Wie der Staat seine Bürger kontrolliert

Anonymes Leben unmöglich

Der gläserne Bürger ist längst Realität geworden. Wer ein halbwegs anonymes Leben führen möchte, ist gezwungen, gegen bestehende Gesetze und Verordnungen zu verstoßen.

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Die Bespitzelung der Bürger durch die Behörden gilt als Kennzeichen totalitärer Staaten. So wurden die Einwohner der Sowjetunion überwacht, solange das Land existierte. In den westlichen Demokratien war eine derartige Kontrolle nicht möglich, aus politischen und finanziellen Gründen. Schließlich wendete der KGB eine große Menge an Mitarbeitern und Ressourcen für die Beaufsichtigung seiner Landsleute auf. Kein demokratisches Parlament hätte derartigen Ausgaben zugestimmt.

Doch dann kam ein neuer Faktor ins Spiel: Die Entwicklung der Technologie. Durch die Digitalisierung sanken die Kosten einer flächendeckenden Überwachung auf einen Bruchteil. Diese billige Überwachungstechnologie wird selbstverständlich auch in Demokratien genutzt.

Zu den bekannten Methoden zählt die Telefonüberwachung. Sämtliche Gespräche können ab­gehört, sämtliche SMS mitgelesen werden. Außerdem kann nachvollzogen werden, wer wann mit wem telefoniert hat. Darüber hinaus ist es möglich, Bewegungsprofile der Nutzer von Mobiltelefonen zu erstellen. So weiß man, wer sich wo wann aufgehalten hat oder gerade aufhält.

Ähnlich verhält es sich mit dem Internet. Unverschlüsselte Mails werden mitgelesen als wären es Postkarten. Verschlüsselte Mails können von den Behörden entschlüsselt werden. Das anonyme Surfen im Netz ist gleichfalls nur ein Wunschtraum. Es besteht zwar die Möglichkeit, Proxy-Server zu benutzen, also seine Spuren zu verwischen indem man über unterschiedliche Server auf die gewünschte Seite zugreift. Doch den Anbietern von Proxy-Servern kann man nicht immer vertrauen. Einerseits, weil ihre Technologie technisch nicht immer ausgereift ist, andererseits, weil sie gelegentlich mit den Behörden zusammenarbeiten. Das bisher als sicher geltende Tor-Netzwerk, eine anonyme Zone im Internet, wurde von der NSA gehackt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das inzwischen auch den deutschen Behörden gelungen ist.

Auch das Reisen ist unmöglich, ohne überwacht zu werden. Schiffs- und Flugtickets können nicht anonym erworben werden. Doch auch der Bahnreisende hat es schwer, sein Inkognito zu wahren, selbst wenn er auf die Mitnahme seines Handys verzichtet: Die Bahnhöfe sind ausnahmslos kameraüberwacht. Gesichtserkennungssoftware ermöglicht eine sofortige Identifizierung. Kameras findet man auch in Bussen, Straßen-, U- und S-Bahnen.

Aber besteht nicht die Möglichkeit, das Auto zu benutzen? Der Individualverkehr mag zwar individuell sein, anonym ist er jedoch nicht. Wieder einmal vom Handy abgesehen, gibt es an Autobahnen Mautkameras, die automatisch alle Nummernschilder registrieren. Man könnte natürlich ausschließlich auf Bundesstraßen fahren. Doch auch dort und in Ortschaften gibt es Kameras. Und es sollen Pläne existieren, alle Autobesitzer zu verpflichten, Notrufsysteme zu installieren, die im Fall eines Unfalls automatisch die Position des Fahrzeugs übermitteln würden …

Die Meldepflicht macht es unmöglich, von den Behörden nicht gefunden zu werden. Auch wenn man sich nicht meldet, muss man arbeiten und Steuern zahlen. Auf eine Krankenversicherung wird man gleichfalls ungern verzichten. Somit kennen das Finanzamt und die Krankenkasse die Adresse und werden über die Steuer- bzw. Versicherungsnummer immer fündig. Desgleichen verfügt die Bank über die aktuelle Adresse. Theoretisch könnte man auf ein Konto verzichten und nur für Bargeld arbeiten. Doch wie soll man das versteuern? Abgesehen davon kursieren Pläne zur Abschaffung des Bargelds. In Schweden wird es bald soweit sein; ein Vorbild auch für Deutschland? Wenn die Bürger nicht mehr bargeldlos kaufen und verkaufen können, anonyme Bezahldienste abgeschafft werden und die Kontobewegungen abrufbar sind, entgeht den Behörden nicht das kleinste Geschäft. Abgesehen davon können die Daten zum Erstellen von Bewegungsprofilen verwendet werden: Wann hat wer wo was elektronisch bezahlt?

Auch das Ausweichen ins Ausland ist wenig erfolgversprechend. Ab 2017 wollen 40 Staaten automatisch Daten über Kapitalerträge austauschen. Das Bankgeheimnis ist damit endgültig ein Auslaufmodell. Vorgeblich dient die Maßnahme dem Kampf gegen die Steuerhinterziehung, ermöglicht aber auch die lückenlose weltweite Überwachung der Bürger. Am geplanten automatischen Informationsaustausch werden sich ebenfalls die Länder beteiligen, die bisher als Garanten des Bankgeheimnisses galten: Die Schweiz, Liechtenstein, Luxemburg, die Britischen Jungferninseln, die Bermudas und Singapur. Vor allem amerikanischer Druck war maßgebend für den Beschluss des Datenaustauschs als OECD-Standard. Erfasst werden sollen alle Arten von Kapitalerträgen, beispielsweise Zinsen, Dividenden, Einkünfte aus Versicherungsverträgen oder Verkäufen. Für den Verbraucher bedeutet das zunächst einmal höhere Kosten, die den Banken und Versicherungen entstehen und auf ihn umgelegt werden. Entscheidend ist jedoch, dass das Abkommen eine erhebliche Einschränkung der Anonymität und somit der persönlichen Freiheit nach sich ziehen wird.

Die größte Gefahr für die informationelle Selbstbestimmung stellt jedoch die Vernetzung dar. Seit 2009 forscht man in der EU am INDECT-System. Hier sollen Daten von Kameras, aus sozialen Netzwerken, Datenbanken der Behörden, Ortungsdaten von Handys usw. zusammengeführt werden. Der gläserne Bürger wäre dann endgültig Realität.

Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts Ernst Benda warnte einst vor einer zu großen Neugier der Exekutive: »Einen Staat, der mit der Erklärung, er wolle Straftaten verhindern, seine Bürger ständig überwacht, kann man als Polizeistaat bezeichnen.« Dem ist schwerlich zu widersprechen.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: richter

Eine Diktatur ist richtig gut, gegen das, was wir heute haben.

Gravatar: Ralf

Völlig anonym - das ist in der Tat fast unmöglich. Aber es gibt Möglichkeiten, seine Privatsphäre zu schützen. Hier nur ein paar Denkansätze.

(1) Es gibt (noch) mehrere Varianten für Telefon- als auch Internetzugänge ohne sich identifizieren zu müssen. Wer sich natürlich einen schnellen Draht in die eigene Wohnung legen lässt, der hat schlechte Karten.

(2) Man kann in Deutschland auch ohne Konto leben. Nur bares ist wahres. Es gibt (noch) so viele Sparten, in denen man Bares verdienen kann und so man möchte, dies auch versteuern. Für größere Geschäfte ein ausländisches Konto, dann aber für die eigene eine Limitid gründen, etc.

(3) Auch das Meldegesetz kann man umgehen. Wer nicht gefunden werden will, der wird es auch nicht. Wer nicht reisen will, braucht keinen Pass. Den Perso-Chip kann man grillen und das eigene Foto kann man vorher noch etwas bearbeiten, um die Erkennungssoftware auszutrixen.

So, nun genug. Ihr solltet selber kreativ werden, statt zu jammern. Subversiver Widerstand ist möglich. Demonstrationen und Petitionen erreichen nur ein müdes lächeln bei denen da "oben".

Gravatar: Ogul

Wie werden dann in Schweden die Drogen bezahlt?Werden da manche Bereicherer nicht böse werden?

Gravatar: Peter

Wie schaffen es aber die Rothschild & Consorten anonym das Geld der Steuersklaven in ihre Taschen zu lenken?
Ein Reporter des Tagesspiegels hat versucht aufzudecken, wo die Gelder aus dem ESM hinverschwinden.
Bei dieser Klientel gibt es tatsächlich ein Bankgeheimnis!!

Das Mobiltelefon war wirklich ein Meilenstein. Nun hat jeder den Orwellschen Televisor in der Tasche.

Gravatar: Paul Mittelsdorf

Jammer, jammer, jammer. Wer einmal in einer Diktatur gelebt hat, kann hier nur lachen.

Gravatar: Karin Weber

Es geht nicht darum, Straftaten zu verhindern. Das ist lediglich ein vorgeschobenes Argument um die flächendeckende Bespitzelung zur Unterdrückung der Meinungsfreiheit und Lenkung der öffentlichen Meinungsbildung zu legitimieren. Ich glaube schon lange nicht mehr an einen vermeintlichen "Rechtsstaat" und in einer Demokratie leben wir ebenfalls nicht. Die letzte Bundestagssitzung zu den Waffenlieferungen ist dazu ein eindeutiger Beleg, dass wir keine Volksvertreter, sondern nur Parlamentsfüllmasse haben. Entscheidungen treffen hier andere und Leute wie Merkel oder der Ostzonenjesus sind nur die Übermittler diese "Botschaften ans Volk".

Mir ist das schon vor einer ganzen Weile durch den Kopf gegangen, dass wir nicht frei sind. Allein schon die Tatsache, dass man kaum noch etwas selbst .. also frei entscheiden kann, ist so niederschmetternd. Wir haben uns aber daran gewöhnen lassen, weil man solcherart Unfreiheit subtil, schleichend wie ein Gas, in die Gesellschaft getragen und verankert hat.

Denkt man diese Tendenz einmal bis zu Ende, dann werden Menschen einmal in einem System leben, dass ihnen alles vorgibt, das Ergebnis ihrer Wertschöpfung entzieht, ein Minimum an leistungserhaltenden Maßnahmen vollzieht und wirtschaftlich unbrauchbares Material ökologisch entsorgt. Denken? Unerwünscht, kann gentechnisch abgezüchtet werden. So stelle ich mir die Zukunft vor. Mit dem Ende der Identität haben wir bereits einen gewaltigen Schritt in diese Richtung getan.

Gravatar: Anna Anno

Der automatischer Informationsaustausch ist eine kommunistische Erfindung, die den Staat die Bürgerrechte stiehlt. Das Bankgeheimnis ist der Garant für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit und hat auch in Zeiten einer Wirtschaftskrise funktioniert, was auch die Wirtschaft und den Staat nicht beeinträchtigt haben. Dazu hat die EU im Rahmen der Zinsrichtlinie sich verpflichtet das Bankgeheimnis von Nicht EU-Staten zu wahren gegen Zahlung einer anonyme Quellensteuer. DIe Schweiz und Lichtenstein haben ein solches Abkommen und Deutschland hat im Namen der EU dagegen verstossen, da es Bankdaten stahl. Hier liegt der Tatbestand der Anstiftung der Betriebsspionage.
Die Nicht EU-Staaten sind daher nicht verpflichtet weitere Zahlung durch dieses Abkommen z u leisten, da es durch den Diebstahl hinfällig ist.
Es ist paradox, dass Rot-Grün für Bürgerrechte kämpfen, jedoch den Überwachungsstaat erweitern.

Auch würden durch den automatischen Informationsaustausch, kommunistische Diktaturen, wie Nordkorea, oder China Kenntnis der Gelder erhalten, die ihre Dissidenten in Sicherheit brachten und als Fluchtmittel benötigen. Auch die Entwicklungshilfe, wäre damit für die Staaten hinfällig, da sie ihre Völkermorde, wie China an den Tibetern und religiösen Gruppen anderen Völkern leichter finanzieren können.
Die EU macht sich hiermit der Unterstützung der Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig.
Dazu hätte das Abgeltungssteuerabkommen mit der Schweiz, die Steuergerechtigkeit hergestellt und die Privatssphre des Bürgers geschützt, aber Rot-Grün scheint hieran nicht interessiert zu sein und lehnten das Abkommen ab.

Dazu sind Transparenz und für Bürger auch auf den Staat zulässig. Der Staat bedient sich des Staatsgeheimnisses und so durch auch keine Berechtigung dem Bürger Informationen vorzuenthalten.
Er muss dem Bürger volle objektive Informationen gewähren, was derzeit nicht der Fall ist und muss ihm auch das Recht einer Volksabstimmung gewähren.
Es wird gezielt versucht durch die EU, dieses zu verhindern und die freie Entscheidung zu stoppen. Beispiel hierfür ist die Volksabstimmung in der Schweiz, die für härtere Einwanderungsgesetze stimmen.
Das Völkerrecht, lässt Staaten wie der Schweiz zu ein Bankgeheimnis zu haben und das Kapital zu schützen, hierzu ist als Beispiel die Argumentation linker Gruppen zu nennen, im Zeiten des Irak Krieges gegen die USA protestierten und die Rechts von Saddam Hussein forderten. Diese selben Regeln werden bei Steueroasen verweigert und somit ist die Frage aufzuwerfen, ob unter diesen genannten Punkten nicht auch das Asylrecht abgeschafft werden muss. Es begünstigt Terroristen Zuflucht, die in der EU weiterhin an kriminellen Handlungen und Anschlägen arbeiten könnten.

Gravatar: FDominicus

"Verschlüsselte Mails können von den Behörden entschlüsselt werden. "

Schlicht und einfach falsch und damit FUD.

Eine Mail mit einem vernünftigen Programm verschlüssel ist nicht lesbar. Wenn man natürlich die "Verschlüsselung" (oder war es Verschusselung) wie DMail meint dann stimmt das schon.

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