US-Präsidentenrede

Obama erklärt die Welt

Wer die Welt führen will, muss sie auch erklären können. In verdauliche Informationshäppchen verpackt, erläuterte US-Präsident Barack Obama seine Sicht auf die Lage Amerikas und der Welt.

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Am Dienstagabend, den 20. Januar, hat der US-amerikanische Präsident Barack Obama im Saal des US-Kongresses in Washington seine Rede zur Lage der Nation gehalten. Solche Reden sind für ihn mittlerweile zur Routine geworden. Dennoch gelten sie als Gradmesser seiner Beliebtheit und erlauben einen Blick auf die künftige Ausrichtung der US-Regierungspolitik. Rund 50 Millionen Menschen sollen weltweit die Rede an ihren Fernsehbildschirmen verfolgt haben.

Für den US-Präsidenten bietet eine solche Rede die einmalige Gelegenheit, die Erfolge seiner bisherigen Amtszeit zu unterstreichen und eventuelle Misserfolge zu erklären. Wie stets, wurde auch diesmal der globale Führungsanspruch der Vereinigten Staaten von Amerika knallhart und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht. Dies ist der einzige Punkt, in dem sich fast alle US-Kongressmitglieder, Demokraten wie Republikaner, einig zu sein scheinen.

Im Ausland kommt dieser Punkt nicht immer gut an. Der russische Außenminister Sergej Lawrow kritisierte mit Bezug auf die Rede bereits, wie die USA offen darauf bestünden, die Nummer Eins in der Welt zu sein, und anderen Ländern diese Dominanz aufdrängen.

Krise überwunden?

Ein Satz Barack Obamas trifft den inhaltlichen Kern der gesamten Rede: „The shadow of crisis has passed, and the State of the Union is strong.“ – „Der Schatten der Krise ist vergangen, und die Lage der Union ist stark.“ Doch fassen wir einige ausgewählte Punkte der Rede zusammen:

Zunächst warf Obama einen Blick zurück. Die ersten 15 Jahre des neuen Jahrhunderts hatten den Terror nach Amerika gebracht und das Land in zwei lange und kostspielige  Kriege verwickelt. Zudem hatte eine tiefe Rezession Amerikas Wirtschaft erschüttert.

Aber heute, so betonte Obama, würde man ein neues Kapitel aufschlagen. Unter dem Applaus der Anwesenden stellte er fest: Die Wirtschaft wachse und lasse neue Jobs entstehen – so viele wie seit 1999 nicht mehr. Die Arbeitslosenzahl liege unter dem Stand vor der Finanzkrise. Es werden in Amerika mehr junge Menschen graduiert und sind mehr US-Bürger krankenversichert als jemals zuvor.

Unter dem Beifall der Kongressabgeordneten konstatierte er, dass die Vereinigten Staaten von Amerika unanhängig von Ölimporten geworden seien wie seit 30 Jahren nicht mehr. Gleichzeitig sei die Zahl der im Ausland kämpfenden US-Soldaten reduziert worden, in Afghanistan innerhalb von sechs Jahren von 180.000 auf 15.000.

Obama sieht die Wirtschaft wachsen, das Defizit sinken, die Industrieproduktion aufblühen. Außerdem erkennt er einen Boom der Energiewirtschaft – womit er wohl indirekt auf die Fracking-Industrie hinweist. Nun sei die Zeit gekommen, in der die USA die freieste Nation der Welt seien, wenn es darum geht, die eigene Zukunft zu gestalten.

Nach einem rhetorischen Ausflug in die Anekdote einer US-Familie, die beispielhaft die Krise gemeistert habe, verwies er darauf, dass Millionen Amerikaner es Dank harter Arbeit und großer Opfer am Ende geschafft hätten. Dieses Durchhaltevermögen habe die Kehrtwende herbeigeführt. Das Ergebnis seien, so Obama, 11 Millionen neue Jobs.

Immer wieder ging Obama auf die amerikanische „Energiewende“ ein, die auf die Unabhängigkeit von Energieimporten abzielt. Stolz erwähnte Obama, dass die USA mittlerweile weltweit führend in der Öl- und Gasförderung seien.

Zielpublikum „Middle-Class“

Wie bei Politikern fast überall in der Welt, bemühte Obama das Bild des Mittelstandes oder der Mittelklasse, und zwar in einer Art und Weise, dass möglichst viele Menschen sich damit identifizieren können. „Middle-class economics“ heißt, so Obama, den hart arbeitenden Familien das Gefühl zu geben, sich sicher in einer Welt konstanter Veränderungen zu fühlen. Das betrifft die Bereiche Kinderbetreuung, Schulbildung, Gesundheitsvorsorge, Eigenheim und Altersvorsorge.

Dass es mit dem Lebensstandard vieler Amerikaner nicht so weit her ist, wenn man bestimmte Details mit den Standards einiger europäischer Länder vergleicht, gibt auch Obama zu. So stellte er in seiner Rede fest und kritisierte, dass in den USA etwa 43 Millionen Arbeitnehmer keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall erhalten. Für viele Menschen sei der Krankheitsfall ein Wirtschaftsrisiko.

Obama warb für Zustimmung zu den Freihandelsabkommen

In seiner Rede warb Barack Obama für die Handelsabkommen mit Europa und Ostasien. Gemeint sind TTIP und TPP. Er gebe ja zu, dass solche Abkommen nicht immer die damit verbundenen Erwartungen erfüllen würden, aber 95 Prozent der Kunden würden außerhalb der amerikanischen Grenzen leben. Amerika dürfe, so Obama, sich diesen Möglichkeiten, die sich aus dem Handel ergeben, nicht verschließen. Freudig merkte er an, dass mehr als die Hälfte der US-Produzenten, die ihre Waren in China herstellen lassen, darüber nachdenken würden, die Jobs nach Amerika zurückzuholen.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Barack Obama in seiner Rede behauptete, die Handelsabkommen seien dazu da, die Interessen der amerikanischen Arbeiter zu schützen, denn die Handelsabkommen mit Europa und Asien seien angeblich nicht nur für den freien Handel, sondern auch für fairen Handel.

„The Question is not whether America leads the world, but how“

Außenpolitik wurde nur am Rande behandelt. Dabei betonte Barack Obama erneut das, was bereits sein Vize Joe Biden und sein Außenminister John Kerry immer wieder hervorgehoben haben und in der US-Außenpolitik ein beinahe unwiderrufener Anspruch ist: Die USA sind die Führungsmacht der Welt und wollen es bleiben.

Obama zufolge sei es nicht die Frage, ob die USA die Welt führen, sondern wie. Lediglich das Vorgehen solle sich ändern. Statt mit dem Militär allzu schnell loszuschlagen, wolle man in Zukunft die Führungsrolle „smarter“ angehen. Hierzu bräuchte es die ideale Kombination aus militärischer Schlagkraft und diplomatischer Stärke.

Obama erklärte die Solidarität der Vereinigten Staaten von Amerika mit allen Ländern, die vom Terrorismus bedroht oder betroffen seien. Man wolle aber mehr indirekt als direkt eingreifen. So würden in Afghanistan statt US-Soldaten hauptsächlich von den USA ausgebildete afghanische Soldaten patrouillieren. Beim Kampf gegen den ISIL („Islamic State of Iraq and the Levant“, in den deutschen Medien kurz IS, „Islamischer Staat“ genannt) werden die USA eine Koalition aus mittelöstlichen Staaten anführen, aber keine Alleingänge durchführen. Ziel sei es, die Terroristengruppe des ISIL zu zerstören.

Dann ging Barack Obama auf die Ukrainekrise ein. Er verurteilte erneut Putins angebliche Aggression gegen die Ukraine. Als Reaktion stünden die USA in Eintracht mit ihren Verbündeten. Russland sei dagegen isoliert und wirtschaftlich geschwächt. Obama wertet dies als ein Beispiel für die amerikanische Führung – nicht mit Getöse, aber mit Standhaftigkeit.

Kuba – Beginn einer neuen Ära der Beziehungen

Dann sprach Obama die amerikanischen Beziehungen zu Kuba an. Unter Applaus verkündete er, dass die bisherige Kuba-Politik der USA nun ihrem Ende zuginge. Nach 50 Jahren erfolgloser Sanktionspolitik sei es nun an der Zeit, etwas Neues auszuprobieren. Die USA wollen das Misstrauen beider Länder abbauen. Die neue amerikanische Politik reiche den Kubanern die Hand der Freundschaft. Noch dieses Jahr solle der US-Kongress daran gehen, das Embargo gegen Kuba zu beenden.

Dieser inhaltliche Schwenker Obamas ist besonders aufschlussreich und verstörend zugleich, da er wenige Sätze zuvor noch die Sanktionspolitik gegen Russland als kluge Politik verkauf hat, einen Atemzug später jedoch die bisherige Sanktionspolitik gegen Kuba für gescheitert erklärte. Dem Applaus im Kongress nach zu urteilen, ist diese Art der „Nicht-Logik“ den Anwesenden wohl nicht aufgefallen.

Dann folgte ein Schwenker zum Iran. Weil es bei den Verhandlungen mit dem Iran Fortschritte gebe, sollten keine weiteren neuen Sanktionen beschlossen werden. Ein weiterer Konflikt im Mittleren Osten solle vermieden werden. Es sei weise, den Krieg nur als letztes Mittel anzusehen.

Der nächste außenpolitische Feind, so Barack Obama, seien die weltweiten Hacker, die von anderen Ländern aus die Sicherheit und Privatsphäre der Amerikaner verletzen würden. Man müsse in diesem Cyber-Krieg ebenso entschlossen handeln wie bei der Bekämpfung des Terrorismus. Auf die weltweiten Beschwerden hinsichtlich der NSA-Überwachung ging er nicht ein.

Mit Bezug auf den asiatisch-pazifischen Raum führte Obama einen kleinen rhetorischen Seitenhieb gegen China an, ohne dieses Land namentlich zu erwähnen. Die USA wollen sicherstellen, dass die bestehenden Allianzen erneuert werden und in Fragen des Handels und der Seehoheitsrechte nach den Regeln gespielt werde. Später fügte Obama allerdings noch positiv erwähnend hinzu, dass die USA und China in punkto Klimaschutz und Emissionssenkung einander inhaltlich näher gekommen seien.

Abschließend ließ sich Barack Obama über die Einheit der amerikanischen Nation und Gesellschaft aus und endete seine Rede mit Lobeshymnen auf amerikanische Werte. Damit ging er auf die zunehmende soziale Spaltung der amerikanischen Gesellschaft ein, deren Spannungen sich in der letzten Zeit immer häufiger in erschütternden Gewaltereignissen entluden, wie zuletzt in Ferguson und New York.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Stellmacherei

Fehlt nur noch Obamas Satz aus seiner West-Point-Rede (Mai 2014); in dieser Rede liefert eine wunderbare und einfühlsame Begründung, warum seine USA zu den Schurkenstaaten zählen und er sich geradezu wohlfühlt, dass er einen solchen führen darf:
„Ich glaube an die Einzigartigkeit der USA – mit jeder Faser meines Seins. Was uns so einzigartig macht, ist nicht unsere Fähigkeit, uns über internationale Normen und den Rechtsstaat hinwegzusetzen, es ist unsere Bereitschaft, diese durch unsere Handlungen zu bekräftigen.“

Gravatar: Ulrich



Geschätzte Zuschauer Der seit dem gewaltsamen Putsch in der Ukraine amtierende Minister-Präsident Arsenij Jatsenjuk ist ein Agent der USA und ihrer Verbündeten, wie der deutsche Bestseller-Autor und Journalist Gerhard Wisnewski in einem aktuellen Artikel erklärt. Auf der Webseite von Jatsenjuks- Stiftung „Open Ukraine" ist unter der Rubrik „Partner" für jedermann ersichtlich, welche Kräfte seiner Organisation in der Zurüstung des Putschs unterstützten. Hier einige Auszüge: 1. Der „Black Sea Trust": Das ist eine US-amerikanische Einflussstiftung.
2. Das Chatham House: Das ist ein britisches Netzwerk für internationale Angelegenheiten, unter anderen finanziert von Rockefeller, Bill Gates, der NATO, der EU und der deutschen Konrad Adenauer Stiftung.
3. Die NATO selbst: Eine von der NATO eigens für die Ukraine gegründete Propaganda-Organisation, das „NATO Information and Documentation Centre".
4. Das NED: Eine von der US-Regierung finanzierte Organisation zur Demokratisierung fremder Länder. Allen Weinstein, der zur Schaffung des NED beitrug, sagte über diese Einrichtung: „Eine Menge von dem, was wir heute (mit dem NED) machen, wurde vor 25 Jahren geheim von der CIA gemacht."
5. Zu guter Letzt prangt ganz offen und für jedermann ersichtlich das Siegel des US-Aussenministeriums selbst, auf der Partnerliste des neuen ukrainischen Präsidenten Arsenij Jatsenjuk. Meine Damen und Herren, diese Verflechtungen legen nahe, dass Arsenij Jazenjuk als Staatschef der Ukraine nicht die Bedürfnisse des eigenen Volkes, sondern die Interessen der westlichen Mächte vertreten wird. Unterstützen Sie Klagemauer.tv und verbreiten Sie diese Information. Guten Abend..

Alexander Dugin - Deutschland und Russland hätten sich verbünden sollen
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Bei diesem Vortrag erläutert Alexander Dugin, Professor für Soziologie an der Moskauer Staatsuniversität, Philosoph und Geopolitik-Experte, die geopolitische Konstellationen vor dem Zweiten Weltkrieg.Deutschland machte im 2. Weltkrieg wie schon im 1. Weltkrieg und vor ihm Frankreich unter Napoleon den Fehler, Russland anzugreifen, was dazu führte, dass die Landmächte sich gegenseitig schwächten und die Seemächte Großbritannien und die USA gestärkt wurden.

Für Großbritannien war es einerlei, ob Deutschland oder Russland siegen würde, am Ende würden beide erheblich geschwächt aus dem Krieg hervorgehen. Daher verfolgten die Engländer ihr bewährtes Prinzip, die Landmächte in Konflikte zu treiben, um die Vorherrschaft der Seemacht, die Thalassokratie, zu bewahren.Ein Bündnis zwischen Deutschland und Russland hätte das Ende der angloamerikanischen Thalassokratie bedeutet und ein neues Zeitalter der Tellurokratie, eine Vorherrschaft der eurasischen Landmächte, eingeläutet..

Quelle: http://lebendigeethik24.edublogs.org/ukraine-und-usa/

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