Bessere und schlechtere Nudeln

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Jetzt ist es passiert: Italien, neben Spanien die letzte Bastion des Patriarchats und der ungezügelten Männlichkeit, wird von den Genderaktivisten heimgesucht. Ich muss zugeben, kein besonderer Italienkenner zu sein, aber wenige Aufenthalte im und viele Filme über diesen europäischen „Außenposten“ im Mittelmeer lassen in mir das Bild einer heilen Welt aufkommen: Hübsche Frauen, kernige Männer, beide mit zunehmenden Alter hübscher bzw. kerniger, die Familie, die den Menschen über alles geht – alles garniert mit mediterraner Küche, die weit über Pizza und Pasta hinausgeht. Ein Bild aus meiner Jugend ist in diesem Zusammenhang die „Mama Miraculi“, die mit italienischer Küche natürlich nichts zu tun hat, aber doch das Bild Italiens meiner Generation prägte. Ein Bild dem das – wirklich italienische Unternehmen – Barilla ebenfalls zu entsprechen versucht – aus Überzeugung, nicht als Marketingaktion!

Und jetzt das: Barilla soll sein Weltbild öffnen, der Unternehmenschef wird gefragt, warum er Werbung mit einem traditionellen Familienbild macht und nicht beispielsweise mit gleichgeschlechtlichen „Eltern“. Guido Barilla hat geantwortet, und das auf eine Art, bei der linke Sozialingenieure in Deutschland, und offenbar auch in Italien direkt Schnappatmung kriegen:

Wir werden keine Werbung mit Homosexuellen schalten, weil wir die traditionelle Familie unterstützen. Wenn Homosexuellen das nicht gefällt, können sie Pasta eines anderen Herstellers essen.

Okay, das kann man auch anders sagen; aber auch nicht viel anders, wenn man das denn so meint. In einer Entschuldigung, als Reaktion auf einen auf dieses Interview einsetzenden „Shitstorm“ konkretisierte Barilla, wie ihn tagesschau.de zitiert:

"Es tut mir Leid, wenn meine Worte Kontroversen ausgelöst haben oder missverstanden wurden", so Barilla. "Ich wollte nur die zentrale Rolle der Frau innerhalb der Familie herausstellen".

Er habe "großen Respekt vor Homosexuellen und vor der Meinungsfreiheit". Natürlich respektiere er auch gleichgeschlechtliche Eheschließungen - nur das Adoptionsrecht möchte er nicht befürworten. Denn für homosexuelle Paare sei es "kompliziert", Kinder großzuziehen.

Eigentlich könnte man das auf sich beruhen lassen: ob ein Unternehmen Werbung auch mit oder für Homosexuelle macht, das sollte doch ihm überlassen bleiben. Und auch die Gründe, die er dafür anführt, sind zunächst mal seine eigenen, sehr persönlichen Meinungen, die natürlich in seine Unternehmenspolitik reflektieren dürfen. Und ob dann der eine oder andere werblich Ausgeschlossene die Konsequenzen zieht und das Produkt meidet, ist wiederum deren eigene, sehr persönliche Angelegenheit. Vielleicht verärgert Barilla mit seinen Äußerungen Teile seiner Kundschaft, aber das ist sein Problem (oder das seines Unternehmens), nicht aber das seiner potenziellen Kunden. Das kann man doof finden, aber das wäre es dann auch.

Einfach „doof finden“ ist aber in der heutigen Zeit offenbar nicht mehr drin. Das „doof finden“ gehört veröffentlicht, und wenn nur genug Leute etwas doof finden und es öffentlich machen, dann reden wir von einem „shitstorm“. Ziel eines solchen „Sturms der Entrüstung“ (um es nicht drastisch zu übersetzen), ist es aber nicht mehr nur, zu bekunden, dass man etwas doof findet, sondern zu erreichen, dass der Adressat des Sturmes seine Einstellung dazu auch anpasst und seine bisherige Meinung zukünftig auch doof findet (oder das zumindest sagt). Dem Entrüsteten reicht es nicht, dass zur Kenntnis genommen wird, dass man anderer Meinung ist, man erwartet auch, dass sich der Rest der Welt an die eigene Meinung anpasst. Im Kern ist das natürlich nicht demokratisch, das ficht den Entrüsteten aber nicht an, steht er doch nicht für eine Meinung sondern für ein Lebensgefühl der Toleranz – so meint er jedenfalls. Dass diese Toleranz nur für Meinungen gelten soll, die seine eigenen sind (und die er für „moralisch gerechtfertigt“ hält), fällt dem Entrüsteten gar nicht mehr auf, oder es stört ihn auch das nicht, kämpft er doch nach eigenem Bewusstsein für eine bessere Welt.

Das hier Welten aufeinanderprallen, in denen man sich gegenseitig mit dem Vorwurf der Ideologisierung konfrontiert – geschenkt! Was aber auch deutlich wird: Wenn sich beispielsweise Papst Franziskus wünscht, dass sich Christen nicht immer wieder zu Themen der Sexualität äußern müssten, da diese zwar wichtige moralische Aspekte beinhalteten, aber nicht den Kern der christlichen Botschaft, kann man ihm nur zustimmen – die Möglichkeit der Fokussierung auf die christlichen Kernbotschaften hängt aber auch ganz stark ab von den Themenstellungen, die die Gesellschaft vorgibt. Anders gesagt: Wer als Christ über nichts anderes reden kann als über Sexualmoral, der hat die Botschaft offenbar selbst nicht verstanden. Wer aber Entscheidungen eines Unternehmenschefs (von dem ich gar nicht weiß, ob er sie aus christlichen oder aus allgemein gesellschaftlichen Gründen getätigt hat) inquisitorisch hinsichtlich des gesellschaftlichen „common sense“ in Frage stellt, der hat an einer Argumentation, an einem Austausch von Positionen gar kein Interesse.

Übertragen auf die Kirche heißt das: Wir sollten in der Evangelisierung nicht mit der Tür der Sexualmoral ins Haus fallen, sondern zunächst die Botschaft der Liebe Gottes zu uns Menschen vermitteln. Das heißt nicht, dass wir die Sexualmoral verschweigen sollten, wer aber die Liebe Gottes zu den Menschen nicht kennt, wer nichts von Erlösung weiß und davon, wie ein gutes Miteinander mit Gott, ein gutes Leben mit Gott und den Menschen gelingt, der kann die Sexualmoral, die unser Glauben vorschlägt ebenfalls nicht verstehen. Werden wir aber gefragt, was bleibt uns da übrig als zu antworten? Das Problem dabei: Viele wollen über unseren Glauben nicht reden, interessieren sich nicht für seine Inhalte, außer für die, die ihrem Lebensgefühl entgegenstehen. Es erscheint manchen Gesellschaftsgruppen als Prämisse für ein Gespräch, dass die Kirche bestimmte Glaubenspositionen zur Disposition stellt, bevor sie in einen Dialog treten wollen. Das ist aber kein Gespräch auf Augenhöhe, das ist im engeren Sinne nicht mal ein Gespräch, das die Ergebnisse im vorhinein festgelegt werden sollen.

Die Aussage von Barilla, so patzig sie vielleicht erscheinen mag (und vielleicht auch in der Situation gemeint war), ist richtig: Kinder brauchen und haben ein Recht auf einen Vater und eine Mutter (auch wenn diese Konstellation in manchen Fällen nicht eingehalten werden kann) und es ist nicht einzusehen, warum man dieses Recht ausgerechnet Waisenkindern nicht zugestehen sollte. Natürlicherweise können zwei Männer nun mal keine Mutter und zwei Mütter keinen Vater ersetzen. Das heißt nicht, dass sie ein Kind nicht lieben können, aber das ist bei der Entscheidung für eine Adoption nicht die einzige Frage, die gestellt werden muss. Liebende Eltern, Vater und Mutter, sind das Ideal für ein Kind, mit allen anderen Konstellationen enthält man einem Kind etwas vor. Wer aufgrund einer solchen Aussage lieber auf Barilla-Nudeln verzichten möchte … der soll in der Tat eine andere Marke kaufen. Dieser Meinung die Legitimation abzusprechen, sie in den Kontext einer frei erfundenen „Homophobie“ zu stellen, ist dagegen unredlich und verfolgt am Ende nicht das Ziel einer Verständigung sondern der Durchsetzung eigener Interessen. Dass ein Guido Barilla dem nicht folgt, ist richtig und konsequent, dass die Kirche dem in ähnlich gelagerten Diskussionen nicht folgen kann, sollte genau so klar sein.

Beitrag erschien zuerst auf: papsttreuer.blog.de

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