Wien diskutiert Wahlrechtsreform

SPÖ fordert Frauenquote im österreichischen Parlament

In Österreich wollen SPÖ-Frauen eine Wahlrechtsreform mit einer verbindlichen Frauenquote im Parlament durchdrücken. Künftig würde damit nicht vorrangig der Wählerwille, sondern das Geschlecht ein Kriterium für die Abgeordnetenauswahl werden.

Veröffentlicht:
von

Im österreichischen Parlament beträgt der Frauenanteil 30,6 Prozent. Die Tendenz ist über die Nationalratswahlen hinweg steigend. Ähnlich wie im Deutschen Bundestag, wo der Anteil weiblicher Abgeordneter bereits auf 36,5 Prozent anstieg. In der Alpenrepublik geht jedoch einigen Politikerinnen die Entwicklung nicht schnell genug. Sie verweisen darauf, dass 51,1 Prozent der Österreicher Frauen sind.

Bei der SPÖ ruft man jetzt, als ob es nicht gewichtigere Probleme gebe, zum Geschlechterkampf. Man kämpft für mehr Frauenpower im Parlament und dazu sollen neue Gesetze her. Nicht mehr, wer als Kandidat das größte politische Vertrauen genießt, scheint künftig entscheidendes Kriterium für die Auswahl auf einer Liste zu sein, sondern was man kraft der vererbten Chromosomen für ein Geschlecht in die Wiege gelegt bekam.

Die SPÖ hat einen Vorschlag für eine Wahlrechtsreform in das Parlament eingebracht, der verschiedene Quoten- und Anreizmodelle vorschlägt, um den Frauenanteil auf die Hälfte zu erhöhen. »Mit herkömmlichen Methoden funktioniert gar nichts. Wollen wir mehr Frauen in der Politik, brauchen wir Quoten und Sanktionen für alle, die sie nicht einhalten«, klagt die SPÖ-Frauensprecherin im Nationalrat Gisela Wurm.

Unterstützung bekommt das Vorhaben auch von Österreichs Gesundheits- und Frauenministerin Sabine Oberhauser (SPÖ): »Sozialdemokratisches Ziel ist es, die gläserne Decke endlich ganz zum Einsturz zu bringen. Der effektivste Weg, das zu erreichen, wäre über eine Änderung der Wahlordnung«.

Oberhauser findet mehrere Varianten interessant, um im Nationalrat zu einer höheren Frauenquote zu kommen- und verweist auf schon bestehende Vorbilder im EU-Ausland. In Frankreich würden Parteien finanziell bestraft, wenn sie eine gewisse Quote an Frauen nicht einhalten. In Belgien dürften Parteien mit Wahllisten, die den vorgesehenen Frauenanteil nicht erfüllen, zu Wahlen gar nicht antreten.

Die SPÖ-Politikerin Wurm möchte in einem Parlamentsbeschluss eine mehrstufig steigende Frauenquote durchsetzen. »Anfangen könnte man mit einem verpflichtenden Frauenanteil von 35 Prozent«, sagt die aus dem Bundesland Tirol stammende Juristin. Es sei schließlich für eine solche Verfassungsänderung eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat  notwendig, was bedeutet gleich mehrere Parteien überzeugen zu müssen.

In weiteren Schritten hält dann Wurm eine Erhöhung der Quote auf zuerst 40 Prozent und später schließlich auf eine Halbe-Halbe-Regelung für denkbar. »Die Parteiförderung muss an diese Quoten gekoppelt werden. Weniger Frauen heißt weniger Geld. Sonst wird die eine Hälfte der Bevölkerung nie entsprechend repräsentiert werden«, sagt Wurm.

Damit ist aber nicht genug. Auf den Listen der Parteien soll die Hälfte der Kandidaten für den Nationalrat mit weiblichen Bewerbern bestückt werden. Werde diese Vorgabe nicht erfüllt, solle die Wahlbehörde den Listenvorschlag nicht zulassen. Der Bund solle als Vorbild dienen, damit die Länder später dann mit ähnlichen Regelungen nachziehen.

Auch innerhalb der mitregierenden christdemokratischen ÖVP gibt es für Wurms Vorstoß Befürworterinnen.  »Ich würde mich gar nicht mit einer 35-Prozent-Regelung aufhalten«, erklärt Dorothea Schittenhelm als Sprecherin der ÖVP-Frauen. Sie betont: »Will man Frauen in der Politik, braucht es eine Quote.«

Schittenhelm plädiert im weiteren dafür, dass die Wahlbehörde einschreiten soll, wenn eine Partei bei der Listenerstellung nicht das Reißverschlusssystem mit der wechselnden Folge von Frauen und Männer anwendet. Den Parteimitgliedern soll nach diesen Vorstellungen damit aufgezwungen werden, Kandidaten allein kraft ihres Geschlechts zu benachteiligen oder zu bevorzugen.

Aktuell ist der Frauenanteil bei den im österreichischen Nationalrat vertretenden Parteien recht unterschiedlich. Die recht kleinen Fraktionen von Grüne und Team Stronach sind zu je 50 Prozent mit Frauen und Männern besetzt. Die SPÖ kommt auf 34,6 Prozent, gefolgt von der ÖVP mit 28 Prozent. Schlusslicht bei den Fraktionen sind FPÖ mit 18,4 Prozent und linksliberale NEOS mit 11,1 Prozent.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Gravatar: Sansibar

Feminismus ist ein Albtraum, aus dem es kein Erwachen gibt. Wo bitte ist die Pistole, damit ich mir das Gehirn aus dem Schädel blasen kann?

Gravatar: Dirk S

@ Dafranzl

Zitat:"Und wenn aber viele Frauen lieber Männer in die Parlamente wählen wollen? Soll's ja geben. Wie sind dann die repräsentiert?"

Durch den von ihnen gewählten Abgeordneten. Das Problem ist einfach, dass weder die Sozen noch die Genderistinnen die Prinzipen von Demokratie und freier Wahlen kapiert haben. Ist halt alles eben nicht so einfach.

Wahlfreie Grüße,

Dirk S

Gravatar: Dafranzl

So a Scheess... nah,koa Schmäh...
Und wenn aber viele Frauen lieber Männer in die Parlamente wählen wollen? Soll's ja geben. Wie sind dann die repräsentiert?

Gravatar: Dirk S

Hmm, der Souverän wählt sich seine Abgeorneten, nach welchen Krterien auch immer. Die Parteien stellen Kandidaten auf, aus denen der Wähler dann auswählen kann. Was ja der Witz an der Wahl ist.

Aber eine Vorschrift, dass bestimmt Gruppen bei der Wahl wie auch immer vertreten sein müssen, ist nicht mit dem Prinzip der Wahl zu vereinbaren. Kurz, Quotenforderungen sind demokratiefeindlich.

Na ja, Sozen und Demokratie. Da war mal was am Anfang, eine haftige Liaison, aber inzwischen bei denen auch die Scheidung vollzogen.

Quotenfreie Grüße,

Dirk S

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang