Clare Foges, Redenschreiberin Camerons

Im Jahr 2007 veröffentlicht eine junge Frau auf der englischen Internet-Plattfom Conservative Home einen Aufsatz, in dem sie beklagte, »dass wir in der jüngeren Geschichte Zeugen einer langsam voranschreitenden Sterilisierung öffentlicher Debatten geworden sind, die Politik verarmen lässt und vielleicht sogar die Demokratie selbst gefährdet.« Diese Frau heißt Clare Foges und ist heute Redenschreiberin von David Cameron.

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Dass Clare Foges einmal wichtige Mitarbeiterin Camerons werden und dadurch ins Interesse der britischen Medien rücken würde, war ihr nicht in die Wiege gelegt worden. Sie besuchte keine erlesene Privatschule, aus der die Eliten Großbritanniens so gerne ihren Nachwuchs rekrutieren, sondern eine öffentliche Schule. Sie studierte Englisch und Literatur und verkaufte Eiscreme, um sich den Lebensunterhalt zu finanzieren – sie wird deshalb auf der Insel gerne »ice cream girl« genannt. Dann begann sie für den Abgeordneten John Hayes zu arbeiten, später für Boris Johnson, als er für das Amt des Bürgermeisters von London kandidierte. Als sie dann beim Oppositionsführer David Cameron anheuerte, war sie in der konservativen Partei Großbritanniens kein unbeschriebenes Blatt mehr.

Ihren Einstand als konservative Intellektuelle hatte Foges, die auch Gedichte schrieb, mit ihrer Kritik der öffentlichen Rede. Als Ursache für deren Qualitätsverlust machte sie unsichtbare Regeln aus, die jeder Politiker um den Preis der Langeweile zu beachten habe: »Sie sind gefesselt an unsichtbare Gesetze, die ich ›antiseptische Redekunst‹ nenne: eine Form der politischen Rede, die gesäubert ist von allem, was auch nur entfernt strittig sein mag, von allem, was irgendwie farbig und allem, was in irgend einer Weise für irgend jemanden als anstößig empfunden werden könnte.« Das Phänomen sei beispielsweise bei Gordon Brown zu beobachten gewesen, der sicherlich kein langweiliger Mann sei.

Als wichtigen Baustein für den Erfolg des französischen Präsidentschaftskandidaten Nicolas Sarkozys wertete Foges seinen Mut, die Regeln der antiseptischen Rede konsequent zu missachten. Und ebendas empfahl sie dem konservativen Anwärter auf den Posten des Premierministers von Großbritannien, David Cameron. Indem er die unsichtbaren Regeln der antiseptischen Rede ignoriert habe, habe er die Führung der Partei gewonnen; dasselbe Rezept möge er, riet sie ihm, auch im Wahlkampf anwenden: »Cameron sollte mutig genug sein, unsere eigenen großartigen britischen Konzepte wie Pflicht, Ehre, Fairness und Standhaftigkeit, um den Kern des Konservatismus zu vermitteln und zu zeigen, warum Großbritannien ihn jetzt braucht.«

Es versteht sich eigentlich von selbst, dass die Ideen, die man am heimischen Schreibtisch hat, später nicht eins zu eins umsetzen kann. Auch eine Foges kann das nicht, selbst wenn sie Mitarbeiterin des Prime Ministers ist. Und dennoch hat Foges bereits jetzt Spuren hinterlassen, denn sie gilt inzwischen als wichtige Ideengeberin für Camerons berühmte Europa-Rede von Anfang des Jahres. »It will be an in-out referendum« – diese Phrase etwa wird ihr zugeschrieben, und es gibt sicherlich noch viel mehr, das aus ihrer Feder stammt. Insofern gehört sie zu denjenigen, die den öffentlichen Auftritten Camerons seinen speziellen »Ton« verleihen.

Wie auch immer, die Karriere der nunmehr 31-Jährigen zeigt, dass sich bei den Konservativen in Großbritannien etwas verändert: Die Partei scheint sich zu verjüngen, frische Ideen ziehen ein. Dass davon auch die Europapolitik der Tory-Regierung profitiert, ist mit der Rede Camerons bewiesen worden. Insofern dürfen die Briten gespannt sein, was sie erwartet. Und die anderen Europäer auch.

Siehe auch conservativehome.blogs.com, dailymail.co.uk und dailymail.co.uk.

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