„Alles hört auf mein Kommando!“

Die Schlagzeilen im Schnellticker: Schwedin stoppt Flug – Aufstehen gegen Abschiebung. * Diese Schwedin verhindert eine Abschiebung – mit einem ganz einfachen Mittel. * Protest in Göteborg – junge Schwedin stoppt Abschiebeflug.

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Jetzt wissen es alle: Am Schwedenwesen soll die Welt genesen. Die zierliche Elin machte damit an Bord eines Flugzeuges ernst, bis auf die putzig erröteten Wangen ihres makellos reinen, ganz und gar unschuldig anmutenden Engelsgesichts zeigte sie der Welt so, wo´s langgeht. Sie stand einfach auf, für mehr Gerechtigkeit – für einen der unzählig Beleidigten und Entrechteten, die einmal voller Hoffnung zu uns kamen und jetzt nicht wieder gehen dürfen. Dafür sorgen Elin und ihre Freund*Innen. Heute an Bord eines Fliegers und morgen auf der Amtsstube, gleich nebenan: Fred för alla!

Jene viel zitierten ´fifty minutes of fame´, über die im Zeitalter digitaler Vernetzung alle Welt verfügt, rechtfertigen offenbar jede noch so fragwürdige, im Ergebnis überflüssige Selbstdarstellung. Oft richten narzisstische Verrenkungen wie diese mehr Schaden an als dass sie, jenseits seelischer Erbauung oder Entzückung, irgendwem nützten und sie sagen sowieso mehr aus über jene, die sie uns ungefragt zumuten, als über die vermeintlichen Sachverhalte selbst, die nur ein bequemer Vorwand bleiben, um derlei Aktion für kurz ins rechte Licht zu rücken. Ob der zweiundfünfzigjährige Afghane, den es mittels Startverhinderung vor der sicheren Hölle zu bewahren galt, vorher von der Aktivistin darüber in Kenntnis gesetzt werden konnte, dass man ihn als Eventpartner ohne Bezahlung in die lästige Pflicht nimmt? Das geht aus den bisher publik gewordenen Berichten so wenig hervor wie die Beantwortung der Frage, ob er ein strikt Rechtgläubiger ist: einer also, für den Frauen ohne Kopftuch oder Ganzkörperkäfig ungläubige Schlampen sind und bleiben. Denen darf man dann nicht mal die Hand geben. Das gälte auch für die niedliche Elin. Ich glaube aber, dass ist beiden – Retterin und vorläufig Gerettetem –nicht wirklich wichtig gewesen in diesem Moment, der etliche Minuten füllte und die sozialen Netzwerke derzeit zum überlaufen bringt. Beide hatten eigene Interessen, und die werden nie ausreichen, zwei so grundverschiedene Menschen einander auch nur näher zu bringen. Es kam auch an Bord zu keinerlei Berührung. Die Sache ist: Er wollte in Schweden bleiben, sie wollte grenzenlose Aufmerksamkeit. Er hielt den Mund, sie bekam ihren gar nicht mehr zu.

Die alles andere als spontan verfügte Flugbremse – sie war im Aktivistenmilieu von langer Hand geplant worden – ist eine, die sich ohnehin nicht jeder leisten kann. Mal eben ein Ticket buchen und im Ergebnis einige Stunden verbraten für ein paar Minuten Aufmerksamkeit: Das unterscheidet die Studentin schon ganz gut vom blöden Ein-Euro-Jobber, der pro Tag dreimal den Arbeitsplatz wechselt, um am Monatsende über die eigenen Runden kommen zu können: Solche Runden rechnen sich für den gerade nicht, der hat was anderes zu tun. Das Sein bestimmt das Bewusstsein, klein Elin aber gibt die Marschrichtung vor.

Schauen sie sich die Posse ruhig mal im Netz an: Fräulein Ersson hat sie nonstop per Live-Video der Facebook-Gemeinde anvertraut. Schnell wird klar, um wen sich da im Grunde alles dreht. Die Schwedenkönigin glänzt, bald auch mit nassen Augen, das zieht immer, und so unbeugsam und wild entschlossen, wie sich die Kleine gibt, wirkt sie gleich ganz groß, ihr rundes Köpfchen füllt den ganzen Bildschirm aus, stur durchgehaltenen in der klassischen Selfi-Pose. Elin hielt sich das Smartphone wie einen Schminkspiegel vor´s eigene Gesicht. Grauenhaft. Alles also dreht sich nur um das Persönchen selbst – um sie, die von sich einfach nicht genug kriegen kann. Wie mag das auf die übrigen Personen an Bord gewirkt haben? Da kommt jemand einfach herein spaziert – und aus dem plappern gar nicht mehr heraus. Wer will das hören? Egal. Irre tapfer ist (und findet sich) die Elin, und sowas von konsequent, wie man aus folgenden Worten allzu deutlich heraushört:“ Ich tue was ich kann, um das Leben eines Menschen zu retten.“

Das so umständlich wie beharrlich in Szene gesetzte Bild von der unerschrockenen Einzelkämpferin zieht natürlich nicht wirklich, setzt aber auch jene unter Zugzwang, die mit der Sache selbst gar nichts zu tun haben. Schnell wird bei solcher Gelegenheit deutlich, dass etwas Grundsätzliches die Elin mit sämtlichen Statisten an Bord einte, sie mögen gemuffelt oder endlich genickt haben. Da ist etwa die Angst, etwas Falsches zu sagen oder zu tun. Mediale Rundumversiegelungen, auch wenn sie so billig inszeniert werden, zwingen ja dazu, sich alles schon vorher ganz genau zu überlegen, denn grundsätzlich können alle alles mithören und mit ansehen, alles mitkriegen eben. Und sich dann später, je nach Geschmack, wieder und wieder ´reinziehen´, was ihnen am meisten gefällt. Vor allem die peinlichen Stellen. Bis nichts mehr übrig bleibt, genauer: bis sich vollends abgenutzt hat, was ehedem noch von Bedeutung gewesen sein könnte. Was aber für die allermeisten der im Dutzend festgehaltenen digitalen Begebenheiten ohnehin nicht gilt. Die bloße Häufung produziert Beliebigkeit. Dennoch lässt das keinen im entscheidenden Moment kalt, mag er noch so cool tun. Denn zur Not liefert man Beweise, die sich nicht mehr auslöschen lassen und die dann im Dutzend, schier endlos die Runde machen werden. Noch die spontanste Regung leidet also darunter, kann von diesem Sachzwang nicht lassen. Das macht angreifbar. Und nervös. Oder stumpft ab. Es suggeriert aber auch ein Gefühl der Allmacht – und garantiert den situativen Exhibitionsorgasmus. Vom Mauerblümchen zur kühnen Kletterpflanze, eben: Hoch hinaus wollte die Elin mit ihrer Nummer. Zur Not mit Tränen in den Augen. Und den entsprechenden Sprüchen.

Man höre sich von vorne bis hinten an, was die Puppe da im holperigen Schweden-Englisch radebricht. Wie sie immer wieder den Teufel Tod an die Wand malt und immer öfter mit der Aufmerksamkeit ihrer Facebook-Freunde droht, mit ihren Zeugen also. Vorsicht, Pauschalreisender – big brother is watching me – and you! MeToo.

Ob die User in den sozialen Netzwerken schon vorab über die geplante Aktion informiert wurden? Mehr als zwei Millionen von denen haben es sich längst angetan. Das Navi hat vorzüglich funktioniert: Sie haben ihr Ziel – erreicht.

Bessern lässt sich durch Aktionen wie diese natürlich gar nichts. Die verwickelten und insgesamt recht undurchsichtigen Zusammenhänge in Sachen Migration kann man so wenig durch vordergründigen Dadaismus drehen oder wenden wie mittels ernst gemeinter, sinnvoll durchdachter und entsprechend sorgsamer ausgestalteter Aktionen; jenseits der großen Medienhype, die alles verdirbt. Das eben ist eines der Probleme: Ohne den Furor maximaler Aufmerksamkeit geht heute gar nichts mehr, aber genau der verhindert auch jeden echten Erfolg – jede wirkliche Lösung. Er verdammt die große Gemeinde der User zur Vereinzelung, noch in der großen Masse, die abstrakt bleibt. Allen bleiben so die Hände gebunden, jenseits des Tabletts, dass von ihnen bedient wird. Auch darum musste der arabische Frühling scheitern.

Die Aktion der Elin Ersson war nicht tapfer, nicht einmal töricht – nur blöd. Billig zu haben. Kann sein, die Göre kriegt ein Bußgeld aufgebrummt. Kann sein, dass der nicht in Erscheinung getretene Afghane die unfreiwillige Heimreise erneut antreten muss. Dann unter Bewachung. Und ohne die Elin. Die sich darob sicher immer noch von ihren Freund*Innen feiern lässt. Bei einer Tasse Latte Macchiato.

Noch die pfefferte Klatsche von der Beate Klarsfeld, damals dem Kiesinger verpasst, hatte mehr Verve als diese Tränen triefende Schmiere, der sicher etliche weitere folgen werden. – –

Shanto Trdic, 27.07.2018

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Wolfram

Oh diese kleine Schwedin aus sehr wohlhabenden Kreisen scheint ggf. wohl noch ein ganz anderes Intereses zu haben ??? - und das ist unter den weiblichen schwedischen Gutmenschen weitmittlerweile weit verbreitet !!!

Damit die jungen knackigen brausgebrannten, muskelgestählten, gut bestückten sexy Boys mal so richtig Druck ablassen können, kümmern sich viele Mamis - wenn der Papi auf Arbeit ist - und auch die Töchter ganz intensiv um ein Körperteil der Knaben - mit viel Lustgewinn.für die jungen und alten Damen !!!

Argumentation: reiner Frust- und Aggressionsabbau natürlich, damit die migrativen Schätzchen nicht ihre Vorstädte abflackern, etwas Spaß, bis der Papi kommt...

"maudit soit qui mal y pense".

Tja da wollte wohl das zarte linksaktivistische, schwedische Zuckerpüppchen wohl einmal etwas Heftigeres erleben als ein blasses mageres Schwedenbübchen oder ein vibrierendes Imitat seines besten Stücks ??? - eine ganz menschliche Frage, die sich geradezu aufdrängt !!! Ob sich die Studentin auch für einen alten schrumpligen Opi so eingesetzt hätte ??? Keine Leistung ohne Gegenleistung !!!

Also nymphomanische Begierden sind doch gerade bei Studentinnen gar nicht so selten - wer weiß ??? Wir sind doch alle so bunt und befreit - und der junge Kerl hat doch nur eine einzige Währung, mit der sich erkenntlich zeigen kann. Und das wissen die Mädels ganz genau !!! Also diese Art der Selbstlosigkeit scheint doch sehr zweifelhaft und gar nicht so uneigennützig !!!

Festnehmen und einbunkern - natürlich mit allen (vibrierenden) Annehmlichkeiten, die die kleine Studentengöre braucht. - Und den Typen in Handschellen mit dem nächsten Frachtflieger aussetzen, wo er hergekommen ist !!!

Gravatar: Adorján Kovács

Warum veröffentlicht Herr Trdic nicht unter seinem Namen, sondern unter dem von Herrn Warszawski? Das ist in mehrerer Hinsicht unfair den anderen Bloggern gegenüber.

Gravatar: Tom der Erste

Zählen wir mal zusammen: Behinderung des Flugverkehr´s - daraus resultieren : ungeplante Belegung der Rollbahn, Umdisponierung im Tower, mögliche Umleitungen und Verspätung anderer oder Anschlußflüge. Erpressung - Piloten, Tower und unbeteiligte Passagiere wurden erpresst.

Ich würde mir so allerhand einfallen lassen und die Folgeschäden sehr großzügig aufrunden. Und bei der nächsten Abschiebung sitzt Klein-Blondie neben ihrem Liebling, gefesselt natürlich - damit sie nicht wieder im Flieger herumhopsen kann. Sie kann sich dann mit ihm in seiner Heimat vergnügen und aufpassen daß er nicht gefoltert wird.

Wir müssen alle mal wirklich durchsetzen, daß diejenigen die Musik bezahlen die sie bestellt haben, ohne Wenn und Aber.

Gravatar: Marc Hofmann

Diese Schwedin hätte aus den Flieger gebracht gehört und direkt ins Gefängnis wandern. Eine Geldstrafe von 1000 Euro und gut wäre es gewesen!

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