gelebte Langeweile bezeichnen, so ist die Beschreibung – recht verstanden – doch auch eine Vorstellung, die man vom Himmel haben könnte.

Und genau da liegt das Problem: wer meint, so müsse die Welt heute sein, und sich enttäuscht abwendet, wenn sie es nicht ist und schon aufgeben will, der verkennt, dass es zwischen Himmel und Erde eben noch mehr gibt als Menschen und Gott. Gäbe es nur diese beiden „Pole“, müsste es einfach sein. Aber schon in der Schöpfungsgeschichte, teilweise wiedergegeben in der gestrigen Lesung aus der Genesis (Genesis 2, 7-9.3,1-7), taucht ein Gegenspieler auf, der alles daran setzt, eine solche Welt voller Liebe zu verhindern: der Teufel in Gestalt einer Schlange verführt Eva und Adam, sich über den Willen Gottes hinwegzusetzen, er bringt sie dazu, am Wohlwollen Gottes zu zweifeln.

Nicht zu unrecht wird das, was Adam und Eva darauf hin tun als Ursünde betrachtet; darin geht es eben nicht nur um ein kleines „Nein“ gegenüber einem Detail von Gottes Plan, es geht um den grundsätzlichen Zweifel an Gott, daran, dass er es gut mit uns meint und sein Plan immer der Bessere ist als unserer. Und bis heute ist der Teufel damit erfolgreich, wenn er versucht, uns die Annehmlichkeiten einer Welt schmackhaft zu machen, die uns Gott anscheinend vorenthält – im Evangelium über die Versuchungen Jesu in der Wüste (Matthäus 4, 1-11) versinnbildlicht über das Brot, das Ansehen und die Macht. Man kann dem Teufel in dieser Szene keine besondere Intelligenz unterstellen, wenn er glaubt, dass Gottes Sohn selbst sich auf diese schiefe Bahn begeben könnte. Aber er hat andererseits natürlich Erfahrungen damit gemacht bei den Menschen!

Der Wunsch nach Wohlstand (dargestellt durch das Brot) ist es, der ganze Industrien wachsen lässt, zur Sicherung des Wohlstands auch Versicherungen, Banken etc. Nun ist Wohlstand an sich nichts schlechtes, was aber in der Evangeliengeschichte versucht wird, ist den Wohlstand zu nutzen, um Gott letztlich nicht mehr zu brauchen. Wenn ich nur von allem alles habe, genug zu Essen, Kleidung, Genuss … dann brauche ich Gott nicht mehr, dann bin ich glücklich! Und die Antwort die Jesus gibt, ist exemplarisch, was wir auf solche Versuchungen auch antworten sollten: „Der Mensch lebt nicht nur von Brot, sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt.“ Der Teufel säht bei uns beharrlich und oft erfolgreich Zweifel, dass das so sein könnte – und so folgen wir ihm auf dem Weg, unseren Wohlstand, unser weltliches Wohlergehen zu festigen, und vergessen darüber das, oder besser den, der uns wirklich glücklich machen kann.

Der Wunsch nach Ansehen geht in eine gleiche Richtung, wobei der Teufel hier sogar versucht, Gott für seine Ziele einzuspannen. „Wenn Du Gottes Sohn bist …“ ist seine Formulierung Jesus gegenüber, die wir für uns übersetzen können mit „Wenn Gott Dich wirklich liebt …“ – und so fordern wir von Gott Erfolg, sei es in unserem weltlichen Leben oder sei es, ganz ohne schlechtes Gewissen, in geistlichen Dingen wie der Evangelisierung. Wenn Gott Dich wirklich liebt … und wenn dann das, was wir fordern nicht eintritt, dann scheint Gott, scheint Gottes Liebe widerlegt zu sein. Hier ist unsere Prüfung letztlich die Gleiche wie beim Brot: Vertraue ich Gott? „Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen.“ – das antwortet Jesus, aber das setzt unendliches Vertrauen voraus: Gott muss sich mir gegenüber nicht beweisen und auch wenn ich Misserfolge habe, gar unter Armut oder Krankheit leide, bleibe ich bei meinem Glauben, dass Gott mich liebt. Wer kann schon von sich behaupten, in dieser Frage immer ganz sicher zu sein?

Und auch die Macht ist eine Versuchung, der wir nur allzu gern erliegen. Dabei geht es dem Teufel hier natürlich um weltliche Macht: Herrschaft über Menschen, Eigentum an Ländern. Viele treibt dieser Wunsch in Wirtschaft und Politik an, und auch im kleinen Rahmen, in unseren kleinen Königreichen wie einer Abteilung in der Firma, im Verein, in der Familie, sind wir der Versuchung ausgesetzt, unsere weltliche Macht für uns einzusetzen. „Vor dem Herrn, deinem Gott, sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen.“ – das ist die richtige Antwort, die wir geben sollten, und die uns doch so schwer fällt, wenn uns die Möglichkeiten der Macht so vor die Nase gehalten werden wie Jesus die Reiche dieser Welt.

Für mich bleiben zwei wesentliche Botschaften des gestrigen Evangeliums.

Die erste, offensichtliche aber oft übersehene: Wir haben einen Gegner! Manchmal glauben wir, dieser Gegner sei derjenige, der sich unserem Wohlstand, unserem Ansehen oder unserer Macht entgegenstellt, manchmal machen wir diesen Gegner sogar innerhalb unserer Familie aus, wenn die uns scheinbar in der Erfüllung unserer Ziele im Weg steht. John Eldridge, amerikanischer Freikirchler hat das mal auf die kurze Formel gebracht: „You have an enemy, and it is not your wife!“. Wer wissen will, wer der eigentliche Gegner ist, kann das im Evangelium nachlesen.

Und die zweite ist: Wir haben die Entscheidung! Unser Widersacher zwingt uns zu nichts, kann uns zu nichts zwingen. Wie im übrigen auch Gott uns zu nichts zwingt, aus eigener Selbstbeschränkung uns zu nichts zwingen kann. Wem wir also folgen, ist unsere eigene Entscheidung. Diese Entscheidung steht im übrigen auch im Tagesevangelium von heute an (Matthäus 25, 31-46 „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan. […] Was ihr für einen dieser Geringsten nicht getan habt, das habt ihr auch mir nicht getan.“)

Der Nachteil: die Angebote des Teufels klingen für uns oft soviel verlockender als ein Leben nach den Maßstäben Gottes! Und da ist dann wieder der Zweifel, ob Gott uns wirklich nur Gutes will, uns nicht vielleicht vorenthalten möchte, was wir zum Glücklichsein brauchen. Jede solche Versuchung ist eine kleine Glaubensprüfung – aber keine Angst, selbst wenn wir uns mal (wieder) für die falsche Seite entscheiden, nimmt Gott uns wieder mit offenen Armen auf. Bis zum im heutigen Evangelium beschriebenen Gericht haben wir alle Möglichkeiten, uns wieder Gott anzuvertrauen.

Mir darüber bewusst zu werden, mich bewusst zu entscheiden für ein Leben mit Gott, zur Umkehr zu Gott in den Fragestellungen, in denen ich mich von ihm wegbewegt habe, dazu ist diese Fastenzeit auch gemacht!

Beitrag erschien auch auf: papsttreuuer.blog.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Monika Pauler

Eine sehr brauchbare, weil auf unsere aktuelle Lebenswelt anwendbare, bibeltreue Auslegung der Geschichte von Jesu Versuchung. Vielen Dank!

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