Vortrag an Berliner Humboldt-Universität

Westen ohne Strategie im Kampf gegen Islamismus?

Der Bürgerkrieg in Syrien und im Irak ist auch ein ethnischer und religiöser Konflikt. Kritiker bemängeln, der Westen habe keine Strategie, die religiösen Stellvertreterkriege zu entschärfen.

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Seit 2011 syrische Demonstranten vom Assad-Regime niedergerungen und beschossen worden sind, hat sich der Konflikt zu einem Bürgerkrieg ausgeweitet. Mittlerweile sind mehr als 10 Millionen Syrer zu Flüchtlingen geworden. Mehr als 200.000 Menschen sind gestorben. Eine westliche Intervention blieb zunächst aus.

Doch 2014 ist es vor allem der Erfolg des Islamische Staates (IS, vormals ISIS), der weite Teile des östlichen Syrien und nordwestlichen Irak grausam unterworfen hat und nun die Welt aufschreckt.

Einige Kritiker werfen der westlichen Politik vor, keine klare Strategie in der Bekämpfung des radikalen Islamismus zu haben. Soll man im Sinne einer »Appeasement«-Politik agieren und auf alle Seiten mäßigend einzuwirken versuchen? Oder ist der Zug einer diplomatischen Lösung längst abgefahren und endlich die Zeit für eine klare Intervention gekommen?

Eskalierender Krieg durch Stellvertreterkonflikte

Am vergangenen Donnerstag war die Problematik um »IS/ISIS, Assad und das iranische Regime« Thema in einer Podiumsdiskussion an der Berliner Humboldt-Universität. Geladen hatte das Mideast Freedom Forum Berlin (MFFB). Die Redner waren Hiwa Bahrami und Thomas v. der Osten-Sacken. Beide gelten als Kenner der Region und Nahostproblematik.

Hiwa Bahrami ist Repräsentant der Democratic Party of Iranian Kurdistan (PDKI) in Deutschland und Österreich. Der Journalist und Publizist Thomas v. der Osten-Sacken ist Geschäftsführer der Hilfsorganisation Wadi e.V., die im Nahen Osten tätig ist.

Beide Vortragende stellten klar, dass viele Länder in den Konflikt involviert sind. Das betrifft unter anderem Russland, das dem Assad-Regime die Treue hält, sowie Länder wie Saudi-Arabien, Katar und die Türkei, welche die sunnitischen Bewegungen unterstützten. Ebenso deutlich wirkt sich das Handeln und Nichthandeln der USA auf die Entwicklungen aus.

Doch der Fokus der Podiumsdiskussion lag an diesem Abend auf die Rolle des Iran und der schiitischen Achse des Nahen und Mittleren Ostens. Diese Achse erstreckt sich vom schiitischen Iran durch den ebenfalls schiitischen Südirak bis hin zu den schiitischen Hisbollah-Milizen im Libanon. Sowohl der Iran als auch die Hisbollah unterstützen offen das Regime des Alawiten Baschar al-Assad in Syrien.

Kurden wichtige Verbündete des Westens

Hiwa Bahrami verwies auf die ideologische und religiöse Aufgeladenheit des Konfliktes. Insbesondere der Kampf zwischen radikalen Sunniten, Schiiten und Alawiten präge den Bürgerkrieg. Um den Konflikt zu deeskalieren sei es daher wichtig, vor allem demokratische und säkulare Kräfte zu unterstützen. Hier würden sich nach Bahrami besonders die Kurden hervortun. In ihrer moderaten Einstellung zum Islam und mit ihrer prowestlichen Haltung seien sie die geeigneten Verbündeten des Westens.

Die politischen Gruppierungen und Parteien der Kurden sind durch den Kampf gegen die radikalen sunnitisch-salafistischen Dschihadisten des IS und der Verteidigung kurdischer Städte geeint worden. Auf keinen Fall dürfe Europa die Entwicklungen im Nahen Osten auf die leichte Schulter nehmen. Die Sicherheit und Stabilität im Nahen und Mittleren Osten sei Vorraussetzung für Sicherheit und Stabilität in Europa.

Syrien und Irak: verrottete Staaten mit dysfunktionalen Gesellschaften

Für Thomas v. der Osten-Sacken ist die Region des Mittleren Ostens eine »failed region« mit »failed states«. In Ländern wie Syrien und dem Irak hätten die Regime die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturen über viele Jahrzehnte »verrotten« lassen. In vielerlei Hinsicht seien die Länder rückständig geblieben. Syrien ist verarmt, und der Irak rein vom Öl abhängig.

V. der Osten-Sacken stellte hervor, dass es nicht reiche, die Terrormilizen des IS zu bekämpfen. Auch das Assad-Regime müsse verschwinden. Seiner Meinung nach würde jede halbherzige Unternehmung den Konflikt verlängern und am Ende womöglich noch etwas Schlimmeres als den IS-Terror hinterlassen.

Besonders heikel sei die radikale Konfessionalisierung des Konfliktes durch den Kampf radikaler Sunniten gegen die oft nicht weniger radikalen Schiiten, wie er sich in den letzten Jahren im Irak hochgeschaukelt hat und nun auch in Syrien aufgebrochen ist. Eine Lösung der ethnischen und religiösen Situation erkennt v. Osten-Sacken vor allem in einer Föderalisierung ohne Konfessionalisierung.

Einfluss des Iran wird unterschätzt

Sowohl Bahrami als auch v. der Osten-Sacken betonten die Bedeutung des Iran im Konflikt. Der Iran unterstützt das Assad-Regime, die Hisbollah im Libanon, die auch im syrischen Bürgerkrieg auf der Seite von Assad kämpft, und die palästinensische Hamas. Außerdem nimmt der Iran massiv Einfluss auf den schiitischen Südirak, sorgt für eine weitere Konfessionalisierung des Konfliktes und sendet sogar eigene Al-Quds-Brigaden ins Krisengebiet.

Problematisch sei daher das aktuelle Bemühen, den iranischen Einfluss zu nutzen, um gemeinsam gegen den sunnitischen IS zu kämpfen. Problematisch sei dies deshalb, weil der massive iranische Einfluss zugunsten der Schiiten im Irak und des Assad-Regimes in Syrien erst die Vorraussetzung dafür geschaffen hatte, dass der Schia-Sunni-Gegensatz und der damit verbundene Krieg in der Region derart eskalieren konnten.

Am Ende lässt sich resümieren: Der Konflikt kann nicht gelöst werden, solange in Damaskus das Assad-Regime an der Macht bleibt, solange der radikal-sunnitische IS weite Gebiete terrorisiert und solange der Iran den Konflikt zwischen Schiiten und Sunniten forciert.

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Die Wortblasen im Kampf bzw. die Tatenlosigkeit gegen den Islamismus nehmen immer skurrilere Formen an und werden in romantisch-verträumten Varianten vorgetragen. Dabei verwendet man sogar das Wort säkular. Dabei ist der einzige in dieser Region existierende säkulare Staat, nämlich Syrien, mit allen erdenklichen Mitteln vom Westen bekämpft worden. Nur Russland und China ist es zu verdanken, dass Syrien nicht das Schicksal von Libyen ereilt hat. Hinzu kommt der völkerrechtswidrige Krieg und die Auswirkungen auf die islamische Welt. Man belügt sich selbst, wenn man meint, dass der Islamismus und damit alle Muslime in demokratische Bahnen zu lenken wären. Der Islam begreift sich als die Weltreligion und erhebt den Anspruch auf die Weltherrschaft. Dieses Ziel gibt er nachdem er durch die Kriege der USA und der Nato erstarkt ist, niemals wieder auf. Man kann sich nur im eigenen Land vor dem Islam durch geeignete Maßnahmen, wie Zuwanderungsstopp, Abschiebung, Einbürgerungsstopp etc., einigermaßen schützen. Das geht aber nicht mit den derzeitigen Politikern, denn die sind Feiglinge gegenüber dem Islam. Wenn ein Bundesinnenminister vor dem Verbot der IS Fahne bei Muslimverbänden anfragt, ob ein Verbot der IS Fahne die religiösen Gefühle der Muslime verletzen würde, dann kann man sich denken wie sie die Gefahr auf die leichte Schulter nehmen oder wie viel Angst diese Feiglinge vor dem Zorn der Muslime haben. Die Information über die Anfrage zur IS Fahne kam gestern von einem Teilnehmer des Presseclub in der ARD.

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